Vontobel kauft das Raiffeisenpaket zurück und vernichtet die Aktien. Wie er im Interview mit der FuW erläutert, sieht CEO Zeno Staub darin keine Nachteile für künftige Akquisitionen.
Herr Staub, Sie kaufen das Raiffeisenpaket per sofort zurück. Bitten Sie nun auch das Schiedsgericht, die Arbeiten am Fall Raiffeisen/Vontobel (VONN 32.45 -1.52%) einzustellen?
Nein, wir müssen weiterhin daran interessiert sein, zu wissen, wie kompatibel die Aktivitäten der Raiffeisen-Beteiligung Notenstein mit unserem Zusammenarbeitsvertrag mit Raiffeisen sind. Der Vertrag läuft ja noch bis Mitte 2017, zudem geht es über diesen Fall hinaus um das Thema Rechtssicherheit. Ein Abbruch des Schiedsgerichtsverfahrens kommt für uns deshalb nicht in Frage.
Der Rückkauf und die Vernichtung des Raiffeisenpakets hat zur Folge, dass ihre Kriegskasse geschmälert wird. Sind grössere Akquisitionen damit für Vontobel vorläufig kein Thema mehr?
Dass die Kriegskasse geschmälert würde, ist eine sehr statische Sicht der Dinge. Unser Bewegungsspielraum wird nicht kleiner, sondern grösser. Falls notwendig, haben wir die Möglichkeit, schnell, günstig und unkompliziert Hybridkapital aufzunehmen. Damit könnten wir auch eine grössere Akquisition problemlos stemmen.
Von aussen betrachtet liess Vontobel in jüngster Zeit verschiedenste Akquisitionsmöglichkeiten an sich vorbeiziehen. Wann greifen Sie endlich zu?
Wir haben klare Vorstellungen hinsichtlich einer möglichen Akquisition und prüfen sich bietende Möglichkeiten, sofern sie unseren Kriterien entsprechen. Im Private Banking haben wir grundsätzlich eine Zielgrösse von 10 bis 20 Mrd. Fr. definiert, die Assets müssen zudem in der Schweiz gebucht sein, der Preis muss stimmen, und wir wollen keine Altlastenprobleme kreieren.
Das internationale Geschäft von Coutts wäre mit 30 Mrd. Fr. zu gross für Vontobel?
Das hängt davon ab, wie man das internationale Geschäft von Coutts berechnet.
Also ist Vontobel wie andere Mitspieler interessiert an Coutts?
Wir nennen nie Namen von Banken oder Vermögensverwaltern, die uns interessieren, sondern wir verweisen immer auf die Kriterien, die entscheidend sind für eine mögliche Übernahme – was ich soeben gemacht habe.
Die Halbjahreszahlen unterstreichen, dass das Private Banking von Vontobel eine Verstärkung nötig hätte.
Wir beweisen Tag für Tag, dass wir in diesem Geschäft organisch wachsen können und organisch wachsen wollen. Die Erhöhung der Anzahl Kundenberater von 150 auf 170 ist ein klarer Beweis dafür. Wir streben ein stetes Wachstum an – nicht eine Stop-and-Go-Politik.
Auch was die anderen Geschäftsbereiche betrifft, bestärkt das Halbjahresergebnis Vorurteile: Das Asset Management ist ganz offensichtlich zu stark von der Performance eines Portfoliomanagers abhängig.
Es ist richtig, dass wir im Asset Management im ersten Quartal Abflüsse von Geldern verzeichnen mussten, die in Emerging-Market-Strategien angelegt waren. Aber diese Abflüsse waren im Vergleich mit Grössenordnungen, die gewisse Mitbewerber verzeichneten, bescheiden. Und sie sind klein im Verhältnis zu den Geldern, die wir im Interesse der bestehenden Investoren und mit Blick auf eine nachhaltige Politik während des Jahres 2013 abgelehnt haben. Die Kompetenz im Asset Management wird breiter aufgestellt, das Geschäft ist gut in Form.
Im Investment Banking betonen Sie den Erfolg der Derivatplattform deritrade. Das bringt wohl Volumen, aber wenig Geld.
Da wissen Sie mehr als ich. Deritrade ist die führende Plattform, was durch die Anbindung verschiedener Emittenten in jüngster Zeit unterstrichen wird: UBS (UBSN 16 -1.96%), die Deutsche Bank (DBK 26.48 -0.77%), die Société Générale und Morgan Stanley (MS 32.65 -1.27%) haben unsere Plattform gewählt, und weitere Banken werden noch zu uns stossen. Im Investment Banking sind wir im Derivatgeschäft die Nummer 2 in der Schweiz und die Nummer 8 in Deutschland.
Als neues Ziel versprechen Sie eine Ausschüttungsquote von mindestens 50%. Wäre es nicht sinnvoller, mehr Geld in die Entwicklung des Geschäfts zu investieren?
Wir haben das Glück, dass wir sehr gut kapitalisiert sind und unsere Geschäftsbereiche vergleichsweise wenig Kapital beanspruchen. Investoren und Analysten fordern uns immer auf – auch heute an der Analystenkonferenz –, das Kapital abzubauen und noch mehr auszuschütten. Es ist ja auch nicht so, dass unsere Wachstums- und Ausbaupläne durch Kapitalrestriktionen eingeengt würden. Das von uns angestrebte organische Wachstum erlaubt gleichzeitig eine hohe und aktionärsfreundliche Ausschüttungsquote.
Der Eindruck, die Besitzerfamilie dränge auf eine hohe Dividende, ist demnach falsch?
Ja, denn wir haben das Glück, Kernaktionäre zu haben, die ihr Geld im Unternehmen belassen. Zudem sind wir uns einig, dass eine stabile und langfristig orientierte Dividendenpolitik wertstiftend für alle Aktionäre ist.
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