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14:00 Uhr - 05.03.2021

Polyphor erweitert die Pipeline

Das Biotech-Unternehmen hat 2020 den Verlust reduziert. Es richtet sich noch mehr auf Onkologie aus, sieht aber eine Möglichkeit bei Corona.

Mit den Jahreszahlen hat Polyphor (POLN 7.28 -4.46%) am Freitag eine ganze Palette neuer Projekte präsentiert. Ihren Wirkstoff Balixafortide will sie auch in Kombination mit der Chemotherapie Nab-Paclitaxel (Abraxane) in früheren Behandlungslinien für Frauen mit metastasierendem Brustkrebs testen. Eine Phase-Ib/II-Studie soll im dritten Quartal beginnen, wenn es die Situation aufgrund der Pandemie zulässt.

Die Forscher des Biotech-Unternehmens haben ausserdem ein ähnliches Molekül identifiziert, das in präklinischen Untersuchungen Potenzial in Blutkrebsarten gezeigt hat. Wie Balixafortide ist es ein CXCR4-Inhibitor.

Polyphor macht in der Medienmitteilung keine Angaben zu weiteren Plänen. Aber es scheint klar, dass sie damit ihre Attraktivität erhöhen will. Neben Balixafortide hat sie nun einen zusätzlichen Onkologiewirkstoff, der das Interesse potenzieller Partner aus der Pharmaindustrie wecken könnte.

Studie mit Coronapatienten möglich

Interesse sollte auch die Mitteilung wecken, dass Balixafortide eine Wirkung gegen das Coronavirus gezeigt hat. Neben dem antiviralen Potential könnte das Mittel auch den Krankheitsverlauf mildern. Der CXCR4-Inhibitor würde die überschiessende Immunreaktion (Zytokinsturm) dämpfen und Blutgefässe und Lunge schützen. Polyphor lotet die Möglichkeit einer Phase-II-Studie an Coronapatienten aus. Da das Nebenwirkungsprofil bekannt ist, kann die erste Phase wahrscheinlich übersprungen werden.

Das wichtigste Projekt, die Entwicklung von Balixafortide in Kombination mit dem Brustkrebsmittel Eribulin, ist auf Kurs. Im zweiten Quartal soll, wie zuvor angestrebt, die Ansprechrate bekannt werden, im vierten Quartal folgen Daten zum Hauptziel, dem Überleben.

Finanzen reichen bis ins dritte Quartal

Nachdem die letzte Patientin im Dezember rekrutiert wurde, rechnet Polyphor mit tieferen Entwicklungskosten im laufenden Jahr. 2020 beliefen sie sich auf 52,3 Mio. Fr, was bereits 14% weniger war als im Vorjahr. Auch die administrativen Kosten sind leicht gesunken. Der operative Verlust konnte ein Drittel auf 42,4 Mio. Fr. reduziert werden. Unter dem Strich steht ein Verlust von 45 Mio. Fr. (−30,5%). Die liquiden Mittel haben per Ende Jahr noch gute 34 Mio. Fr. betragen, nach 77 Mio. ein Jahr zuvor.

Polyphor ist damit bis ins dritte Quartal finanziert. Sie kann also nicht warten, bis das Endresultat von Balixafortide vorliegt. Im Zuge der Publikation der Ansprechrate dürfte sie eine finanzielle Anschlusslösung präsentieren, möglicherweise auch schon früher.

Studie für Antibiotikum startet später

Die Ankündigung neuer Entwicklungsprojekte konnte den Aktienkurs am Freitag zunächst nicht stimulieren, im Gegenteil. Polyphor dürfte dabei von der jüngst gestiegenen Risikoaversion im Zuge steigender Anleihenzinsen in Mitleidenschaft gezogen werden. Neben Technologietiteln verlieren auch Biotech-Aktien an Wert.

Polyphor stürzten im Frühling 2019 ab, als der damalige Hauptproduktkandidat scheiterte, zumindest in der intravenös verabreichten Form gegen Lungenentzündungen in Spitälern. Seither pendelt der Kurs recht stabil zwischen 6.50 und 8 Fr.

Das Antibiotikum Murepavadin soll nun in geringerer Konzentration in inhalierbarer Form gegen Lungeninfektionen in  Patienten mit zystischer Fibrose getestet werden. Ende 2020 hat Polyphor in Grossbritannien grünes Licht für eine Phase-I-Studie erhalten. Statt schon demnächst, wie zuvor angekündigt, soll diese nun erst im dritten Quartal starten. Die sogenannte Primärverpackung werde im Hinblick auf bessere Stabilität bis dahin optimiert.

Erfolg mit Balixafortide ist zentral 

Die Verzögerung sollte nicht auf Sparüberlegungen zurückzuführen sein, zumal die Phase-I-Studie mit 3,3, Mio. $ von der Cystic Fibrosis Foundation unterstützt wird. Auch die anderen Programme mit Antibiotika – der ursprüngliche Fokus des Unternehmens – sind weitgehend mit Fördergeldern finanziert. Sie richten sich allesamt gegen resistente Keime, bei denen fieberhaft nach Behandlungsmöglichkeiten gesucht wird. Sie liegen in der Entwicklung aber noch weiter vom kommerziellen Einsatz entfernt als Murepavadin.

Einstweilen ist Polyphor also auf einen Erfolg mit Balixafortide angewiesen. Konsequenterweise verstärkt sie ihre Bemühungen in diese Richtung und versucht, die Attraktivität des Wirkstoffs herauszustreichen, auch mit neuen möglichen Anwendungen.

Bei einem Börsenwert von etwas über 80 Mio. Fr. erscheint der Zeitpunkt für eine Aktienkapitalerhöhung nicht ideal. Um einen namhaften Betrag einzuspielen, müsste das bestehende Kapital stark verwässert werden. Gelingt es, Investoren oder Pharmavertreter von Polyphors Potenzial zu überzeugen, sollte die Verwässerung aber kein Hinderungsgrund sein. Das hat jüngst ObsEva (OBSV 3.24 -2.41%) gezeigt, deren Kurs nach einer Präsentation trotz Kapitalverwässerung ein Drittel stieg. Auch Polyphor sind riskant, bieten im Erfolgsfall aber erhebliches Aufwärtspotenzial.

Die komplette Historie zu Polyphor finden Sie hier. »

 

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