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18:17 Uhr - 04.08.2015

Wertzerfall der Schwellenländerwährungen

Die Kollaps der Rohstoffpreise zieht weite Kreise: Vor allem die Währungen der Schwellenländer lassen Federn.

Die Stabilisierung Schwellenländerwährungen im zweiten Quartal war von kurzer Dauer. In den vergangenen Tagen haben viele Währungen der Emerging Markets neue Tiefs erreicht.

Der Emerging Markets Currency Index von J. P. Morgan, ein Benchmark für den Wert der zehn wichtigsten EmMa-Währungen in Dollar, ist auf den niedrigsten Wert seit Lancierung im Jahr 2000 gefallen.

Schwellenländerwährungen zum Dollarzoom Quelle: Bloomberg

Selbst der Kollaps während der Finanzkrise 2008/09 sieht im Vergleich zur aktuellen Schwächephase harmlos aus.

Rohstoffbaisse als Haupttreiber

«Der Haupttreiber des Ausverkaufs ist der Zerfall der Rohstoffpreise,» sagt Ursina Kubli, Währungsstrategin bei J. Safra Sarasin. Rohstoffe wie Erdöl, Kupfer oder Eisenerz notieren auf neuen Mehrjahrestiefständen. Anders als während der Verkaufswelle im Jahr 2013 sei diesmal die Angst vor höheren US-Zinsen nicht der Grund für die Abwertung gewesen, sagt Kubli.

Als der ehemalige Fed-Chef Ben Bernanke im Mai 2013 erstmals laut über eine Kürzung der Anleihenkäufe nachdachte, traf die Reaktion der Finanzmärkte die Emerging Markets hart. In der Hoffnung auf höhere Zinserträge in den USA zogen Investoren Kapital aus den Emerging Markets ab und die Währungen werteten sich dramatisch ab.

Keine Zinserhöhungsängste

Heute ist die Situation anders. Laut Kubli hat die US-Notenbank den Markteilnehmern klargemacht, dass die Leitzinsen nur in gemächlichem Tempo angehoben werden.

Dass hinter der aktuellen Verkaufswelle die Rohstoffbaisse die dominante Kraft war, bestätigt ein Blick auf das Wechselkurstableau. Vor allem Währungen von Rohstoff exportierenden Ländern wurden in den vergangenen Wochen abgestraft. Der brasilianische Real, der kolumbianische Peso oder der russische Rubel haben zum Dollar seit Anfang Juli rund 10% verloren, während die indische Rupie fest blieb.

Brasilianischer Realzoom Quelle: BloombergSeit Anfang Jahr berechnet hat der Real am meisten Wert eingebüsst. Zum Dollar hat sich die brasilianische Landeswährung 24% auf 3.46 Real pro Dollar abgewertet. Seit 2011  hat sich der Wert des Reals mehr als halbiert.

Russischer Rubelzoom Quelle: BloombergAuch der russische Rubel, der eine besonders hohe Korrelation zum Erdölpreis aufweist, ist nach der eindrücklichen Erholung im Frühling wieder unter Druck. Am Montag ist der Rubelkurs auf über 63 Rubel/$ gestiegen.

Peso auf Rekordtief

Mexikanischer Pesozoom Quelle: BloombergDie Abwertungsspirale macht selbst vor fundamental gesünderen Volkswirtschaften nicht Halt. Der mexikanische Peso etwa, dem viele Währungstrategen eine stabile Entwicklung vorhergesagten, ist auf den tiefsten Stand der Geschichte gefallen. Gegenüber Anfang Jahr ist der Peso in Dollar 9% weniger wert. Erst Interventionen der Zentralbank vermochten die Abwertung zu stoppen.

Der malaysische Ringgit, dem in Asien der Ruf eines sicheren Hafens anhaftet, kam ebenfalls unter die Räder. Der Wechselkurs zum Dollar beträgt mehr als 3.80 Ringgit/Dollar. So wenig Wert war der Ringgit seit der Asienkrise 1998 nicht mehr.

In einem System flexibler Wechselkurse werden makroökonomische Schocks durch die Währung teilweise absorbiert. Dadurch halten sich die Verwerfungen auf anderen Finanzmärkten und der Realwirtschaft in Grenzen. Ein Folgeeffekt der Abwertung ist jedoch die Inflation. Importierte Güter werden teurer und das erhöht das gesamte Preisniveau. So hat die dramatische Abwertung des russischen Rubels Russland in eine Stagflation geführt: Die Wirtschaft schrumpft, die Inflation erreichte fast 20%. Eine ähnliche Entwicklung blüht nun auch anderen Schwellenländern, wenn die Abwertungsspirale weiterdreht.

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