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07:44 Uhr - 23.08.2021

Cembra-Aktien stürzen wegen Migros ab

Die Konsumkreditbank verliert Grosskundin Migros. Die Cumulus-Kreditkarte wird ab Mitte 2022 nicht mehr vertrieben.

Es ist der grösste Kurseinbruch, seit Cembra 2013 an die Börse gekommen war. Um zeitweise mehr als 28% sind die Aktien des Zürcher Konsumkreditinstituts am heutigen Handelstag abgesackt. Grund für die Implosion war die Meldung heute Morgen, dass die Detailhändlerin Migros ihre Cumulus-Kreditkarte ab Juli 2022 über die eigene Migros Bank und nicht mehr über Cembra (CMBN 68.30 -29.44%) vertreiben wolle.

Die über 850’000 Cumulus-Mastercard-Kunden steuern einen Grossteil der Kreditkarteneinnahmen von Cembra bei. 31% oder 73 Mio. Fr. des gesamten Ertrags im ersten Semester (total 236 Mio. Fr.) kamen aus dem Kreditkartengeschäft – davon dürften mindestens 80% von der Cumulus-Kreditkarte stammen. Cembra geht nach eigenen Angaben ab 2022 aber nur «vorübergehend» von einem um 10 bis 15% tieferen Reingewinn aus.

«Geeignete Massnahmen» sollen den Verlust mittelfristig kompensieren. Die Mittelfristziele – eine Eigenkapitalrendite über 15% und eine Tier-1-Kapitalquote von minimal 17% – bleiben unangetastet. Auch die Dividende sei dank «starker Kapitalbasis» und «flexiblem Kapitalmanagement» sichergestellt. Den Markt haben diese Aussagen nicht beruhigt. Vontobel (VONN 84.80 +0.95%) und ZKB reagiertem prompt mit einer Herabstufung von «Kaufen» bzw. «Übergewichten» auf «Halten» bzw. auf «Marktgewichten».

Keine Massenabwanderung

Für Kunden der Cumulus-Kreditkarte ändert sich derweil unmittelbar nichts. Ein Sprecher der Migros bestätigt zudem, dass die bisherigen Karten bis zu ihrem individuellen Ablaufdatum uneingeschränkt einsetzbar bleiben. Cumulus-Kunden werden danach ein neues Kreditkartenangebot von der Migros Bank erhalten. Dieses sei im Detail aber noch nicht ausgearbeitet.

Gemäss Migros ist der Grund für den Emittentenwechsel einfach. Der Vertrag mit Cembra sei ausgelaufen, und man habe den Auftrag neu ausgeschrieben. «Die Migros Bank hat das beste Angebot unterbreitet. Mit ihr zu arbeiten, ist auch strategisch sinnvoll», sagt ein Sprecher der Genossenschaft.

Wird eine durchschnittliche Restlaufzeit der Karten von 18 bis 24 Monaten angenommen, ist per Vertragsende der Partnerschaft zwischen Migros und Cembra Ende Juni 2022 also keine plötzliche Massenabwanderung zu erwarten.

Neuer Antrag nötig

Die Migros Bank habe aber keinen Zugriff auf die Kundendaten von Cembra, sie muss also alle Cumulus-Kunden separat anschreiben. Sie müssen dann einen neuen Kreditkartenantrag stellen. Auch Cembra will ab Mitte 2022 ein Nachfolgeprodukt für die Cumulus-Kreditkarte anbieten. Die Altstetter wollen so versuchen, einen substanziellen Teil der 850’000 Cumulus-Kreditkartenkunden bei sich zu halten.

Doch auch wenn das gelingt – bemerken die Analysten der UBS in einem Kommentar –, ist damit zu rechnen, dass sich das Nutzungsverhalten der Kartenhalter ohne die Cumulus-Komponente signifikant ändern dürfte. Zumal der Hauptvorteil der Cumulus-Karte ist, Zahlen und Punktesammeln an der Migros-Kasse einfach miteinander zu verbinden.

Feuerprobe für Laubenthal

Der Verlust der Migros kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Cembra wurde hart und in allen Geschäftsbereichen – Kreditkartengeschäft, Privatkredite und Leasing – von der Pandemie getroffen. Eine schwungvolle Erholung im zweiten Semester wurde nicht in Aussicht gestellt. Für den neuen CEO von Cembra, Holger Laubenthal, bedeutet der Verlust der grössten Kreditkartenkundin eine Feuerprobe.

Denn auch wenn ein Teil der Cumulus-Kunden bei Cembra bleibt, wird es eine grosse Herausforderung sein, die Gewinnkraft mittelfristig zu bewahren. Das bestehende Kundenportfolio im Kreditkartengeschäft mit Conforama, Fnac, TCS und zuletzt Ikea wird die Ausfälle kaum kompensieren können.

Dividende sicher, aber

«Eine andere Partnerschaft, ein neues, innovatives Cembra-Kreditkartenprodukt könnten nicht genügen, um die negativen Auswirkungen abzufedern», schreibt auch UBS (UBSG 15.30 +0.59%). Laubenthal wird also bald einen konkreten Vorschlag präsentieren müssen, wie die Gewinnkraft bewahrt werden soll, damit die Dividende auch langfristig gesichert werden kann.

Cembra gehören bislang zu den favorisierten Dividendenaktien vieler Schweizer Institutionellen. 60 bis 70% des Reingewinns werden ausgeschüttet. Für 2020 waren das 3.75 Fr., bei einem unverwässerten Gewinn pro Titel von 5.21 Fr. – nach dem heutigen Kurssturz entspricht das einer aktuellen Rendite von 5,7%.

Auch wenn die Dividende für 2021 gesichert sein dürfte, wird FuW die Gewinnschätzung für das kommende Jahr nach unten korrigieren. Die Valoren deshalb zu verkaufen, bietet sich derzeit aber nicht an.

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