Der Genfer Uhrensalon zeigt, auf welche Trends die Branche der Zeitmesserhersteller in diesem Jahr setzt. Eine Übersicht.
Es ist ein Schaulaufen der Neuigkeiten. Der Genfer Uhrensalon – auch SIHH (Salon International de la Haute Horlogerie) genannt – ist der erste Treffpunkt der Branche, der Einblicke in die Stossrichtung der grossen Marken ermöglicht.
Interessanterweise verfolgen die Uhrenhersteller meist synchron fast identische Ziele – als wäre es im Voraus abgesprochen worden. Im vergangenen Jahr standen beispielsweise Frauenuhren im Fokus der Manufakturen. Heuer sind es gleich drei Trends, die mehrere Marken verfolgen.
1 – So dünn wie möglich
Bahnbrechende Innovationen sind an der Genfer Uhrenmesse meist nicht zu sehen. Dafür ist der jährliche Rhythmus zu kurz bemessen. Dennoch versuchen dieses Jahr verschiedene Uhrenbrands, ihre Zeitmesser so dünn wie möglich zu konstruieren. «Slim is in», lautet das Hauptmotto der Messe.
Allen voran bei Piaget. Die Genfer Manufaktur, geführt von der 42-jährigen Chabi Nouri, präsentiert am SIHH die dünnste je gebaute Armbanduhr. Die Altiplano Ultimate Concept ist gerade mal 2 mm dick. Statt wie bisher aus vier Schichten besteht die vorerst unverkäufliche Konzeptuhr aus noch zwei Ebenen.
Unverkäuflich deshalb, weil beim Streben nach einer möglichst schlanken Uhr nicht garantiert werden kann, dass sie unter jeglichen Umständen tatsächlich schadlos bleibt. Vier Jahre lang haben die Ingenieure von Piaget getüftelt, um eine derart dünne Uhr zu konstruieren.
In den Verkauf kommt hingegen die 4,3 mm dicke Altiplano Ultimate Automatic. Hier hat der Prozess zur Herstellung drei Jahre gedauert. Die grösste Herausforderung bestand darin, Finessen und Stabilität in Einklang zu bringen.
Aber auch andere Brands setzen auf dünne Uhren. Audemars Piguet hat in ihrer Royal-Oak-Linie eine Uhr konzipiert, die 30% dünner ist als die herkömmlichen Zeitmesser. Das Modell Royal Oak RD#2 Perpetual Calendar besteht statt wie bisher aus drei Ebenen aus noch einer. Lünette, Uhrwerk und Gehäuseboden sind in einer Schicht integriert.
Nicht ganz in diesen Sphären bewegt sich Vacheron Constantin. Ihre Overseas Ultra-Thin Perpetual Calendar ist nochmals überarbeitet und auf eine Dicke von 8,1 mm geschrumpft worden. Dies ist bemerkenswert für eine Uhr mit der Komplikation des ewigen Kalenders, der Wochentag, Monat, Jahr und Mondphase anzeigt.
2 – Zurück in die Vergangenheit
Ebenfalls ins Auge sticht der Hang zu Retrouhren. IWC hat zum 150-Jahr-Jubiläum eine grössere Auswahl an Uhren überarbeitet und hat ein Modell im Sortiment, dessen Konzept 130 Jahre alt ist. Die Tribute to Pallweber Edition 150 Years hat ihre Wurzeln in der Taschenuhr, die IWC ganz zu Beginn produziert hatte. Die minimalistisch gehaltene Uhr besitzt eine Anzeige der Stunden und der Minuten auf Scheiben.
Auf modernisierte Vergangenheit setzt auch Montblanc mit ihrer Linie 1858. Die Zahl bezieht sich auf das Gründungsjahr der Manufaktur. Vacheron Constantin versucht mit ihrer Fiftysix-Linie ein jüngeres Publikum für die Haute Horlogerie zu begeistern. Die Zahl, die an die Zeit cooler Jazzclubs erinnern soll, bildet gemäss eigenen Aussagen einen «zeitgenössischen Retrostil» ab.
3 – Individuell und wandelbar
Eine fixe Kombination von Armband und Uhr ist in Zeiten von aufstrebenden Millennials, die auf Individualisierung setzen, nicht mehr zeitgemäss. Das haben inzwischen auch die Uhrmacher verstanden. Bereits im vergangenen Herbst hatte IWC-Chef Chris Grainger-Herr angekündigt, man wolle diesem Trend künftig Rechnung tragen, ohne dabei in die Details zu gehen.
Andere Marken präsentieren in Genf bereits ihre Lösung: ein einfaches Klippsystem nun auch bei Männeruhren, um die Armbänder ohne Aufwand zu lösen und zu befestigen. Zu diesen Brands gehört unter anderem Tag Heuer mit der modular aufgebauten Smartwatch Connected. Das Gesamtpaket mit intelligenter Uhr und Chronometer umfasst auch mehrere Armbänder.
Auch Cartier, Richemonts wichtigste Schmuck- und Uhrenmarke, setzt neu auf auswechselbare Armbänder. Man wolle den Kunden den bislang mühsamen Gang zum Uhrenhändler, um Armbänder auszutauschen, ersparen, hiess es an einer Präsentation.
Von Uhrwerken bis Modefarben
Neben den drei Haupttrends bietet der Genfer Uhrensalon ein paar weitere interessante Innovationen. Baume & Mercier hat erstmals ein eigenes Uhrwerk entwickelt – auf Basis von Big Data. Während fast zehn Jahren sammelte die Manufaktur die Daten von Serviceleistungen. Das Ziel lautete, ein Uhrwerk zu entwickeln, das die grössten Mängel weitgehend eliminiert.
Mit dem mit der Hilfe der Richemont-Entwicklungsabteilung hergestellten Baumatic-Uhrwerk konnte nicht nur die Energiereserve von bislang zwei auf fünf Tage erweitert werden. Gleichzeitig ist die Uhr weitgehend entmagnetisiert. Das heisst, dass sie deutlich länger eine genaue Zeit anzeigt.
Aus dem Hause Cartier stammt das Modell Révélation d’une Panthère. Auf seinem Zifferblatt befinden sich Hunderte von kleinen Goldkügelchen, die lose auf dem Zifferblatt liegen und je nach Bewegung der Uhr einen Pantherkopf skizzieren.
Am Rande des SIHH präsentiert Hublot, die Schweizer Uhrenmarke des französischen Luxuskonzerns LVMH (MC 287 -0.24%), eine durchweg in Grün gehaltene Linie. «Grün ist das neue Blau», lautet ihr Motto. Damit wird darauf angespielt, dass seit einem bis zwei Jahren viele Hersteller auf blaue Zifferblätter setzen. Hublot will nun Grün zur Trendfarbe machen.
Höhere Durchschnittspreise
Beim Gang durch die Messe fällt auf, dass mehrere Marken versuchen, mit günstigen Einstiegspreisen um 4000 Fr. neue Kunden zu gewinnen. Panerai beispielsweise bietet neu Einsteigermodelle um dieses Niveau an, früher hatten die günstigsten Zeitmesser noch gegen 4500 Fr. gekostet.
Im Kontrast dazu berichten Händler, dass die Durchschnittspreise für Luxusuhren tendenziell steigen. Tatsächlich präsentieren Marken wie Cartier und Lange & Söhne wieder vermehrt hochpreisige Modelle in der Bandbreite von 100’000 bis 200’000 Fr.
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