Der Weko sollten vom Parlament keine Steine in den Weg gelegt werden. Ein Kommentar von FuW-Redaktor Arno Schmocker.
Die Wettbewerbskommission Weko versieht eine noble Aufgabe. Die Milizbehörde soll Kartelle bekämpfen, den Missbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen eindämmen, Zusammenschlüsse von Gesellschaften auf Wettbewerbsverträglichkeit prüfen und nicht zuletzt gegen staatliche Konkurrenzbeschränkungen vorgehen. Letztlich geht es darum, den Wettbewerb zu fördern und überzogene Preise zu verhindern.
Jährlich vergeben Bund, Kantone und Gemeinden für über 40 Mrd. Fr. Aufträge. Submissionsabreden mit 30 bis 40% überhöhten Preisen kosten die Steuerzahler enorme Summen. Als Beispiel für ein «klar schädliches Submissionskartell» nannte Weko-Präsident Andreas Heinemann an der Jahrespressekonferenz am Dienstag eine Absprache unter acht Elektroinstallationsunternehmen in Genf, die die Arbeiten in einhundert öffentlichen und privaten Ausschreibungen unter sich aufteilten.
Massgebend für die Wettbewerbshüter ist das seit Mitte der Neunzigerjahre geltende Kartellgesetz. Eine überladene und zu komplexe Gesamtrevision wurde 2014 im Parlament versenkt. Nun, acht Jahre später, sollen die wichtigsten Punkte in einem neuen Anlauf in einer Teilrevision umgesetzt werden.
Wenig umstritten ist dabei die Modernisierung der Fusionskontrolle, die die Weko in der im März abgeschlossenen Vernehmlassung als «sehr permissiv» und mit Blick auf die neu entstehenden digitalen Märkte als «nicht mehr zeitgemäss» einstuft.
Vorgeschlagen wird der Wechsel zum sogenannten SIEC-Test, der namentlich in der EU und in den USA zur Anwendung kommt und gemäss dem Zürcher Anwaltsbüro Pestalozzi eine umfassendere Beurteilung aller Auswirkungen eines Zusammenschlusses auf den Wettbewerb ermöglicht. Die Hürde für die Untersagung einer volkswirtschaftlich schädlichen Fusion/Übernahme sänke, die Weko würde häufiger intervenieren.
Zu begrüssen ist ausserdem, dass mit der vorgesehenen Anpassung das Kartellzivilrecht gestärkt würde. Für Opfer von Kartellen wird der Anreiz erhöht, auf zivilrechtlichem Weg Schadenersatz durchzusetzen.
Das Parlament hat es allerdings auch dieses Mal geschafft, fragwürdige Elemente in die Revision einzubauen. Es hat gegen den Willen des Bundesrats eine Motion angenommen, die die Zulässigkeit einer harten Wettbewerbsabsprache wie früher nicht nur von qualitativen, sondern auch von quantitativen Kriterien, etwa basierend auf Marktanteilen, abhängig macht.
Abgesehen davon, dass das Ermitteln von Marktanteilen vor allem im digitalen Bereich zeitraubend ist: Mit der Forderung der Motion könnten sich die Unternehmen laut dem Weko-Präsidenten wie ehedem mit der Ausrede verteidigen, sie seien «nur kleine Fische».
Ihnen stünde – wie bis 2016, als das Bundesgericht einen wegweisenden Entscheid für eine erleichterte Durchsetzung des Kartellgesetzes gefällt hatte («Gaba-Urteil») – die Verteidigungslinie offen, aufgrund mangelnder quantitativer Folgen liege keine erhebliche Limitierung des Wettbewerbs vor. Eine Verwässerung der aktuellen Revision des Kartellgesetzes durch das Parlament wäre nicht im Sinn des Wettbewerbsschutzes.
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