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17:07 Uhr - 20.01.2022

Schlechte Vorzeichen für die Berichtssaison

In den nächsten zwei Wochen wird mehr als die Hälfte der kotierten US-Unternehmen die Zahlen zum vierten Quartal präsentieren. Das gilt es zu beachten.

Das Positive vorweg: Im vierten Quartal 2021 dürfte der Gewinn der kotierten US-Unternehmen erneut mehr als 20% gestiegen sein. Im Mittel erwarten Analysten laut dem Datenanbieter Factset ein Plus von 21%. Das entspricht zwar einer Verlangsamung gegenüber den Vorquartalen, liegt aber immer noch über dem langfristigen Trend.

Das ist aber noch nicht alles. Wie in den vergangenen Quartalen wird Wallstreet die Erwartungen erneut übertreffen. Wie hoch, ist noch offen. Die Zahlen dürften aber kaum mehr so stark ausfallen wie in den Vorquartalen, als die Unternehmen des marktbreiten Aktienindex S&P 500 die Erwartungen der Analysten um bis zu 29 Prozentpunkte übertrafen.

Hier zeichnet sich eine Normalisierung ab. Savita Subramanian, Leiterin Aktienstrategie der Bank of America (BAC 45.75 -1.49%), erwartet ein Überschiessen um 3% – was in etwa den Quartalsergebnissen vor der Pandemie entspricht. Optimistischer ist Binky Chadha, Chefstratege der Deutschen Bank. Er geht davon aus, dass die Ergebnisse die Erwartungen um 7 bis 9% übertreffen.

Unsicherheit zieht ein

Eine Rolle spielt das leider nur bedingt, denn an den Aktienmärkten ist das Überschiessen bereits eingepreist. Wichtiger für die Kurse sind die Aussagen und die Prognosen der Gesellschaften. Ein Fazit dazu kann zwar erst nach dem Ende der Berichtssaison gegeben werden, verschiedene Indikatoren weisen aber schon heute darauf hin, wie Unternehmen die Zukunft sehen.

An erster Stelle stehen die Gewinnrevisionen. Sie geben an, wie die Unternehmen die eigenen Gewinnprognosen anpassen. Laut den Analysten der Grossbank Citi waren im Januar 60% der Gewinnrevisionen positiv. Das ist ein Rückgang im Vergleich zu den Vormonaten. Im August waren noch 82% der Gewinnrevisionen positiv. «Der Höhepunkt der Revisionsdynamik könnte ein Katalysator für eine Marktschwäche sein», schreiben die Analysten von Citi.

Analog gestiegen ist die Zahl der negativen Gewinnwarnungen. Die Zahl der Gesellschaften, die vor einem niedrigeren Gewinn warnen im Vergleich zur Erwartung der Analysten, ist erstmals seit der Pandemie wieder grösser als die Summe der Unternehmen mit einer positiven Gewinnwarnung.

Diese Trends haben auch einen Einfluss auf die Gewinnschätzungen der Analysten, an denen die Geschäftszahlen gemessen werden. Während in den Quartalen zuvor die erwarteten Gewinne im Mittel kontinuierlich erhöht wurden, sind die Gewinnerwartungen für das vierte Quartal seit längerer Zeit unverändert.

Damit nähert sich die Entwicklung der Gewinnerwartungen der Vergangenheit. Vor der Pandemie waren Analysten anfangs zu zuversichtlich und revidierten die Erwartungen dann nach unten, bis sie so niedrig waren, dass sie von den Unternehmen mehrheitlich übertroffen werden konnten.

Immer wieder der Arbeitsmarkt

Wenig zuversichtlich stimmen zudem die Zahlen der Gesellschaften, die bereits ihre Resultate präsentiert haben. Zwar hat laut der Bank of America in der ersten Woche der Berichtssaison jedes zweite Unternehmen die Erwartungen der Analysten übertroffen. In den Quartalen seit dem Beginn der Pandemie betrug der Anteil aber 67%.

Die grösste Herausforderung ist der Arbeitsmarkt. Gemäss dem Datenanbieter Factset ist für die Gesellschaften aus dem S&P 500, die die Zahlen bereits präsentiert haben, das meistgenannte Problem die Entwicklung der Lohnkosten und der Mangel an Arbeitskräften (60% Nennungen). Es folgen die direkten Kosten der Pandemie (50%), Unterbrüche bei den Lieferketten (50%), höhere Transportkosten (45%) und gestiegene Rohstoffpreise (40%).

«Die Unternehmensgewinne werden durch die steigenden Lohnkosten gefährdet», schreibt Subramanian. Lohnkosten machen laut der BofA-Strategin etwa 40% der Gesamtkosten aus. Sie rechnet damit, dass der Lohndruck weiter zunehmen wird, und hält es für äusserst unrealistisch, dass die Profitabilitätsmargen auf dem aktuellen Rekordniveau bleiben.

Für den Aktienmarkt ist das wenig erfreulich. Dazu passt der jüngste Entscheid von Ned Davis Research. Das Researchhaus hat den Ausblick für US-Aktien am Mittwoch von «bullish» auf «neutral» reduziert – was einer erwarteten jährlichen Rendite von 5 bis 7% entspricht.

Die Gründe sind eine höhere erwartete Volatilität, die geldpolitische Straffung der amerikanischen Notenbank sowie der Rückgang des Gewinnwachstums von 65% im vergangenen Jahr auf 9% im laufenden. «Einen Indikator für das Gewinnwachstum 2022 liefert die aktuelle Berichtssaison», schreiben die Analysten. Obwohl es für ein Fazit noch zu früh sei, hätten bisher gemäss NDR so wenige Unternehmen die Erwartungen übertroffen wie seit fast sieben Jahren nicht mehr – ausgenommen im ersten Quartal der Pandemie.

Wo es zu Überraschungen kommen könnte

Überraschungspotenzial sieht Ed Yardeni von Yardeni Research bei Gesellschaften aus dem Bereich zyklischer Konsum. «Obwohl Omikron den Einzelhandel belastet hat, erreichte der Einzelhandelsumsatz im November einen Rekord», schreibt er. Rekordhoch fielen zudem auch die Ausgaben für Restaurants und Bars aus. Wenig überraschend wird im zyklischen Konsum auch im laufenden Jahr mit 33% ein hohes Gewinnwachstum erwartet.

Für Überraschungen gut sind laut Yardeni ebenfalls die Branchen Energie und Industrie. So erreichte der Konsum von Erdölprodukten im Dezember einen Rekord für die Jahreszeit. Ein Fass Rohöl der Sorte Brent kostete fast doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Yardeni hat auch die Industrieunternehmen im Blick. Sie würden von den rekordhohen Bestellungen langlebiger Industriegüter profitieren. Für Spannung ist also gesorgt.

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