Zurück zur Übersicht
11:35 Uhr - 20.08.2019

Onno van de Stolpe: Kreativ, visionär und beharrlich zum Erfolg

Der Gründer und Chef des niederländisch-belgischen Biotech-Konzerns Galapagos macht an der Börse Furore.

«Wir schreiben Geschichte», sagt Onno van de Stolpe und strahlt über das ganze Gesicht. Auslöser ist der Vertrag, den der Chef von Galapagos im Juli mit Gilead (GILD 64.11 1.54%) Sciences abgeschlossen hat. Der US-Riese investiert per Saldo 5,1 Mrd. $ und erhöht seine Beteiligung am belgisch-niederländischen Biotech- und Pharmaunternehmen von 12,3 auf 22%. Ausserdem erhalten die Amerikaner die Option, den Anteil an Galapagos bis auf 29,9% aufzustocken.

Gilead erhält ferner Zugang zu den Forschungslabors von Galapagos in Belgien, den Niederlanden und Frankreich und verpflichtet sich, das Unternehmen in den nächsten zehn Jahren nicht zu übernehmen. Ausserdem kann der US-Konzern zwei Mitglieder in die Galapagos-Geschäftsführung entsenden. Galapagos-Aktien gewannen dank der Transaktion gut 20% und kommen auf einen Börsenwert von rund 8,3 Mrd. €. Sie sind per Jahresbeginn mit +88% auf 150 € Gewinner im Amsterdamer Blue-Chip-Index AEX (AEX 546.71 -0.22%). Nach dem Börsengang 2005 notierten die Titel noch unter 7 €.

Van de Stolpe studierte Biologie (Molekulare Virologie) und arbeitete nach dem Studium 1987 bis 1999 bei verschiedenen Biotech-Unternehmen in den Niederlanden und in den USA bei Biogen (BIIB 235.72 1.74%). Für die Foreign Investment Agency der Niederlande in Kalifornien warb er bei US-Unternehmen, besonders aus dem Silicon Valley, in den Niederlanden zu investieren.

Zurück in der Heimat gründete der heute 59-Jährige 1999 zusammen mit zwei Wissenschaftlern Galapagos. Die Kollegen hatten ebenfalls an der Universität Wageningen studiert. De facto entstand das Biotech-Unternehmen aus der Fusion der niederländischen Crucell und der belgischen Tibotec. Van de Stolpe leitete damals die Biotech-Sparte von Crucell, die ausgegliedert wurde und fortan unter Galapagos firmierte.

«Ich war damals ein CEO von fast nichts», erinnert er sich an die Zeit in einem Interview mit der belgischen Wirtschaftszeitung «De Tijd». «Aber ich hatte den Ehrgeiz, ein Medikament zu entwickeln und ein Biotech-Unternehmen aufzubauen.» Das ist ihm gelungen. Aber es hat zwanzig Jahre gedauert. Onno van de Stolpe ist Stratege und denkt langfristig. Er ist kreativer Visionär. Und er setzte seine Visionen um.

Heute beschäftigt Galapagos rund 700 Mitarbeiter. 2018 ergab sich bei einem Umsatz von rund 320 Mio. € ein Verlust von 20 Mio. Die Kasse ist mit rund 1,3 Mrd. € gut gefüllt. Der Hauptsitz von Galapagos ist in Mechelen, Belgien, «weil hier das Umfeld für Biotech-Unternehmen besonders günstig ist», wie van de Stolpe weiss.

Zusammen mit dem US-Partner Gilead entwickelte Galapagos das Anti-Rheuma-Medikament Filgotinib. Es soll Anfang 2020 auf den Markt kommen und ist ein potenzieller Blockbuster. Es könnte den Umsatz von Galapagos explodieren lassen und das Unternehmen 2020 erstmals in die Gewinnzone bringen. Weitere Medikamente sind in der Pipeline, ebenfalls mit Blockbuster-Potenzial. Galapagos arbeitet in der Forschung auch mit Novartis (NOVN 88.09 0.23%) zusammen.

Der Niederländer wohnt mit seinem elfjährigen Sohn in einer feudalen, aus dem Jahr 1774 stammenden Villa in der Nähe von Leiden an einem Mündungsarm des Rheins. Kaufpreis im Jahr 2010: 2,8 Mio. €. Allerdings musste er noch weitere Millionen in das Denkmal geschützte Anwesen investieren. Bei der Renovierung legte er selbst mit Hand an.

Er hat nach eigener Aussage einen «Hang zu grossen Dingen». «Ich habe den Kilimandscharo bestiegen, einen Marathon absolviert und die Elfstedentocht gelaufen», erzählt er. Letzteres ist ein Schlittschuhmarathon über die zugefrorenen Grachten und Kanäle in der Provinz Friesland in den Niederlanden. Wer sie schaffen will, braucht Kraft und Ausdauer. All das hat Onno van de Stolpe vorzuweisen. Ferner wird ihm nachgesagt, er sei durchaus ein Bon Vivant. Sein 1%-Paket an Galapagos ist immerhin 83 Mio. € wert. Dividende wirft es – wie üblich für Biotechs – freilich keine ab.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.