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14:23 Uhr - 18.06.2020

Soforthilfe für Schweizer Wirtschaft verdient Respekt

Verschiedene Faktoren sorgen dafür, dass die Notkreditgewährung schnell und dennoch sicher vonstattengeht.

Am 25. März hat die Schweizer Regierung ein Notfallkreditpaket in Höhe von 20 Mrd. Fr. zur Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) angekündigt. In einer Woche wurden gut 15 Mrd. an 76 034 Firmen ­geliehen. Eine Woche darauf sprach der Bundesrat erneut 20 Mrd. Angeboten werden ein zinsloses Darlehen von bis zu 10% des Jahresumsatzes (maximal 500 000 Fr.) mit einer Kreditgarantie der Regierung oder ein Darlehen von bis zu 20 Mio., wobei der Bund für 85% des Darlehens mit einem Zins von 0,5% bürgt.

Die raschen und unbürokratischen ­Soforthilfen der Schweizer Regierung haben weit über die Landesgrenzen hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Wie sich zeigt, konnten mit den Kreditprogrammen die grössten Liquiditätsengpässe aufgefangen oder abgemildert werden. Die Schweiz steht damit in der Krisenbewältigung weltweit an erster Stelle.

Effizienter Prozess

Einige Unternehmer im Ausland hätten sich wohl ein ähnlich unbürokratisches Handeln des Staates gewünscht. In Grossbritannien und in den USA etwa haben die Regierungen zwar Soforthilfen für die Wirtschaft angekündigt, die Aus­zahlung des Geldes folgte aber deutlich langsamer – und das in einer Phase, in der jeder Tag zählte. Gerade KMU ver­fügen oft über wenig bis keine Liquiditätsreserven. Laut der «Financial Times» (FT) lief auch die Kreditvergabe in Deutschland nur zögerlich und mit vielen bürokratischen Hürden an, obwohl sich der Bundestag hilfsbereit gegenüber der lokalen Wirtschaft zeigte.

Die Schweizer Wirtschaftshilfe läuft, anders als im Ausland, nicht über Regierungs- oder Behördenstellen, sondern direkt über den Bankensektor. Das gestaltet den Auszahlungsprozess nicht nur effizienter, sondern schafft mehr Sicherheit.  Die Kreditsachbearbeiter im Firmen­kundengeschäft von Banken verfügen wegen der langjährigen Kundenbeziehung in der Regel über eine Vielzahl relevanter Informationen, die über die klassischen Erfolgs-, Liquiditäts- oder Rentabilitätszahlen hinausgehen. Die Bank weiss, wie verlässlich der Kreditnehmer ist und wie seriös er seine Schuldenlast in der Vergangenheit schulterte. Das zeigen wissenschaftliche Studien der Ökonomen Allen Berger, Gregory Udell, Mitchell Petersen oder Raghuram Rajan, die Bankkundenbeziehungen analysiert haben. In Krisenzeiten ermöglicht das eine schnelle und unbürokratische Kreditgewährung. Darüber hinaus setzen die Banken auf digitale Instrumente, die eine genaue Prüfung von Firmenkunden ohne langjährige Kundenbeziehung erlauben.

Die sogenannten Covid-Kredite führen trotz Bundesgarantie auch dann zu Kosten, wenn sie ausfallen. Das Argument, Banken würden bei der Kreditvergabe beide Augen zudrücken, da die Ausfall­garantie der Eidgenossenschaft ihr Risiko sowieso absichere, entbehrt also einer Grundlage. Zudem waren Schweizer Banken vor der Pandemie bereits ausreichend gut kapitalisiert, sodass die Notkredite im erforderlichen Umfang – mehrere Milliarden in wenigen Tagen – rasch finanziert und ausgezahlt werden konnten.

Weniger Kredite an Zombies

Auch in Bezug auf die notleidenden Un­ternehmen, die einen Coronakredit beanspruchen mussten, weicht die Schweiz vom Muster ab. So ist davon auszu­gehen, dass anders als im südeuropäischen Ausland deutlich weniger Kredite mit betrügerischer Absicht von sogenannten Zombie-Firmen beantragt werden. Ein Phänomen, das Viral Acharya, Tim ­Eisert, Christian Eufinger und Christian Hirsch im Jahr 2019 in einem wissenschaftlichen Aufsatz unter dem Titel «Was immer nötig ist: Die realen Auswirkungen einer unkonventionellen Geldpolitik» bereits untersucht haben. Die Notkredite sollten demnach ihren Zweck erfüllen und liquiditätsschwache Gesellschaften durch die Coronakrise tragen und nicht etwa diejenigen Unternehmen stützen, deren Fortbestand auch ohne Lockdown nicht mehr gesichert war.

Ein weiteres wichtiges Element – gerade in Krisenzeiten – ist der hohe Grad an Finanzregulierung. Er schafft Vertrauen und bietet Gewähr, dass Finanzinstitute mit Augenmass agieren. Eine kürzlich durchgeführte Studie des Swiss Finance Institute (SFI) unter dem Titel «Global ­Financial Regulation, Transparency, and Compliance Index» bescheinigt dem Schweizer Finanzplatz eine Spitzenposition in allen relevante Regulierungsfragen.

Zuletzt ist die Schweiz kleinräumig («to small to fail»). Die politischen und die wirtschaftlichen Entscheidungsträger sind eng vernetzt, was einen direkten Kontakt zwischen der Regierung und der Finanzindustrie ermöglicht. So können konstruktive Lösungen schnell auf den Weg gebracht werden.

Die tragende Rolle der Banken beschränkt sich dabei nicht auf die Kreditvergabe. Die Notkredite sind zurückzuzahlen, und auch dieser Prozess wird von den Banken streng überwacht. Das hierfür notwendige stabile Bankensystem fordert auch Leitplanken für den Finanzplatz. Die Kosten dieser Leitplanken, die in der Regel der Finanzindustrie aufge­bürdet werden, sind so als Versicherungsprämie zu betrachten. Die politischen Entscheidungsträger sind aber angehalten, genau abzuwägen, wie hoch der Preis dieser Versicherung sein darf.

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