Eine Marketing-Expertin soll Logitech-VRP werden. Ihr Job wird sein, die Marken auf Wachstumskurs zu halten.
Es sind grosse Fussstapfen, in die Wendy Becker treten muss. Anfang Juli wurde bekannt, dass der langjährige CEO und seit 2013 Verwaltungsratspräsident von Logitech (LOGN 38.14 -1.29%), Guerrino de Luca, seinen Posten räumt. Am 4. September wird Wendy Becker den Logitech-Aktionären als neue Präsidentin vorgeschlagen.
Für die Schweiz und ihren vergleichsweise niedrigen Frauenanteil in den Führungsgremien der Unternehmen eine bemerkenswerte Tatsache. Denn nach ihrer Wahl – die als wahrscheinlich gilt – wäre sie neben Nayla Hayek von Swatch Group (UHR 305.5 -0.33%) erst die zweite Frau, die einem der dreissig grössten kotierten Schweizer Unternehmen vorsitzen wird.
Als Präsidentin wird Becker sicherstellen müssen, dass die Logitech-Erfolgsgeschichte weitergeht: Unter CEO Bracken Darrell hat sich der Preis der Aktien des Spezialisten für Unterhaltungselektronik verfünffacht. Logitech ist zu einem der populärsten Mid-Cap-Titel geworden. Darrell, der von Whirlpool (WHR 149.2 0.42%) gekommen war und 2013 als Nachfolger von de Luca eingesetzt wurde, ist der Autor dieser Erfolgsstory. Vor allem dank dem Amerikaner verdient der einst verstaubte Hersteller von PC-Zubehör heute mit Lifestyle-Marken in Bereichen wie Gaming-Zubehör, Bluetooth-Lautsprecher und Sportkopfhörer massig Geld.
Der künftige Erfolg wird auch davon abhängen, ob Becker und Darrell es gut miteinander können. Die Chancen stehen nicht schlecht. Becker ist seit 2017 bei den Lausannern an Bord, zurzeit leitet sie im Verwaltungsrat das Komitee, das sich mit Vergütungsfragen beschäftigt. Sie ist weder eine HR- noch eine Technologieexpertin. Reiche Erfahrung hat sie in Markenführung und Marketing gesammelt – just denjenigen Disziplinen, dank denen Bracken Darrell Logitech in den vergangenen Jahren zum Erfolg verholfen hat. Ein Erfolg, der weniger in technischer Innovation begründet ist als in modernem Produktdesign, umsichtiger Markenbildung und Preisdisziplin.
Becker selbst hat beim britischen Kleiderhändler Jack Wills CEO-Erfahrung gesammelt. Auch der Kleiderverkauf lebt stark von der Vermittlung eines Lebensstils. Jack Wills etwa versucht mit College-Ästhetik exklusiv zu wirken. Dort war Becker zunächst Chief Operating Officer (COO), 2013 übernahm sie die Gesamtleitung. Zwei Jahre später ging sie aber schon, Umsatz und Gewinn stagnierten.
Wie Becker das Präsidentenamt bei Logitech ausfüllen wird, ist offen. Ihr Vorgänger, Guerrino de Luca, nahm auch eine exekutive Funktion wahr. Es ist unwahrscheinlich, dass Becker den Job gleich auslegen kann, zumal sie viele andere Verpflichtungen hat.
Denn Wendy Becker ist eine fleissige Mandatesammlerin. Im Juni wurde sie in den Verwaltungsrat von Sony (SNE 54.37 0.7%), dem japanischen Elektronikriesen, berufen. Inhaltlich eine passende Ergänzung zum Logitech-Job. Bei Sony ist sie mit 53 Jahren das Nesthäkchen im Gremium. Zudem sitzt sie im Verwaltungsrat des britischen Immobilienentwicklers Great Portland Estate, bei der staatlichen Gesundheitsorganisation NHS (England) und beim Verlag Oxford University Press. Zusätzlich ist sie auch bei Non-Profit-Organisationen wie Cancer Research UK, The Prince’s Trust und dem Londoner Design Museum aktiv.
Angefangen hat die Karriere der multinationalen Becker – neben dem italienischen hat sie auch den britischen und den US-Pass – traditionell. Nach dem Ökonomiestudium am Dartmouth College in den USA ging sie zum Konsumgüterkonzern Procter & Gamble (PG 115.94 0.04%). Danach wechselte sie zum klassischen Karrierebeschleuniger, zur Strategieberatung McKinsey. Dort brachte sie es bis zur Partnerin und war für die britische Konsumgüterberatung verantwortlich. Danach wechselte sie zurück auf die Unternehmensseite. Zunächst zur britischen Telecomgesellschaft TalkTalk und 2009 zu Vodafone (VOD 126.76 0.6%), wo sie Marketing-Leiterin des britischen Telco-Riesen wurde. Ein Marketing-Job mit maximaler Aussenwirkung, der sie für höhere Weihen prädestinierte.
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