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17:36 Uhr - 29.09.2016

Ethos will Stimmzwang für Fonds

Die Stimmrechtsberaterin Ethos fordert einen Stimmzwang für Versicherungen und Anlagefonds, aber eine pragmatische Lösung für Vinkulierung und Opting-out.

Zum grossen Aufstand ist es nicht gekommen. Die Minder-Initiative hat den Aktionären zwar mehr Kompetenzen gebracht. Der Ausbau der Aktionärsrechte mit bindenden Abstimmungen über die Vergütung und der Stimmzwang für Pensionskassen haben Lohnexzesse in kotierten Schweizer Unternehmen aber nicht verhindern können. Das zeigen verschiedene Studien. So hängt die Vergütung der Leitungsgremien nicht wirklich von der Performance ab.

Performance sinkt, Lohn steigt

Wie eine neue Analyse von Ethos darlegt, ist im Jahr 2015 die Gesamtvergütung von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung der hundert grössten Schweizer Unternehmen 2% gestiegen, obwohl der Reingewinn 5% gesunken ist. Die Lohnspirale dreht sich vielleicht auch deshalb scheinbar unaufhaltsam, weil die Aktionäre pro GV durchschnittlich 21 Abstimmungen absolvieren müssen, um ihre Rechte wahrzunehmen. Dabei gilt es, prospektiv und retrospektiv über Vergütungspakete abzustimmen, die schwer verständlich und in der Regel zwischen den Unternehmen schlecht vergleichbar sind. Im Bereich Vergütung fordert Ethos mehr Transparenz und Vergleichbarkeit.

Neue Verbündete

Im Kampf um Einfluss an der Generalversammlung will Ethos nun ausserdem offenbar weitere Kreise mobilisieren. «Die Amerikaner und die Engländer genieren sich nicht, mit ihren Anlagefonds an der Generalversammlung von Schweizer Firmen abzustimmen», sagte Ethos-Präsident Dominique Biedermann an der Medienkonferenz in Zürich. Tatsächlich ist der US-Fondsanbieter BlackRock, der grösste der Welt, auch in der Schweiz zu einer mächtigen Stimme geworden. An den meisten Schweizer Unternehmen hält BlackRock Beteiligungen von 3 bis 4%. Rund um den Erdball nimmt die Gesellschaft jährlich  an Tausenden von GV teil. Ausser in Spezialfällen, so Biedermann, würden Schweizer Fonds mit ihren Aktienpaketen hingegen nicht an den Generalversammlungen mitreden.

Drückeberger Pensionskassen

Ethos fordert, dass nach den Pensionskassen auch die Anlagefonds und die Versicherungen verpflichtet werden sollen, mit ihren Aktienpaketen an der Generalversammlung abzustimmen. Biedermann begründet seine Forderung unter anderem damit, dass Pensionskassen ihre Stimmpflicht zum Teil mit der Auslagerung von Aktienpaketen in Fonds umgehen würden.

Gemäss Schätzung von Biedermann dürfte die durchschnittliche Stimmbeteiligung um 5 bis 10 Prozentpunkte steigen, wenn Versicherungen und Fondsgesellschaften abstimmen würden. Heute liegt sie bei 66%.

Pragmatisch beim Opting-out

Bemerkenswert ist die Dosis Pragmatismus bei Ethos. «One Share, One Vote», die strikte Aktionärsdemokratie, ist verhandelbar geworden. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass über die Hälfte der 204 untersuchten Unternehmen gewisse Schutzmassnahmen anwendet, wobei Stimmrechtsbeschränkungen und Opting-out am häufigsten sind. Biedermann bezeichnete solche Massnahmen nicht generell, sondern als «in der Kombination ein Problem».

Das Opting-out (entbindet die übernehmende Partei von der Pflicht, allen Aktionären ein Kaufangebot zu machen) soll einem bestimmten Aktionär – aber nur ihm – gewährt werden können, findet Ethos. Als generelle Massnahme wird es abgelehnt.

Kurzfristig denkende Aktivisten

Auch die Vinkulierung (Stimmrechtsbeschränkung) ist gemäss Biedermann heute akzeptabel, um langfristige Perspektiven des Unternehmens abzusichern und Arbeitsplätze zu schützen. «Eine Vinkulierung kann im Interesse der Firma sein», betonte Biedermann mit Hinweis auf den Fall Komax (KOMN 239.6 -0.17%). Hier hat Ethos die Lage offenbar anders eingeschätzt als BlackRock. Die Prinzipien der «Best Practice» werden gemäss Biedermann von mehr und mehr Aktivisten eingefordert, denen es nur um die kurzfristige Gewinnmaximierung gehe. Biedermann: «Corporate Governance ist kein Endprodukt, sondern ein Weg.»

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