Südkoreanische Unternehmen spüren Pekings Irritationen in der Sicherheitspolitik. Das ist auch an der Börse zu beobachten.
Chinas Boykott von südkoreanischen Konsumgütern und Ferienangeboten hat den Hauptindex der Börse Seoul innerhalb einer Woche deutlich nach unten gedrückt. Das folgt auf den Entscheid der südkoreanischen Regierung, gegen einen von Nordkorea ausgehenden allfälligen Raketenangriff ein amerikanisches Abwehrsystem zu errichten.
Südkoreanische Unternehmen bestraft
Peking hat einen solchen Schritt schon seit langem als feindlichen Akt bezeichnet und – mit Verweis auf die eigene nationale Sicherheit – Gegenmassnahmen angedroht. Das sogenannte THAAD-System soll angeblich fähig sein, weite Teile des chinesischen Luftraums zu überwachen und so Aufschluss über die chinesischen Militärbewegungen zu geben.
Die davon ausgehende chinesische Irritation hat als Erste die südkoreanische Lotte-Gruppe zu spüren bekommen, die auf Ersuchen der eigenen Regierung Land zur Verfügung gestellt hat, auf dem das THAAD-System errichtet werden soll. Die Aktien der vom Konglomerat kontrollierten Lotte Shopping, die eine Kette von Zollfreiläden betreibt, haben seit Anfang Monat 10% eingebüsst. Der Kosmetikanbieter Amore Pacific, der in den vergangenen Jahren mit Produkten wie Laneige oder Etude House den chinesischen Markt eroberte, hat innerhalb weniger Tage 20% seiner Marktkapitalisierung verloren.
Auf der K-Pop-Welle geritten
Südkoreanische Popmusik und Fernsehserien sind in China wie auch in anderen Teilen Asiens äusserst beliebt. Von der sogenannten K-Pop-Welle getragen, haben in den vergangenen Jahren südkoreanische Konsumgüteranbieter den chinesischen Markt erobert. Auch besuchten vergangenes Jahr beinahe 9 Mio. chinesische Touristen Südkorea, das sind 47% aller ausländischen Besucher.
Die Boykottkampagne gegen südkoreanische Waren und Ferien begann in privaten chinesischen Internetforen und wurde bald darauf in mehr oder weniger deutlicher Sprache auch von staatlich kontrollierten Medien wie etwa der «Global Times» aufgenommen. Es könnte dabei noch schlimmer kommen. Nach Angaben der staatlichen südkoreanischen Tourismusorganisation sollen gemäss der China National Tourism Administration ab 15. März keine Gruppenreisen nach Südkorea mehr verkauft werden. Es wird befürchtet, dass sich die Boykottkampagne auch auf Autohersteller wie Hyundai (HYUD 39.01 -3.25%) ausweiten könnte.
Klage bei der WTO?
Gemäss lokalen Medienberichten erwägt Seoul, gegen China bei der Welthandelsorganisation WTO Klage zu erheben. Gegen THAAD sind vereinzelt auch in Südkorea kritische Stimmen aufgekommen, etwa bei Anwohnern, in deren Nachbarschaft das umstrittene Raketenabwehrsystem errichtet werden soll.
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