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16:31 Uhr - 13.04.2016

Abfuhr für US-Grossbanken

Die Pläne zur Abwicklung amerikanischer Finanzkolosse weisen noch immer erhebliche Mängel auf. Zu diesem Schluss kommen die beiden wichtigsten US-Bankenregulatoren. Die Rüge heizt die Too-Big-To-Fail-Debatte weiter an.

Seit der Finanzkrise sind bald acht Jahre vergangen. Dennoch tun sich die amerikanischen Grossbanken bis heute mit strengeren Auflagen schwer. Das zeigen ihre Pläne zur Abwicklung in einem Ernstfall, die am Mittwoch von den zwei wichtigsten Regulatoren weitgehend als «unglaubhaft» zurückgewiesen wurden.

«Keine Firma hat bis jetzt bewiesen, dass sie im Fall der Insolvenz auf geordnete Weise eine Abwicklung durchführen kann», konstatiert Thomas Hoenig, stellvertretender Chef der Bankenaufsicht FDIC. «Das Ziel, Too-Big-To-Fail zu beenden und den amerikanischen Steuerzahlern eine Rettungsaktion zu ersparen, bleibt was es ist: nur ein Ziel», hält er ernüchternd fest.

Um die Wirtschaft vor einem erneuten Kollaps des Bankensystems zu schützen, haben die USA seit der Finanzkrise verschiedene Massnahmen getroffen. Ausser strengeren Kapitalauflagen zählen dazu unter anderem sogenannte «Living Wills» oder «Patientenverfügungen», mit denen die grössten Institute aufzeigen müssen, wie sie sich selbst auflösen können, ohne dabei das Finanzsystem zu gefährden.

Bereits die zweite Abfuhr

Die acht grössten Kolosse, zu denen JP Morgan Chase (JPM 61.7999 4.25%), Bank of America (BAC 13.765 3.73%), Citigroup (C 43.93 4.84%), Wells Fargo, Goldman Sachs (GS 159.23 3.19%), Morgan Stanley (MS 25.5685 4.02%), State Street (STT 59.04 2.7%) und Bank of New York Mellon gehören, mussten dazu im Sommer 2012 erstmals entsprechende Unterlagen bei der FDIC sowie bei der US-Notenbank einreichen. Nachdem sie bereits damals abgeblitzt waren, haben sie nun erneut eine Abfuhr erhalten.

Noch am besten weggekommen ist Citigroup. Der Branchenriese, der in der Finanzkrise gleich mehrmals Steuergelder in Anspruch nehmen musste, ist die einzige Bank, deren Notfallplan nicht rundweg abgewiesen wurde. Auch im Fall von Citigroup stellen die Regulatoren allerdings «Fehler, die von der Firma behoben werden müssen», fest. Das Wallstreethaus hat dazu bis Juli 2017 Zeit.

Für die Aufsichtsbehörden entscheidend ist, dass die Pläne glaubwürdig sind und den Vorschriften zu einem geregelten Insolvenzverfahren entsprechen, die seit 2010 in der Finanzmarktreform Dodd-Frank festgelegt sind. Ausser Citigroup müssen alle anderen sieben Banken bis 1. Oktober die Mängel korrigieren. Sonst drohen «strengere Grundsatzanforderungen», wozu höhere Kapitalauflagen, Wachstumsbeschränkungen und andere Sanktionen zählen können.

JP Morgan-Chef ist enttäuscht

Bei Branchenprimus JP Morgan kritisieren die Behörden beispielsweise Schwachpunkte mit Blick auf die Liquidität und die Abtrennung zwischen einzelnen Geschäftseinheiten. JP Morgan-Chef Jamie Dimon zeigte sich über den Befund enttäuscht, versprach aber, die Probleme zu beheben. «Wenn andere Firmen die Auflagen zu den Notfallplänen erfüllen können, dann wäre ich überrascht, wenn uns das nicht gelingen würde», sagte er während der Präsentation der Quartalszahlen.

Uneinig sind sich die Regulatoren im Fall der Investmenthäuser Goldman Sachs und Morgan Stanley. Während die FDIC die Abwicklungspläne von Morgan Stanley durchwinkt, spricht die US-Notenbank Vorbehalte aus. Gerade die entgegengesetzte Position nehmen die beiden Aufsichtsorgane bei Goldman Sachs ein.

Druck auf Grossbanken wächst

Der erneute Rückschlag mit den Notfallplänen gibt Kritikern der Grossbanken ein weiteres Argument für eine noch schärfere Regulierung der Branche. Sogar Vertreter der US-Notenbank ziehen inzwischen die Aufspaltung systemrelevanter Finanzkolosse in Betracht. Zudem müssen Institute wie JP Morgan und Citigroup auf Druck von Aktionären an der kommenden Generalversammlung über solche Schritte abstimmen.

Trotz der Ablehnenden Haltung der Regulatoren rückten die Aktien amerikanischer Grossbanken am Mittwoch vor. Das mag einerseits damit zu tun haben, dass der Quartalsabschluss von JP Morgan besser ausgefallen sind als befürchtet. Zudem zeigt das relativ glimpfliche Verdikt für Citigroup, dass die Aufsichtsbehörden die Abwicklungspläne zumindest nicht kategorisch verwerfen, wenn sie gewisse Fortschritte erkennen.

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