Zurück zur Übersicht
09:15 Uhr - 22.06.2017

Schieferölfirmen leben wieder auf

Das Ölexportkartell Opec wollte den Shale Drillers den Garaus machen. Doch die haben den Spiess umgedreht.

Die Tage der US-Unternehmen, die nach Schieferöl bohren (Shale Drillers), schienen gezählt zu sein, als das Ölexportkartell Opec im November 2014 beschloss, die Förderquoten aufzugeben und fortan so viel Öl zu pumpen wie nur möglich. Das sollte die Ölpreise so weit zum Sinken bringen, dass die damals noch vergleichsweise teure Schieferölproduktion unrentabel werden sollte und die Förderunternehmen aus dem Markt gedrängt würden.

Doch es kam anders: Zwar ging die Schieferölproduktion wie von der Opec erwartet zurück, weil die Förderunternehmen begannen, unrentabel gewordene Bohrstellen zu schliessen. Auch rutschten die meisten Shale Drillers in die Verlustzone. Manche von ihnen konnten die Schulden, mit denen sie zuvor ihre rasche Expansion finanziert hatten, nicht mehr bedienen und gingen Konkurs. 2015 und 2016 suchten 114 Förderunternehmen Gläubigerschutz unter Kapitel 11 des US-Konkursrechts.

Wie im Horrorfilm

Aber wie Monster in einem Horrorfilm waren viele dieser bankrotten Unternehmen einfach nicht totzukriegen. Im Gegenteil: Sie standen wieder auf und begannen, fitter denn je, ein zweites Leben. Von den zehn grössten US-Förderunternehmen, die um Gläubigerschutz nachgesucht hatten, sind heute acht wieder operativ. Das Konkursverfahren nutzten sie, um die Bilanz zu sanieren und Schulden  loszuwerden. Michael Watford, CEO von Ultra Petroleum, die im April Kapitel 11 hinter sich liess, sagte: «In vieler Hinsicht sind wir gleich wie zuvor, aber in anderer Hinsicht sind wir besser.»

Watfords Worte werden durch SandRidge Energy illustriert. Der Schieferölförderer ersuchte im Mai 2016 nach Gläubigerschutz. Damals befand sich die Schieferölförderung auf einem Tiefpunkt. Im vergangenen Oktober tauchte das Unternehmen wieder auf und hatte in der Zwischenzeit Schulden in der Höhe von 3,7 Mrd. $ eliminiert. Im Mai rapportierte SandRidge einen Gewinn von 51 Mio. $ für das erste Quartal 2017. Im selben Vorjahresquartal hatte noch ein Verlust von 324 Mio. $ resultiert.

Ein anderer Schieferölförderer, der ein zweites Leben erhielt, ist Halcon Resources. Das Unternehmen suchte im vergangenen Juli um Gläubigerschutz nach und verliess das Konkursverfahren gemäss Kapitel 11 im September. Auch ihm gelang der Turnaround: Im ersten Quartal 2017 sprang ein Gewinn von 189 Mio. $ heraus, nach einem Verlust von 567 Mio. $ in der Vergleichsperiode des Vorjahres.

Unternehmen wie EOG Resources (EOG 88.04 1.06%), Pioneer Natural Resources, Concho Resources, Continental (CON 198.25 0.28%) Resources oder Laredo Petroleum, die keinen Gläubigerschutz in Anspruch nehmen mussten, begannen unter dem Druck des Ölpreiszerfalls die Bohrtechnologie zu verbessern und die Produktionskosten zu senken. EOG etwa gelang es, die Kosten für das Bohren und Komplettieren von Ölquellen im ersten Quartal 2017 gegenüber dem Vorjahresquartal 6% zu senken, obwohl die Inputkosten gestiegen waren. Laredo gelang es durch technische Innovation, horizontale Bohrungen auf zwei Meilen zu verlängern. Statt zwei Bohrtürme braucht das Unternehmen jetzt nur noch eine Anlage, um ein Ölreservoir anzubohren. Auch kann Laredo nun zweimal schneller bohren. Diese Effizienzgewinne setzten die Gewinnschwelle auf unter 40 $ pro Fass herab. 2014 hatte sie noch über 60 $ betragen. Öl der US-Sorte WTI (WTI 42.88 1.66%) lässt sich zurzeit zu 43 $ pro Fass verkaufen.

Kehrtwende der Opec

Schieferöl war plötzlich wieder wettbewerbsfähig geworden und die Produzenten begannen – entgegen der Absicht der Opec – die Förderung wieder auszuweiten. Die Internationale Energieagentur (IEA) erwartet, dass die US-Schieferölproduktion dieses Jahr 430 000 Fass pro Tag  steigt. Das Ölexportkartell sah sich in der Folge gezwungen, seine Menge-vor-Preis-Politik aufzugeben und wieder zu Förderquoten zurückzukehren, um zu verhindern, dass der Ölpreis ins Bodenlose sank und die Einnahmen seiner Mitgliedstaaten zu stark beeinträchtigt wurden.

Die Unsicherheit, ob die Überproduktion durch die Kehrtwende der Opec beseitigt werden kann und die Ölpreise wieder steigen, lastet auf den Kursen der Aktien der Schieferölförderer. Wer deshalb jetzt einsteigt, wettet darauf, dass es der Opec doch noch gelingt, den Ölmarkt zu stabilisieren.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.