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15:35 Uhr - 11.02.2021

Clariant überrascht mit hoher Widerstandskraft

Mit einem starken Finish hat das Spezialchemieunternehmen die Erwartungen für 2020 übertroffen. Der Ausblick ist vage.

Es hat gut gereicht. Clariant-Finanzchef Stephan Lynen sieht seine und die Ambition des ganzen Unternehmens erfüllt. Er wollte die nach neun Monaten zu Buche stehende Ebitda-Marge von 14,8% über die Ziellinie des Gesamtjahres bringen. Mit 15%, vor Einmaleffekten 16%, ist das besser als erwartet gelungen. Selbst wenn das unter den 15,7% (ohne Rückstellungen für einen Kartellfall) vom Vorjahr liegt, ist es in Anbetracht der Umstände sehr respektabel – und macht Mut für bessere Zeiten.

Zu Letzterem trägt auch bei, dass die Effizienzprogramme und die Anpassung des Kostenmantels an die geringere Unternehmensgrösse gut vorankommen, wie Lynen im Gespräch mit FuW sagt.

Gefragte Produkte

Im Umsatz präsentiert sich das Bild auf den ersten Blick weniger erfreulich. Ein Minus von 12% ist viel und tut weh. Doch in lokalen Währungen – ohne Wechselkurseinflüsse – sind es nur rund 5% weniger. Dieses Minus setzt sich zusammen aus einer Volumenminderung von 7% und einem positiven Preiseffekt von 2%.

Der Umsatzrückgang in lokalen Währungen rührt im Wesentlichen vom Geschäft mit Ölfeldchemikalien, von Produkten für industrielle Anwendungen sowie vom Aviatikgeschäft (Enteisungsmittel für Flugzeuge) her. Im positiven Preiseffekt spiegelt sich ausser den Preisen der einzelnen Produkte auch eine günstigere Umsatzstruktur bzw. ein besserer Mix mit mehr teureren Produkten. All das lässt auf ein insgesamt gefragtes Portfolio schliessen.

Richtig reagiert

Clariant (CLN 18.79 -2.29%) profitiere zusehends vom hochwertigeren, defensiveren Portfolio, fasst Philipp Gamper, Analyst der Zürcher Kantonalbank, die Jahreszahlen zusammen. Tatsächlich ist das Spezialchemieunternehmen nie so robust gewesen wie heute. Auch der neue CEO Conrad Keijzer, erst seit Anfang Jahr im Amt, ist davon angetan. Gegenüber FuW sagte er: «Dass ein Spezialchemieunternehmen die Marge einigermassen halten kann, ist nicht aussergewöhnlich. Doch Clariant hat das besser gemacht als andere.»

Gelungen sei das vor allem dank der schnellen Anpassung an die veränderten Umstände, erklärte CFO Lynen. Er spricht von vielen verschiedenen Dimensionen, vom Kostenmanagement über das Margenmanagement bis zur Aufrechterhaltung der Lieferfähigkeit, und streicht als zusätzliches Element den Cashflow heraus. Dieser konnte unter anderem dank einer Reduktion des Umlaufvermögens merklich erhöht werden.

Ein Teil der Einsparungen werde mit steigendem Umsatz zurückkommen, einiges sollte aber von Dauer sein.

Schlechte Sicht

Mit Blick voraus setzt Clariant weiter auf die Fünfsäulenstrategie mit den Schwerpunkten Innovation, Mehrwert durch Nachhaltigkeit, Neupositionierung des Portfolios, Intensivierung des Wachstums – insbesondere in Asien und China – sowie Leistungssteigerung. Die Ambitionen im Bereich Umwelt, Gesellschaft und Governance werden erhöht, unter anderem durch verschärfte Ziele für die CO2-Reduktion.

Im Ausblick traut sich das Management nicht, über das laufende Quartal hinauszuschauen. Die Sicht sei alles andere als gut, sagt CEO Keijzer. Viel hänge von der Dauer und dem Erfolg der Impfkampagnen ab. Eine Grundzuversicht unter den Kunden sei aber da. Der im Januar aktualisierte Weltwirtschaftsausblick des IWF geht für 2021 von einem Weltwirtschaftswachstum von 5,5% aus. «Unter dieser Voraussetzung können auch wir wachsen», lässt sich Stephan Lynen doch noch entlocken.

Angemessen bewertet

Im laufenden Quartal sei einerseits anhaltender Gegenwind aus dem Bereich Ölfeldchemikalien und vom Enteisungsgeschäft zu spüren, andererseits setze sich die Erholung anderer Geschäfte fort. Alles in allem geht Clariant davon aus, dass der währungsbereinigte Umsatz im Vorjahresvergleich etwas geringer ausfallen wird. Die Ebitda-Marge dagegen soll auf dem Niveau der Covid-freien Vorjahresperiode, auf 15,4% nach Einmaleffekten, gehalten werden – trotz steigender Rohmaterial- und Logistikpreise.

Die FuW-Schätzung für den Gewinn je Aktie des laufenden Jahres wird wegen einer höheren Umsatzerwartung leicht auf 0.86 Fr. vor Einmaleffekten angehoben. Auf Basis der neuesten Schätzung, und weil die Titel gegenüber dem europäischen Chemiesektor jüngst etwas zurückgeblieben sind, ist die Bewertung im Branchenvergleich angemessen – und mit Blick auf bessere Zeiten, die früher oder später kommen werden, nicht ohne Reiz. Ginge vom Grossaktionär Sabic weniger Unsicherheit aus, wäre Clariant ein vorsichtiger Kauf. So aber bleibt es vorerst beim «Halten».

Die komplette Historie zu Clariant finden Sie hier.»

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