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20:06 Uhr - 25.06.2017

BIZ ortet Risiken für die Weltwirtschaft

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich identifiziert drei Gefahrenherde, die das globale Wachstum bedrohen.

Die Aussichten für die Weltwirtschaft sind so gut wie schon lange nicht mehr. Zu diesem Schluss kommt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in ihrem Jahresbericht.

Allerdings werde das gegenwärtige Marktumfeld durch verschiedene widersprüchliche Entwicklungen geprägt: Die Volatilität an den Finanzmärkten ist massiv gesunken, gleichzeitig hat die politische Unsicherheit zugenommen; der Höhenflug an den Aktienmärkten nimmt kein Ende, während an den Bondmärkten Skepsis herrscht; und die Globalisierung, «ein kraftvoller Treiber des Wachstums», hat sich abgeschwächt und droht sich unter der Welle des Protektionismus weiter zu verlangsamen.

Vor diesem Hintergrund untersuchen die Ökonomen deshalb, welche Risiken die weitere Konjunkturerholung gefährden könnten. Sie identifizieren drei Gefahrenherde, wobei geopolitische Risiken ausgeklammert werden: ein signifikanter Anstieg der Inflation, Stress an den Finanzmärkten und ein Rückgang des Konsums.

Risiko 1: Die Inflation

Steigende Preise seien in der Nachkriegszeit der typische Auslöser einer Rezession gewesen, schreibt die BIZ. Die Notenbanken waren dadurch gezwungen, die Geldpolitik zu straffen, was zu einer Abkühlung der Wirtschaft führte. Die letzte Rezession war anders: Sie war das Resultat eines Finanzkollapses, der durch das Kreditwachstum angefacht worden war.

Zwar gebe es Gründe, die heute für einen Anstieg der Teuerung sprechen. So verbessere sich in vielen Staaten die Beschäftigungslage. Als Folge davon steigen laut ökonomischer Theorie die Löhne, was wiederum die Inflation anfacht. «Aber es gibt Indizien, dass sich der Zusammenhang zwischen sinkender Arbeitslosigkeit und höheren Löhnen abgeschwächt hat», heisst es im Bericht. Die Gründe dafür seien noch nicht gut erforscht.

Die Ökonomen glauben daher, dass ein Anstieg der Inflation nicht ausgeschlossen werden könne. «Die Teuerung dürfte mittelfristig aber nicht die grösste Gefahr für das Wachstum sein.»

Risiko 2: Der Finanzzyklus

Im Epizentrum der Grossen Rezession stand der Finanzzyklus: Angefacht von billigem Geld hatte die Verschuldung rasant zugenommen, die Immobilienpreise kletterten auf Rekordwerte. Als die Zinsen stiegen, kollabierte das Bankensystem.

Eine ähnliche Entwicklung sei heute in den Staaten, die besonders hart von der Finanzkrise betroffen waren, nicht auszumachen, meint die BIZ. So hätten die Privathaushalte in den USA, Grossbritannien oder Spanien den Abbau der Schulden in Angriff genommen.

Anders sieht es in manchen Schwellenländern aus sowie in Industrieländern, die glimpflich durch die Finanzkrise gekommen sind. So ortet die BIZ in Kanada und Australien Anzeichen für ein Ungleichgewicht, weil etwa das Kreditvolumen im Verhältnis zum Wirtschaftswachstum stark gestiegen ist oder die Haushalte einen wachsenden Anteil des Einkommens für Zinszahlungen aufwenden müssen. Unter den Schwellenländern sticht China heraus.

Schwellenländer sind einem zusätzlichen Risiko ausgesetzt, weil ein Grossteil der Schulden in Dollar denominiert ist. So hat sich der Anteil von Dollar-Krediten (Darlehen an Banken sind nicht berücksichtigt) von 2009 bis 2016 mehr als verdoppelt und beläuft sich auf 3,6 Bio. $. Damit sind Emerging Markets besonders anfällig für Wechselkursschwankungen.

Risiko 3: Der Konsum

«Der Aufschwung wird in vielen Ländern vom Konsum getragen», halten die Ökonomen der BIZ fest. Sollte sich die Lage am Arbeitsmarkt eintrüben oder wächst die Verschuldung, könnte das die Ausgabenfreude der Haushalte bremsen. «Die Erholung wäre nachhaltiger, wenn Investitionen zum wichtigsten Wachstumsmotor würden.»

Allerdings sei die Investitionstätigkeit der Unternehmen zumindest in den  Industrieländern nach wie vor schwach.

In den Schwellenländern sorge die hohe Verschuldung der Unternehmen für Unsicherheit. Auch hier nennt die BIZ China als Negativbeispiel. «Ein scharfer Abschwung in China könnte sich auch auf andere Schwellenländer ausweiten», warnt sie.

Grund zur Sorge

Die grösste Gefahr für die Weltwirtschaft ortet die BIZ mittelfristig im Finanzzyklus. Das Unvermögen, Übertreibungen am Kreditmarkt zu verhindern und die Strategie der Zentralbanken, auf den anschliessenden Abschwung mit einer ultraexpansiven Geldpolitik zu reagieren, können zu Stress an den Finanzmärkten führen. «In der Krise sinken die Zinsen und die Schulden steigen weiter. Das macht es schwierig, die Zinsen wieder zu erhöhen, ohne der Wirtschaft zu schaden», schreiben die Ökonomen.

Aus dieser Perspektive gebe es Anlass zur Sorge, schreibt die BIZ: «Die Geldpolitik hat ihre Grenzen erreicht, die Staatsfinanzen sind in vielen Ländern nicht nachhaltig, und die Verschuldung wächst.»

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