Die Vermögensverwalterin will die Mittelsmänner des traditionellen Kapitalmarkts ablösen und macht einem der erfolgreichsten Schweizer Fintech-Start-ups Konkurrenz.
Die Bank Vontobel lanciert eine digitale Plattform für die Eigenemission von Anleihen und die Vermittlung von Darlehen. Cosmofunding heisst die Online-Plattform, die am 3. September an den Start gehen soll. «Wir wollen mit allen unseren digitalen Plattformen die Nummer 1 sein», sagte Roger Studer, Chef der Vontobel-Investmentbank bei einer Präsentation am Mittwoch. Das ist eine Kampfansage nicht nur an die Mittelsmänner auf dem traditionellen Kapitalmarkt, sondern auch an eines der erfolgreichsten Schweizer Fintech-Start-ups, Loanboox.
Über das Jungunternehmen wurde bisher ein Kreditvolumen von 12 Mrd. Fr. zwischen Gemeinden, Kantonen und Unternehmen auf der Nehmerseite und Banken, Pensionskassen und weitere Investoren auf der Geberseite vermittelt. Erst Anfang Juli teilte Loanboox mit, ab Spätsommer den Kreditnehmern zusätzlich die Möglichkeit der Eigenemission von Anleihen über ihre Plattform ermöglichen zu wollen.
Die Vontobel-Vertreter liessen bei einer Präsentation durchblicken, dass man die Fintech-Konkurrenz natürlich beobachte, das Projekt Cosmofunding allerdings bereits 2015 intern anlief. Der grosse Unterschied zur Loanboox-Plattform ist die Partnerschaft von Cosmofunding mit der Schweizer Ratingagentur Fedafin. Sie erstellt zu Handen der Investoren ein aktuelles Bonitätsrating über jeden Emittenten. Neben über 320 Unternehmen deckt Fedafin mit 2200 Schweizer Gemeinden rund 95% des Marktes ab.
Transparenz schaffen
Das zweite Merkmal, das Vontobel herausstellt, ist die Möglichkeit der Kotierung der Anleihe an der Schweizer Börse, quasi mit einem Klick. Dies will Loanboox allerdings ebenfalls ab Spätsommer anbieten. Grundsätzlich wollen beide Plattformen Gemeinden, Kantonen, öffentlichen Körperschaften und Unternehmen einen schnelleren, benutzerfreundlicheren und günstigeren Zugang zum Kapitalmarkt – sprich institutionellen Investoren – bieten.
Im ersten Halbjahr 2018 hat der Inland-Bondmarkt ein Volumen von 361 Mrd. Fr. Bisher ist dieser Markt intransparent. Die Kapitalaufnahme erfolgt für die erwähnten Akteure heute noch über private Broker oder Emissionsabteilungen von Banken. UBS, Credit Suisse und die Zürcher Kantonalbank sind hier die Platzhirsche. Der Prozess ist langwierig, kaum digitalisiert und gleicht oftmals einer Blackbox. Emittenten und Investoren wissen meist nicht genau, wie ein bestimmtes Finanzierungsvolumen und der dazugehörige Zinssatz zustandekommen.
Plattformen wie Cosmofunding und Loanboox können hier Transparenz schaffen und substanzielle Kosten aus dem Prozess herausnehmen. Zu der genauen Kostenersparnis schweigt Vontobel, sie soll laut Geschäftsleitungsmitglied Studer «massiv» sein. Bei Cosmofunding zahlt allein der Emittent eine Pauschalgebühr an den Plattformbetreiber Vontobel, die sich wohl im einstelligen Basispunktbereich bewegen wird. Studer verspricht tiefere Kosten für den Emittenten und höhere Renditen für den Investor. Die Gewinnschwelle will die Bank für sich bereits in diesem Jahr erreichen.
Auslandsexpansion geplant
Zum angepeilten Volumen auf der Plattform hielt sich Vontobel ebenfalls bedeckt. Es soll vergleichbar mit anderen Vontobel-Plattformen in deren Marktsegmenten sein. Zum Vergleich: Die Vontobel-Plattform Deritrade, über die strukturiere Produkte gehandelt werden, weist ein jährliches Volumen von 4,6 Mrd. Fr. pro Jahr auf. Insgesamt betreibt Vontobel laut eigener Aussage 16 digitale Plattformen weltweit.
Die Auslandsexpansion soll denn auch rasch angegangen werden. Orientiert man sich an der Expansion von Vontobels Derivatgeschäft wird wohl zunächst Deutschland angegangen, dann könnten Italien, Frankreich, Österreich, die Niederlande und die skandinavischen Länder folgen. In einem späteren Schritt könnten Japan, Südkorea und Hongkong dazukommen.
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