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12:44 Uhr - 21.03.2022

Altcoins ziehen an Bitcoin vorbei

Die USA vollziehen einen wichtigen Schritt zur Regulierung digitaler Währungen. Die Risikomärkte reagieren positiv, allen voran alternative Kryptowährungen.

Als Reaktion auf die hohe Inflationsrate in den Vereinigten Staaten, die im Februar mit 7,9% das höchste Niveau seit 1982 erreicht hat, hebt die US-Notenbank zum ersten Mal seit über drei Jahren den Zielkorridor der Fed Funds Rate um 25 Basispunkte (0,25 Prozentpunkte) auf 0,25 bis 0,5% an.

Der Ausschuss stellt für den weiteren Jahresverlauf auch Erhöhungen bei jeder der sechs verbleibenden Sitzungen 2022 in Aussicht, wodurch der Zins zum Jahresende auf 1,9% wachsen würde. Jerome Powell wies jedoch auch darauf hin, dass die Zinsen auch stärker als derzeit erwartet angehoben werden können, da das kräftige Lohnwachstum ein erhebliches Risiko für niedrigere Inflationsraten darstellt.

Die Risikomärkte reagierten erleichtert auf den erwarteten Zinsschritt. Der S&P-Index ist seither um knapp 5% gestiegen. Am Kryptomarkt legen Altcoins zuletzt deutlich mehr zu als Bitcoin. Während der Preis für Bitcoin seit dem 16. Februar, dem Tag des FOMC-Entscheids, um 1,7% auf 41’270 $ gestiegen ist, verzeichnen Ethereum, Cardano und Avalanche mit 3, 7 bzw. 14% die stärksten Kursgewinne innerhalb der Top zehn grössten Kryptowährungen.

Nachfrage nach Bitcoin in Russland lässt nach

Die jüngst schwächere Performance von Bitcoin gegenüber alternativen Kryptowährungen ist auch darauf zurückzuführen, dass Investoren immer weniger an Bitcoin als alternatives Transaktionsvehikel für sanktionierte russische Privatpersonen und Unternehmen glauben.

Der tägliche Handel in russischen Rubel gehandelter Bitcoin hat sich in den letzten Tagen von knapp 200 auf etwa 50 deutlich reduziert. Spekulanten hatten zum Zeitpunkt der Verhängung der Sanktionen auf eine hohe Nachfrage nach Kryptowährungen gewettet und damit eine kurzzeitige Preisrally bei Bitcoin ausgelöst.

Insgesamt haben die zehn grössten Kryptowährungen in den vergangenen zwei Wochen im Durchschnitt Kursgewinne in Höhe von 10% erzielt. Die Gesamtmarktkapitalisierung aller Kryptowährungen liegt bei 1,8 Bio. $. Mit einer Marktkapitalisierung von etwa 783 Mrd. $ liegt die Marktdominanz von Bitcoin bei 42%, die von Ethereum bei knapp 19%.

Der Anteil von Tokens der dezentralen Finanzen (DeFi) am gesamten Kryptomarkt befindet sich weiterhin im Abwärtstrend und liegt aktuell bei noch 1,2%. Im Mai vergangenen Jahres lag die Marktdominanz noch über 3%. Der Gesamtwert der im DeFi-Sektor gesperrten Tokens (Total (TTE 46.01 +1.03%) Value Locked) beträgt 200 Mrd. $, wovon sich etwa die Hälfte des Volumens auf Finanzprodukte der Ethereum-Blockchain beläuft.

Ethereum-Transaktionskosten auf Neunmonatstief

Die Transaktionskosten auf der Ethereum-Blockchain (Gas Fees) haben in der vergangenen Woche ein Neunmonatstief von «nur» 10 Gwei erreicht, umgerechnet 0.70 $ pro Transaktion.  Im Januar lagen die Gebühren noch über 200 Gwei. Die niedrige Gebühr ist auf die deutlich gesunkene Aktivität auf der Ethereum-Blockchain zurückzuführen.

So liegt das gesamte Handelsvolumen von NFT (Non Fungible Tokens) im März bisher bei nur 1,6 Mrd. $, wovon 1,2 Mrd. auf die Handelsplattform Open Sea entfallen. Open Sea zählt zu den stärksten «Gas-Nutzern» des Ethereum-Netzwerks. Zum Vergleich, im Februar lag das gesamte Handelsvolumen von NFT noch bei über 5 Mrd. $. 

Bitcoinbestände von Minern auf Zehnjahrestief

Die Menge an Bitcoin, die von Schürfern (Minern) gehalten wird, hat mit 1,95 Mio. Bitcoin den niedrigsten Stand seit Anfang 2010 erreicht. Einer der Hauptgründe für die niedrigen Reserven ist die bemerkenswerte Erholung der Bitcoin-Hash-Rate, der Masseinheit für die Rechenleistung und Sicherheit des Bitcoinnetzwerks.

Mit 200 TH/s (Terahashes pro Sekunde) befindet sie sich aktuell nur knapp unterhalb des Allzeithochs von 214 TH/s im Februar dieses Jahres. Je höher die Rechenleistung, desto grösser auch der Druck auf die Gewinnspannen der Miner. Folglich sind einige Mining-Betreiber zum Verkauf ihrer Bitcoinbestände gezwungen, um die Betriebskosten zu decken.

Regulierung von Bitcoin & Co. soll Vertrauen schaffen

Der Präsident der Vereinigten Staaten, Joe Biden, hat am 9. März einen Präsidialerlass zur Beurteilung von Risiken und Chancen digitaler Währungen unterzeichnet. Der Erlass hat keine unmittelbare Auswirkung auf Anleger, sondern umfasst erstmal eine Vielzahl an Berichten, die innerhalb eines Jahres von über sechzehn hochrangigen Beamten und Kabinettsmitgliedern zum Thema Verbraucherschutz, Finanzstabilität, illegale Finanzwirtschaft, nationale Sicherheit und Führungsrolle der USA in Sachen digitaler Währungen veröffentlich werden.

Insgesamt sollte sich der Entscheid der Regierung, rechtliche Rahmenbedingungen für die Investition in digitale Währungen zu schaffen, positiv auf den Kryptomarkt auswirken. Unter der Annahme, dass eine Form von Regulierung Vertrauen bei Marktteilnehmern aufbaut, würden Regulierungsleitlinien das Interesse langfristiger Investoren anziehen und damit die hohe Volatilität des Kryptomarktes reduzieren.

Gleichzeitig soll ein regulatorischer Rahmen auch die Vermögenswerte von Anlegern besser schützen und damit das Vertrauen in digitale Währungen stärken. Umsatzstarke US-Börsen wie zum Beispiel Coinbase halten sich zwar an die Vorgaben der Aufsichtsbehörden, sind aber noch nicht annähernd so reguliert wie die Wertpapier- und die Terminmärkte in den Vereinigten Staaten.

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