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10:25 Uhr - 15.02.2018

Cyril Ramaphosa muss aufräumen

Südafrikas geschasster Präsident Jacob Zuma hinterlässt ein katastrophales Erbe. Sein Nachfolger wird es schwer haben.

Es war ein symbolträchtiger Moment, als Cyril Ramaphosa am vergangenen Sonntagnachmittag um Punkt 15 Uhr auf den Balkon des Kapstädter Rathauses trat – an eben die Stelle, von der Südafrikas Freiheitsikone Nelson Mandela 28 Jahre zuvor, kurz nach seiner Freilassung nach mehr als 10’000 Tagen in Haft, seine erste Rede an die Welt gehalten hatte.

Ramaphosa, damals ein 36-jähriger Gewerkschafter und führender Anti-Apartheid-Aktivist, hatte Mandela das Mikrophon gehalten und war den ganzen Tag hindurch nicht von seiner  Seite gewichen. Vielen galt dies schon damals als Indiz dafür, dass Mandela grosse Pläne für Ramaphosa hatte und ihn frühzeitig als seinen Thronfolger betrachtete.

Zwanzig Jahre später und nach vielen Umwegen ist es nun wirklich so weit. Aus dem «Nearly Man», dem Beinahe-Mann, der immer ganz  dicht dran, aber nie mittendrin war, ist ein Mann geworden, der seit Dezember nicht nur an der Spitze der Regierungspartei Afrikanischer Nationalkongress (ANC) steht, sondern seit Donnerstag auch die Republik Südafrika führt.

Nachdem das Land wochenlang auf die überfällige Abberufung des korrupten Staatschefs Jacob Zuma gewartet hatte, liess der dafür zuständige Ramaphosa seinen Worten am Mittwoch endlich auch Taten folgen und forderte Zuma in einem Ultimatum des ANC-Vorstands zum Rücktritt auf. Geschehe dies nicht, werde ihn der ANC binnen 24 Stunden des Amtes entheben.

Klarer Favorit für die Nachfolge war Zumas Stellvertreter Ramaphosa, seit er im Dezember auf einem ausserordentlichen Parteitag des ANC mit knapper Mehrheit auch noch zum Präsidenten der einstigen Widerstandsbewegung gewählt worden war – eine Position, die am Kap mehr Macht bündelt als die des Präsidenten.

Auch gegenüber Zuma habe Ramaphosa in seinen Verhandlungen zuletzt immer wieder «Druck, Charme und Humor in rascher Folge kombiniert», loben Beobachter. Es ist dieses Geschick und seine Geduld, die den 65-Jährigen nun verspätet ins höchste Staatsamt tragen.

Businessman mit Molotowcocktail

Ramaphosa hat in seinem Leben so ziemlich alles verhandelt. Erst die Löhne für die mächtige Minenarbeitergewerkschaft NUM, dann das Ende der weissen Vorherrschaft nach 350 Jahren. Die Früchte seiner Verhandlungskunst hat Ramaphosa bislang aber nur selten selbst geerntet.

Obwohl viele ihn wegen seiner Schlüsselstellung im Übergang von der Apartheid zur Demokratie als natürlichen Nachfolger Mandelas sahen, entschied sich der ANC 1999 für seinen Konkurrenten Thabo Mbeki, dessen Vater Govan mit Mandela 27 Jahre in Haft gesessen hatte und dessen ethnische Herkunft als Xhosa damals besser ins Konzept der Partei passte.

Ramaphosa, der aus einem abgelegenen Landstrich an der Grenze zu Simbabwe stammt und der kleinen Volksgruppe der Venda angehört, zog sich damals enttäuscht in die Wirtschaft zurück – und mutierte vom politischen Hitzkopf zum kühlen Geschäftsmann, auch wenn auf seinem Schreibtisch lange Zeit noch die Nachbildung eines Molotowcocktails aus dem Widerstandskampf stand, der Werbegag eines Radiosenders.

Mit der von ihm gegründeten Shanduka-Investmentgesellschaft mischte der Sohn eines Polizisten dann jahrelang  in vielen Branchen mit: im Medien- und im Mobilfunksektor, im Immobiliengeschäft und im Bergbau.

Geholfen hat ihm dabei das Bestreben des ANC, der schwarzen Bevölkerung nach dem politischen Umbruch auch wirtschaftlich den Rücken zu stärken. Schlagwort: Black Economic Empowerment (BEE). Immer öfter werden Schwarze heute in Südafrika bei lukrativen Staatskontrakten bevorzugt.

Wer als «weisses Unternehmen» keinen schwarzen Partner vorweisen kann, braucht sich um viele staatliche Aufträge gar nicht erst zu bewerben.

Rand erholt sich

Allerdings könnten sich manche der hochgesteckten Erwartungen an ihn als Wunschdenken entpuppen. Zum einen hat Ramaphosa jahrelang die Misswirtschaft unter Zuma als sein Vizepräsident schweigend mitgetragen.

Zum anderen sitzen im Kabinett noch immer viele Vertraute Zumas, die Ramaphosas versprochene Aufräumarbeiten vermutlich mit allen Mitteln torpedieren werden, schon weil ihnen Entlassung oder Schlimmeres droht.

Wie erleichtert vor allem die schwer angeschlagene Wirtschaft am Kap trotz allem über die Wahl Ramaphosas ist, lässt sich an der bemerkenswerten Erholungsrally der südafrikanischen Währung Rand in den vergangenen Wochen ablesen.

Auch zu Wochenbeginn war der Rand in Erwartung einer Präsidentschaft Ramaphosas auf mehrmonatige Höchst zu Dollar und Euro geklettert.

Offenbar ist die Privatwirtschaft überzeugt davon, dass er als versierter Geschäftsmann seinen Worten auch jenseits der Politik Taten folgen lässt und nun wie versprochen gegen die unter Zuma völlig aus dem Ruder gelaufene Korruption vorgeht.

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