Der 53-jährige Niederländer gilt als chancenreicher Kandidat für den Chefposten des IWF als Nachfolger von Christine Lagarde.
Jeroen Dijsselbloem wird als ein möglicher IWF-Chef gehandelt. Der 53-jährige Niederländer hat gute Karten in der Hand und soll von der Haager Regierung als Kandidat für die Lagarde-Nachfolge in der kommenden Woche offiziell nominiert werden.
Dijsselbloem, sprich «Deiselblum», gehört seit 2000 dem niederländischen Parlament an, wo er ab 2012 Fraktionsvorsitzender der niederländischen Sozialdemokraten PvdA war. Dann wurde er Finanzminister (2012–2017) und war in dieser Funktion auch Vorsitzender der Euro-Gruppe in der EU (2013–2018). Er gilt als kompetenter Finanzpolitiker und hat einen sehr guten Draht zur scheidenden IWF-Präsidentin Christine Lagarde.
Ein Deal zur «Kompensation»
Die Regierungen in Berlin und Paris sollen bereits ihre Zustimmung für Dijsselbloem als neuen IWF-Präsidenten signalisiert haben, verlautet aus diplomatischen Kreisen in Den Haag. Es sei «ein Kompensationsdeal» in der Mache. Da der Niederländer Frans Timmermans als EU-Kommissionspräsident nicht zum Zuge kommt, soll nun ein anderer Niederländer, nämlich Dijsselbloem, IWF-Chef werden.
Der IWF-Posten ist ein wichtiger und einflussreicher. Denn der IWF-Präsident hat Zugang zu allen wichtigen weltweiten finanzpolitischen und wirtschaftspolitischen Informationen und kennt so die Finanz- und Wirtschaftsprobleme auf den internationalen Märkten wie kein anderer. Auf allen wichtigen Gipfeltreffen, etwa G-20-Meetings, ist der IWF-Vorsitzende anwesend. Seine Stimme findet Gehör.
Mehrere Konkurrenten
Als Konkurrenten von Jeroen Dijsselbloem gelten: die ehemalige spanische Wirtschaftsministerin Nadia Calvino. Der ehemalige EU-Kommissar und heutige Zentralbankpräsident von Finnland Olli Rehn sowie der heutige Vorsitzende der Euro-Gruppe, der Italiener Mario Centeno, der als Eurogruppenchef bisher aber eher blass ist.
Jeroen Dijsselbloem hat aber auch Gegner. Vor allem in Griechenland, Italien, Luxemburg und in der EU-Kommission. In Griechenland und Italien ist sein harter Kurs gegen diese Länder wegen deren hohen Staatsschulden als Eurogruppen-Vorsitzender unvergessen. In Luxemburg und in der EU-Kommission hallen die Worte von Dijsselbloem noch nach, mit denen er den amtierenden EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker als «starken Raucher und Trinker» abkanzelte.
Sollte Jeroen Dijsselbloem aber dennoch neuer IWF-Präsident werden, wäre zum ersten Mal seit mehr als vierzig Jahren wieder ein Niederländer IWF-Chef. Denn das war zuletzt der ehemalige niederländische Finanzminister Johan Witteveen von 1973–1978.
Der Chefposten des IWF wird traditionell von einem Europäer besetzt, während auf dem Chefsessel der Weltbank immer ein US-Amerikaner Platz nimmt.
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