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15:10 Uhr - 03.08.2015

«Hochzinsbonds in Renminbi haben Potenzial»

Raymond Lin Gui, Fondsmanager bei Income Partners (Nordea), erwartet eine wachsende Auslandnachfrage, sobald Chinas Währung eine globale Reservewährung geworden ist.

HochzinsanleihenzoomHerr Gui, Sie managen Portfolios von Hochzinsanleihen, die in der chinesischen Währung Renminbi emittiert sind. Was sind die Charakteristiken dieses Marktes?
Mit der Etablierung des Renminbis als international konvertible Währung begann 2010 von Hongkong aus der Offshore-Handel in Renminbi denominierter Anleihen, der sogenannten Dim Sum Bonds. Er hat mittlerweile ein Volumen von umgerechnet 107 Mrd. $ erreicht und ähnelt sehr dem Eurodollar-Bondmarkt.

Wie sieht der Emittentenkreis aus?
Da sind einmal die multinationalen Konzerne mit grossem Chinageschäft wie Unilever (UNA 41.755 2.32%), Volkswagen (VOW 197.4 -2.47%) oder Renault (RNO 84.06 0.33%) und zum anderen staatliche und private chinesische Unternehmen. Auch Staaten sind am Markt. Als erstes westliches Land hat das Vereinigte Königreich im Oktober eine Anleihe über 3 Mrd. Renminbi, knapp 300 Mio. £, begeben.

Das durchschnittliche Anleihenvolumen ist wie gross?
Richtgrösse ist 1 Mrd. Renminbi, also 160 Mio. $. Nach den ersten fünf Jahren entspricht die Liquidität des Marktes dem Niveau, das Investoren an entwickelten Märkten vorfinden, wo die Differenzen zwischen Geld- und Briefkurs für Bonds in Anlagequalität 5 bis 10 Basispunkte und für Hochzinspapiere 50 bis 100 Basispunkte betragen.

Wie entwickelt sich das Potenzial im Vergleich zu anderen Anleihenmärkten?
Der Markt wächst rasch, befeuert durch die zunehmende Internationalisierung des Renminbis. Es etablieren sich weltweit immer mehr Clearing-Stellen für die chinesische Währung, neben Hongkong in Singapur, Taiwan, Seoul, Paris, London und anderen Finanzplätzen. Die Renminbiguthaben ausserhalb Chinas haben mittlerweile rund 275 Mrd. $ erreicht. Dieses Reservoir gibt dem Dim-Sum-Markt bedeutende technische Unterstützung und fördert die weitere Entwicklung.

Am chinesischen Anleihenmarkt besteht also eher Potenzial nach oben – ungeachtet der jüngsten starken Korrektur des chinesischen Aktienmarktes?
Auf jeden Fall. Während nämlich der sehr volatile chinesische Aktienmarkt im Juni und Juli rund 30% einbrach, verlor der Bondmarkt nur 3 Prozentpunkte. Am Bondmarkt sind im Gegensatz zum Aktienmarkt überwiegend institutionelle Anleger aktiv, die langfristig investieren. Wer also von der chinesischen Wachstumsstory profitieren möchte, sollte das am chinesischen Bondmarkt tun.

Und dafür ist der Markt gross genug?
China ist die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt, sein Anleihenmarkt ist der drittgrösste der Welt mit umgerechnet 5,8 Bio. $ per Ende 2014. Daran halten globale Investoren bisher aber nur weniger als 2%. Sobald der Internationale Währungsfonds den Renminbi in den Korb seiner Sonderziehungsrechte aufnimmt, sobald er also vollends zu einer globalen Reservewährung geworden ist, wird es grosse Umschichtungen und Reallokationen von internationalen institutionellen Investoren bei Renminbianleihen geben. Da dürften einige Milliarden Dollar bewegt werden. Wer jetzt schon investiert ist, wird davon profitieren.

Warum sollten Anleger aus der Schweiz und aus Europa in Dim Sum Bonds investieren?
Dafür spricht etwa, dass Renminbianleihen eine geringe Korrelation, also Wechselbeziehung, zu anderen Anlageklassen haben. Wenn etwa die Kurse globaler Aktien, europäischer oder US-Anleihen fallen, ist die Wahrscheinlichkeit nicht sehr gross, dass auch Dim Sum Bonds davon in Mitleidenschaft gezogen werden. Wahrscheinlicher ist gegenwärtig eher das Gegenteil, sie werden steigen. Denn die Bestimmungsfaktoren des chinesischen Anleihenmarktes unterscheiden sich von denen anderer Anlageklassen. China hat seinen eigenen Zins- und Kreditzyklus, der nicht vollständig von dem abhängt, was sich in Europa oder den USA abspielt.

Bieten Dim Sum Bonds aus dem Hochzinssegment neben der Diversifikation auch attraktive Konditionen?
Bisher bietet der Hochzinsbereich des Dim-Sum-Marktes Anlegern viel attraktivere Konditionen als das europäische oder das US-Hochzinssegment. Zinsen auf Renminbi sind signifikant höher als auf Euro oder Dollar. Noch immer werden asiatische Hochzinsanleihen gegenüber ihren europäischen und US-Pendants mit einer Renditeprämie gehandelt, um das Schwellenländerrisiko zu kompensieren. Diese Aufschläge dürften mit zunehmender Bonität der Schwellenländer sinken.

Die Anleger müssen sich also künftig auf geringere Risikoaufschläge einstellen?
Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg werden seit einigen Jahren entwickelte Länder in ihrer Bonität eher herab- statt heraufgestuft, während sich die Kreditwürdigkeit der Schwellenländer, besonders in Asien, verbessert. Dieser Trend setzt sich fort. Kurzfristig werden chinesische Hochzinsanleihen von der lockeren Geldpolitik Pekings und der daraus folgenden Verringerung der Renditedifferenz zwischen Anleihen in Anlagequalität und Hochzinspapieren unterstützt.

Wie steht es mit den Ausfallrisiken?
Bisher ist die durchschnittliche Ausfallquote am asiatischen Hochzinsmarkt deutlich niedriger als in Europa, den USA und auch in Lateinamerika.

Ist für Ausländer der Zugang zum Dim-Sum-Markt frei, oder gibt es Einschränkungen?
Der Markt steht globalen Investoren völlig offen. Es gibt keine Anlagerestriktionen. Wie überall sollten sich Anleger über ihr Risiko-Ertrags-Profil, ihre Liquiditätsbedürfnisse, den Diversifizierungsaspekt und das Währungsrisiko im Klaren sein.

Wie steht es mit der Liquidität?
Wir bieten tägliche Liquidierbarkeit. Die Einzeltitel in unseren Portfolios weisen ein ähnliches Liquiditätsprofil auf wie europäische oder US-Hochzinsanleihen.

Wie schätzen Sie die langfristigen Rahmenbedingungen ein?
Der Prozess der Internationalisierung ist nicht mehr rückgängig zu machen. Dafür sprechen die wirtschaftliche Bedeutung Chinas und die künftige Rolle des Renminbis als Weltwährung, für die sich die chinesischen Behörden stark ins Zeug legen. Japan zum Beispiel wickelt heute 50% seines Aussenhandels in der eigenen Währung ab. China ist erst bei 20%. Es gibt also noch reichlich Wachstumsspielraum für den Renminbi mit entsprechenden Opportunitäten für Investoren.

Wie sichern Sie das Wechselkursrisiko für Euro- oder Frankeninvestoren ab?
Wir bieten von unseren Renminbifonds auch Anteilsklassen, abgesichert in Euro an. Der Renminbi unterscheidet sich sehr von anderen Schwellenländerwährungen.

Was ist das Besondere am Renminbi?
Er ist viel weniger volatil. Er ist gut abgestützt auf den Fundamentaldaten der chinesischen Wirtschaft und den Bestrebungen, ihn zu einer Weltwährung zu machen. Das ist für den Renminbi eine langfristige Chance – wie der Dollar sie nach dem Zweiten Weltkrieg hatte. Die Frage ist nicht, ob der Renminbi zu einer globalen Reservewährung wird – sondern, wann.

Wie unterscheiden Sie sich in Ihrem Investmentansatz von den Wettbewerbern?
Unser grösstes Plus sind unsere Erfahrung und die spezifische Kenntnis des Marktes der Renminbianleihen. Unsere Mitarbeiter verfügen im Schnitt über achtzehn Jahre Investmenterfahrung. Wir sind die Pioniere des Dim-Sum-Bondmarktes und sind von Anfang an, seit 2010, dabei.

Und bisher recht erfolgreich?
Mit unserer Strategie, dem Management von Kursverlusten genauso viel Aufmerksamkeit zu widmen wie dem des Kurspotenzials nach oben, haben wir bisher über 98% der Aufwärtsbewegungen des Marktes mitgemacht, aber nur 55% der Abwärtsbewegungen. Der Schlüssel zum Erfolg ist unser disziplinierter Investmentansatz der Vermeidung unnötiger Risiken, indem wir verstehen, welche Faktoren den asiatischen und den Renminbi-Bondmarkt treiben. Mit diesem profunden Marktverständnis haben wir Stresssituationen gemeistert und Verluste minimiert, etwa während der europäischen Finanzkrise 2011, in der Zeit der Panikreaktionen 2013, als die US-Notenbank erstmals ankündigte, irgendwann wieder die Zinszügel zu straffen, und auch bei dem jüngsten Ausverkauf am chinesischen Immobilienmarkt Ende 2014.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Einzeltitel aus?
Da ist zunächst der Liquiditätsaspekt. Wir nehmen nur Bonds herein, die mindestens Benchmarkgrösse haben, gut von Marktmachern betreut und aktiv im Sekundärmarkt gehandelt werden. Wir analysieren die Kreditqualität nach eigenen strengen Vorgaben und wählen dann sichere Kandidaten aus, vornehmlich solche, deren Qualität sich verbessert. Auch der Aspekt Relative Value wird berücksichtigt. Wenn etwa ein Bond vergleichsweise teuer gehandelt wird, würden wir ihn verkaufen, auch wenn die fundamentalen Kreditkennzahlen in Ordnung sind.

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