Wer kontrolliert das chinesische Mutterhaus von Gategroup, Swissport und SR Technics?
HNA ist ein Koloss. Der auf der südchinesischen Insel Hainan beheimatete Mischkonzern belegt mit einem Jahresumsatz von rund 53 Mrd. Dollar und einer Bilanzsumme von über 150 Mrd. Dollar derzeit Rang 170 auf der von «Fortune» geführten Liste der 500 grössten Unternehmen der Welt.
In den vergangenen Jahren ist HNA weltweit mit einer beispiellosen Akquisitionstour aufgefallen: Die Chinesen halten unter anderem 25% an der Hotelgruppe Hilton, knapp 10% an der Deutschen Bank, sie haben den amerikanischen IT-Distributionsspezialisten Ingram Micro gekauft und sich mit Gategroup (Gategroup 0 0%), SR Technics und Swissport die halbe ehemalige Swissair-Gruppe einverleibt.
Seit HNA im Frühjahr angekündigt hat, von den beiden Singapurer Staatsfonds GIC und Temasek einen Anteil von knapp 17% an Dufry (DUFN 153.9 0.92%) zu übernehmen, halten sich an der Schweizer Börse zudem hartnäckige Übernahmegerüchte um den Reisedetailhändler.
Sogar mit Anthony Scaramucci, dem neuen Kommunikationschef im Weissen Haus, haben die Chinesen Geschäfte betrieben: HNA hat Scaramucci den Hedge Fund SkyBridge Capital abgekauft.
Zwei Fragen sind allerdings bis heute nicht geklärt: Wer kontrolliert eigentlich HNA? Und: Woher hat die Gruppe all das Geld?
Wirren um Stiftung in New York
Am Montag lüftete HNA den Schleier über seiner Eigentümerstruktur ein wenig. Die Gruppe gab bekannt, dass 52% ihrer Aktien von einer Stiftung, der Hainan Cihang Charity Foundation, gehalten werden. Dieser Anteil ist sodann wieder unterteilt in je eine in China und eine in New York domizilierte Stiftung.
Je rund 15% der Aktien werden von den beiden Gründern Chen Feng und Wang Jian gehalten. CEO Adam Tan kontrolliert rund 3% der HNA-Aktien.
Bloss: Wer steht hinter den Stiftungen, die das Riesenkonglomerat kontrollieren? Das ist nach wie vor unklar.
Wie das «Wall Street Journal» nun herausgefunden hat, ist die in New York domizilierte Hainan Cihang-Stiftung, die knapp 30% der HNA-Aktien halten soll, noch nicht einmal operativ etabliert. Die Stiftung sei zwar im Dezember 2016 gegründet worden, doch sie habe noch keinen deklarierten Zweck und keine funktionierende Organisation.
Die Stiftung sei auch noch nicht korrekt registriert, schreibt die Zeitung weiter. Die dafür nötigen Unterlagen seien dem New York Attorney General’s Charities Bureau noch nicht eingereicht worden.
Die Behörde habe Hainan Cihang nun aufgefordert, die Dokumente innerhalb von zwanzig Tagen einzureichen, schreibt das «Wall Street Journal».
Banken wenden sich ab
HNA ist derweil auch ins Visier der Zentralregierung in Peking geraten. Der Konzern ist – ebenso wie Dalian Wanda und Anbang – von der Regierung als «irrationaler Käufer» identifiziert und unter verschärfte Kontrolle gestellt worden. Chinesischen Medienberichten zufolge hat Staatspräsident Xi Jinping die Massnahme persönlich gutgeheissen.
Als Folge dieser Massnahmen hat Peking die chinesischen Banken angewiesen, den identifizierten Unternehmen keine finanzielle Unterstützung mehr für Akquisitionen im Ausland zu gewähren.
Das Management von Bank of America (BAC 24.11 -0.41%) hat der Investmentbanking-Division intern die Anweisung gegeben, nicht mehr mit HNA zu arbeiten, weil die finanzielle Lage des Konglomerats zu ungewiss sei.
Gemäss Informationen von Bloomberg haben auch Citigroup (C 67.6 -0.56%) und Morgan Stanley (MS 47.09 0.28%) bereits beschlossen, nicht mehr mit HNA Geschäfte zu betreiben.
Der finanzielle Druck auf HNA wird zunehmend sichtbar. Wie das chinesische Wirtschaftsmagazin Caixin schreibt, hat die chinesische Gruppe Goldman Sachs (GS 221.48 -0.35%) damit beauftragt, den Börsengang von Pectera vorzubereiten.
HNA hatte Pectera, einen Anbieter von IT-Dienstleistungen, im vergangenen Jahr für 675 Mio. Dollar von der Private-Equity-Gruppe Blackstone gekauft. Den Erlös aus dem Börsengang will HNA für den Schuldenabbau verwenden.
Die schweizerischen Töchter von HNA sind von den Finanzierungswirren bislang wenig tangiert geblieben. Einzige Ausnahme: HNA hatte ihre Aktien der Bodenabfertigungs-Spezialistin Swissport als Pfand für Kredite hinterlegt, was für Swissport selbst zum Bruch gewisser Kreditbestimmungen führte.
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.