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18:37 Uhr - 25.10.2016

Das Milliardengeschäft mit der Wut

Erzkonservative US-Medien wie Fox News hetzen ihr Publikum auf, um daraus Profit zu schlagen. Mischt Trump bald mit einem TV-Sender mit?

Der Countdown läuft. Bis zu den US-Präsidentschaftswahlen sind es weniger als zwei Wochen. Viele Amerikaner sind froh, wenn der Zirkus am 8. November endlich vorbei ist, erleben sie doch die wohl hässlichste Schlammschlacht in der modernen Landes­geschichte. Mitverantwortlich dafür sind ultrakonservative Medien wie Fox News. Um Kasse zu machen, heizen sie das ­politische Klima auf und verbreiten selbst düsterste Verschwörungstheorien.

zoomFür ihr Geschäftsmodell ist Donald Trump der ideale Präsidentschaftskandidat. Er schneidet in den Umfragen zwar so schlecht ab, dass die republikanische ­Partei kaum noch Chancen auf das Weisse Haus hat und wohl auch die Kontrolle über das Parlament verliert. Solange die Zuschauerzahlen stimmen, stört das die Propagandamaschine am rechten Rand jedoch kaum. Auch ist schwierig zu sagen, inwiefern sich Trump überhaupt noch um das Wahlergebnis kümmert. Es häufen sich Anzeichen dafür, dass er aus seiner populistischen Kampagne nun vor allem Profit schlagen und mit Trump TV einen eigenen Sender lancieren will.

«Ein solches Vorhaben würde kaum überraschen», sagt Robert George, Mitglied der Redaktionsleitung der New ­Yorker Tageszeitung «Daily News». Der vormalige Stratege in Diensten der republikanischen Parteileitung weist darauf hin, dass sich Trump im Showbusiness bestens auskennt und sich in den USA mit der Reality-TV-Sendung «The Apprentice» einen Namen gemacht habe. Mit Breitbart-News-Chef Stephen Bannon steuere zudem ein Medienmacher aus der ultrarechten Ecke Trumps Kampagne. Laut der «Financial Times» fädelt Trumps Schwiegersohn erste Kontakte zu Investoren ein.

Explosive Stimmung

Unbestritten ist, dass Trump einen empfindlichen Nerv der Bevölkerung trifft. Die Wirtschaft stolpert seit der Finanzkrise vor sich her, und ein durchschnittlicher Haushalt verdient heute weniger als Ende der Neunzigerjahre. Gemäss dem Umfrage­institut Gallup sind 70% der Amerikaner mit dem Kurs unzufrieden, auf dem sich das Land bewegt. Besonders gross ist der Unmut unter den weissen Arbeitern. Sie gehören zu den Hauptleidtragenden des Niedergangs der US-Industrie und sind von der grossen Rezession 2008/09 schwer getroffen worden.

Wie mit fast allem in Amerika, wird mit ihrer Wut Geld gemacht. Zu den Pionieren zählt der Radiokommentator Rush Limbaugh, der den Zorn bereits seit den Achtzigerjahren mit seiner Talk Show bewirtschaftet. Gemäss dem Wirtschaftsmagazin «Forbes» hat er damit ein Vermögen von einer halben Milliarde Dollar angehäuft. Mitte der Neunzigerjahre wandte der Medienmogul Rupert Murdoch das Erfolgskonzept aufs Fernsehen an. Er ­beauftragte Roger Ailes als vormaligen Medienberater der Präsidenten Nixon und Reagan mit dem Aufbau von Fox News. Mit dem Aufkommen des Internets breitete sich zu dieser Zeit auch der ­Onlinedienst «Drudge Report» aus, der die Affäre von Präsident Clinton mit der Praktikantin Monica Lewinsky aufdeckte.

zoomHeute ist Fox News das Sammelbecken konservativer Strömungen. 2008 hat der Sender mit den Einnahmen erstmals CNN überholt und ist zum Propaganda-Organ der Tea-Party-Bewegung avanciert. Mit 2,3 Mrd. $ erwirtschaftet er inzwischen fast doppelt so viel Umsatz wie CNN, zeigen Daten des Pew Research Center. «Für ­annähernd die Hälfte der konservativen Wähler ist Fox News die Hauptquelle für Informationen über Politik. Damit kann keine andere Nachrichtenquelle mithalten», hält die Denkfabrik fest. Scharfmacher wie Bill O’Reilly und Sean Hannity, deren Formate Fox News zur Hauptsendezeit die besten Einschalt­quoten im Nachrichtenfernsehen einbringen, sind Multimillionäre.

Das Motto von Fox News heisst zwar «fair and balanced». Mit ausgewogener Berichterstattung haben die meisten Sendungen jedoch kaum etwas zu tun. Zitate werden aus dem Kontext gerissen, Spe­kulationen als Tatsachen dargestellt und Aspekte, die der Meinungsmache in die Quere kommen, ausgeblendet. Derweil nimmt die Polarisierung in Amerika ­immer weiter zu. 1994 sagten 17% der ­republikanischen Wähler, dass sie ein ausgesprochen negatives Bild von der demokratischen Partei haben. Inzwischen sind es mehr als 40%. Ähnlich sieht der Trend auf der Seite der Demokraten aus.

Das Gift der Propaganda

«Personen, die sich bereits am Rand des politischen Spektrums bewegen, werden durch parteiische Medien wie Fox News auf noch extremere Positionen gedrängt», sagt Matt Levendusky, Politikforscher an der Universität Pennsylvania. Zudem ­würden Fox-Zuschauer die radikalen ­Ansichten des Senders in ihrem sozialen Netzwerk verbreiten. «Selbst Leute, die nie Fox News sehen, hören so von den extremen Argumenten, weil sich ihre Freunde oder Familienmitglieder die Sendungen anschauen», erklärt Levendusky.

Ohne diese jahrelange Vorarbeit hätte es Trump kaum zum Kandidaten der Republikaner geschafft. Seine Kampagne ist aber so radikal, dass er sogar mit Fox News auf Konfrontation geht. Lieber spannt er mit der ultrarechten Internet-Seite Breitbart News zusammen, die wirrste Spe­kulationen kolportiert: von Zweifeln an der Staatsbürgerschaft Präsident Obamas über einen schweren Hirnschaden Hillary Clintons bis hin zur gross angelegten Manipulation der Wahlen. Trump reisst damit auch durch Fox News einen tiefen Graben, wie der Rausschmiss von CEO Ailes im Juli zeigt. Trump hat so nicht nur die republikanische Partei geschwächt, sondern auch ihr wichtigstes Sprechorgan – ideale Voraussetzungen für seinen TV-Sender.

Heikler MegadealEs ist der grösste Deal des Jahres: Der US-Telecomkoloss AT&T will für gut 85 Mrd. $ das Medienhaus Time Warner kaufen. Die in Bargeld und Aktien unterbreitete Offerte kommt 107.50 $ je Titel gleich. Das sind 36% Prämie auf den Kurs der Time-Warner-Valoren, bevor gegen Ende letzte Woche erste Gerüchte über das Zusammengehen aufkamen. Als beratende Banken sind J. P. Morgan Chase, Bank of America, Citigroup und Morgan Stanley involviert. AT&T geht es bei der Übernahme um Inhalte, die der Konzern dann über seine Infrastruktur verteilen kann. So gehören zu Time Warner der Nachrichtensender CNN, das Bezahlfernsehen HBO mit Erfolgsserien wie «Game of Thrones» und «True Detective» sowie das Filmstudio Warner Bros.

Die US-Medienlandschaft bleibt damit in Bewegung. Vergangenes Jahr hat AT&Ts Erzrivale Verizon das Internetportal AOL für 4,4 Mrd. $ akquiriert und ist gegenwärtig mit der 5 Mrd. $ teuren Übernahme des Internetgeschäfts von Yahoo beschäftigt. An einer Grossakquisition arbeitet ferner der Kabelbetreiber Charter Communications. Er will für 66 Mrd. $ den Branchennachbarn Time Warner Cable kaufen, den Time Warner 2009 als separate Gesellschaft abgestossen hat. 2013 hat zudem Branchenprimus Comcast für knapp 17 Mrd. $ die restliche Beteiligung von General Electric am Fernsehnetzwerk NBC Universal übernommen. Bis dieser Deal von Washington bewilligt wurde, dauerte es mehr als ein Jahr. Der Schulterschluss zwischen AT&T und Time Warner ist daher nicht in trockenen Tüchern. Knapp zwei Wochen vor den Wahlen sind von demokratischer wie auch republikanischer Seite starke Vorbehalte dagegen zu vernehmen. Die Wettbewerbshüter werden genau unter die Lupe nehmen, was der Megadeal mit Blick auf Marktkonzentration, Preise und mögliche Bevorzugung von Medieninhalten bedeutet. AT&T hat bei den Kartellwächtern bereits 2011 auf Granit gebissen, als der Konzern den Konkurrenten T-Mobile US für 39 Mrd. $ schlucken wollte.

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