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17:30 Uhr - 27.11.2014

Opec: Die Saudis setzen sich durch

Das Ölkartell hat keine Förderkürzung beschlossen. Der Brent-Preis sinkt rund 6% auf 72.60 $ und erreicht damit ein neues Vierjahrestief.

Marktbeobachter hatten keine Kürzung der Förderung durch das Ölkartell Opec mehr erwartet. Nun ist es offiziell: Die Förderung der Opec-Mitgliedstaaten bleibt bei 30 Mio. Fass pro Tag. Das wurde an der Pressekonferenz nach dem Treffen in Wien am Donnerstagnachmittag bekanntgegeben.

Der Brent-Preis fiel nach der Nachricht von 76.10 $ je Fass auf zeitweise 74.45 $. Am Donnerstagabend notierte er um die 72.60 $ – 6% weniger als noch am Vortag und damit auf einem Vierjahrestief. Die Sorte WTI handelte zum ersten Mal seit Juni 2010 unter 70 $ pro Fass. Währungen von Ölförderern wie Norwegen, Kanada und Russland werteten sich zum Dollar ab.

Die Aktien haben schon im Vorfeld der Sitzung freundlich auf die fallenden Ölpreise reagiert. Eine Ausnahme waren Energieunternehmen. Am Donnerstagabend notierte der Industrieindex Stoxx Europe 600 Oil and Gas rund 3,9% tiefer als am Mittwoch.

Saudi-Arabien macht nicht mit

Im Vorfeld der Sitzung in Wien hatte Saudi-Arabien signalisiert, seine Förderung nicht kürzen zu wollen. In der Vergangenheit hatte Saudi-Arabien, der grösste Opec-Förderer und weltweit nur noch die Nummer zwei hinter den USA, eine Förderdrosselung auf sich genommen, um den Preis zu stabilisieren. Vor der Opec-Sitzung erklärten Analysten von Société Générale, dass die Aussagen der Saudis einen tieferen Ölpreis nach sich ziehen werden. Denn: «Saudi-Arabien und die Opec werden nicht wie früher die nötigen Massnahmen ergreifen, um den Markt durch die Angebotsseite im Gleichgewicht zu halten.»

Venezuela hatte öffentlich eine Förderdrosselung befürwortet. Das in einer Wirtschaftskrise steckende Land braucht einen Ölpreis von über 110 $ je Fass, um einen ausgeglichenen Staatshaushalt zu erreichen. Dagegen konnten sich die Golfstaaten – Katar, Kuwait und Saudi-Arabien – mit ihren geringen Kosten mit solchen Forderungen nicht anfreunden. Der venezolanische Aussenminister Rafael Ramírez soll nach Medienberichten mit wütendem Gesicht die Sitzung verlassen haben.

Eine Preissenkung Saudi-Arabiens für den US-Markt hatte Anfang November ein Signal dafür gegeben, dass die Saudis keine Marktanteile gegen die US-Schieferölindustrie verlieren wollen. Dafür werden tiefere Preise in Kauf genommen. Viele Ölfelder in den USA sind beim jetzigen Ölpreis nicht mehr rentabel.

Angebot bleibt zu hoch

Nach Schätzungen eines Opec-Berichts sinkt die weltweite Nachfrage nach Opec-Öl im nächsten Jahr, da die Förderung ausserhalb der Opec das Wachstum der weltweiten Ölnachfrage mehr als genug bedienen kann. Nach den Schätzungen müsste die Organisation ihre Förderung um bis zu 1,5 Mio. Fass je Tag kürzen, um Angebot und Nachfrage zu balancieren.

Opec-Generalsekretär Abdalla Salem el-Badri erklärte an der Pressekonferenz, dass die Organisation kein Preisziel anstrebe. Man müsse mit den neuen Umständen zurechtkommen. Auf die Frage, wie die Opec trotz völlig unterschiedlicher Nachfragefaktoren seit Jahren auf die gleiche Förderquote als Antwort komme, reagierte der Opec-Generalsekretär amüsiert. «Warum kümmern Sie sich so sehr um unsere Produktion?», fragte er die Journalisten lachend. «Ein fallender Preis ist doch gut für Sie, ausser, Sie sind Trader.»

Macht als Kartell eingebüsst

Faktisch hat die Opec ihre Macht als Kartell nun eingebüsst, da die Förderquote auch bei starker Preisvolatilität nicht mehr zur Stabilisierung eingesetzt wird. Der Preis könnte nun deutlich stärker sinken, bis das Angebot von den Förderern gekürzt wird, die nicht mehr profitabel arbeiten können.

Die nächste Sitzung der Opec findet am 15. Juni 2015 statt. Bis dahin gilt die Förderquote von 30 Mio. Fass.

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