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07:31 Uhr - 28.03.2016

Tej Tadi: Der Fabelhafte vom Genfersee

Mit Hilfe der Methoden der virtuellen und erweiterten Realität lassen sich auch Patienten mit Hirn-und Rückenmarksverletzungen therapieren. Ein Lausanner Start-up liefert dazu die Hard- und Software .

Dank dem Neurowissenschaftler Tej Tadi (34) hat nun auch die Schweiz ein Einhorn. Als solche Fabelwesen werden im Jargon der Wagniskapitalgeber Technologie-Start-ups bezeichnet, deren Wert eine Mrd. $ übersteigt. Paradebeispiele sind Uber, Airbnb oder Skype. Dies hat nun auch das von Tadi gegründete Neurotechnologie-Start-up MindMaze geschafft. Der Spin-off der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) entwickelt Hard- und Software zur Therapie von Patienten mit Hirn-und Rückenmarksverletzungen. Vor Kurzem sicherte sich MindMaze neues Kapital im Umfang von 250 Mio. $, was die Bewertung der Firma auf über 1 Mrd. gehoben hat.

Tadi gründete MindMaze vor fünf Jahren. Der Elektroingenieur forschte damals in einem interdisziplinären Team der EPFL auf dem Gebiet der Körperwahrnehmung mit den Methoden der virtuellen Realität (VR). «Ich wollte, dass diese neuen Erkenntnisse auch in der Praxis Anwendung finden», sagt Tadi. Das war der Anfang von MindMaze. Mit Fördergeldern des Bundes, Beiträgen von kleineren Stiftungen sowie Geldern der EU baute Tadi in wenigen Jahren ein Unternehmen auf, das bereits drei Jahre nach der Gründung erste Geräte und Software an Spitäler verkaufte. Dazu gehören spezielle VR-Brillen und Bewegungssensoren für simultanes Feedback, mit denen die Patienten Körper und Bewegung in der virtuellen Realität erleben und trainieren können. Dadurch wird gezielt das Wachstum von Nervenzellen stimuliert.

Unterdessen beschäftigt MindMaze über 50 Leute in Lausanne, Zürich und San Francisco. Europa ist der wichtigste Absatzmarkt. Die Expansion nach Asien und in die USA ist im Gang. Der Zulassungsantrag bei der US-Gesundheitsbehörde FDA ist gestellt und dürfte laut Tadi bald gutgeheissen werden, da keine invasiven Techniken angewendet werden. «Mit dem Verkauf von Lösungen an Spitäler sollten wir Ende 2017 in der Gewinnzone sein», sagt Tadi, den das WEF letztes Jahr in den Club der Young Global Leaders aufgenommen hat. Kurz vor der Lancierung steht nun eine Anwendung für die Therapie zuhause. Im Visier hat MindMaze auch die Freizeitindustrie: Ab nächstem Jahr sollen auch Anwendungen für die Medien- und Unterhaltungsbranche verfügbar sein. Sie steckt viel Geld in die Techniken der virtuellen Realität. Google hat letztes Jahr 500 Mio. $ in Magic Leap investiert, ein Konkurrenzunternehmen aus San Francisco. Doch Tadis Vision geht noch weiter. Durch die Verknüpfung von Neurowissenschaft, VR und künstlicher Intelligenz will er eine Plattform kreieren, auf der die nächste Generation von Betriebssystemen entwickelt wird.

Nach Lausanne kam der im indischen Hyderabad aufgewachsene Tadi per Zufall. «Ich forschte an einer Brennstoffzelle, an der ausser einem Professor in Lausanne kaum jemand arbeitete.» Tadi wurde eingeladen, absolvierte einen Master in VR und Computer-Grafik und begann dann das Doktorat im Labor für Kognitive Neurowissenschaft. «Die Forschung war interessant und Mittel für teure Experimente waren vorhanden.» Die Schweiz sei zwar nicht das Silicon Valley, wo die Risikobereitschaft viel grösser sei, aber sie biete ein innovationsfreundliches Umfeld, lobt Tadi die Schweizer Förderpolitik.

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