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14:36 Uhr - 13.03.2020

Berlin packt die grosse Geldbazooka aus

Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt die «schwarze Null» auf und ruft die «ausserordentliche Situation» der Schuldenbremse aus.

Freitag ist der Tag der Milliardenhilfen. Während in der Schweiz der Bundesrat ein Programm von 10 Mrd. Fr. verabschiedet (8 Mrd. Fr. allein für Kurzarbeit, vgl. Seite 19), aktiviert die deutsche Bundes­regierung eine unbegrenzte Kreditgarantie.  Sie soll Unternehmen mit vorüber­gehenden Zahlungsschwierigkeiten helfen, wie Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier verkünden. «Das ist die Bazooka», sagt Scholz auf einer Pressekonferenz. 

Der Finanzminister greift damit einen beliebten Vergleich mit einer Waffe der US-amerikanischen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg auf. Er wird benutzt, wenn Regierungen oder Notenbanken weitreichende Beschlüsse fassen. Darüber hinaus stellen die deutschen Minister in Aussicht, dass die Bundesregierung im weiteren Krisenverlauf auch zu Konjunktur­paketen bereit sei. Dies hatte auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann am Freitag in einem Interview mit der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» ins Spiel gebracht.

Noch können Politiker und Ökonomen kaum abschätzen, wie stark die Ausbreitung des Coronavirus die europäische Wirtschaft bremsen wird. Eine Woche lang hatten die Berliner Beamten konkrete Schritte geplant, nachdem sich die Spitzen der Koalition aus Union und SPD bereits am vergangenen Sonntag auf Grundsätze geeinigt hatten. 

Ohne Haushaltsausgleich

Im Wochenverlauf stellte Kanzlerin Angela Merkel dann in Aussicht, dass die Regierung nicht mehr unbedingt am politischen Grundsatz der «schwarzen Null» festhalten werde, der gerade in den konservativen Unions-Parteien noch bis vergangene Woche als sakrosankt galt. 

Die «schwarze Null» bedeutet, dass die Regierung sogar den in der verfassungsmässigen Schuldenbremse vorgesehenen Spielraum für die Neuverschuldung von 0,35% des Bruttoinlandprodukts (BIP) nicht ausschöpft und freiwillig Überschüsse schreibt. Dabei ist – wie in der  Schweiz – die konjunkturbedingte Schuldenaufnahme durch Steuerausfälle und höhere Sozialausgaben berücksichtigt.

Am Donnerstag erklärte die Kanzlerin schliesslich zu den Ausnahmen der Schuldenbremse, die in «aussergewöhnlichen Situationen» eine grössere Verschuldung erlauben: «Es ist jetzt wirklich nicht unser Thema, wie zum Schluss die Haushalts­bilanz aussieht. Wir sind in einer Situation, die in jeder Beziehung aussergewöhnlich ist – aussergewöhnlicher als zur Zeit der Bankenkrise.» So gehe es heute um gesundheitliche Probleme, auf die die Medizin bislang keine Antwort habe.

Eine halbe Billion ist sicher

Konkret stellten die Minister Scholz und Altmaier am Freitag in Berlin Folgendes vor: Die Kurzarbeiterregelung wird aus­geweitet. Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt dabei Lohnkosten sowie die Sozialausgaben. Auch Leiharbeitnehmer werden künftig eingeschlossen. Zudem wird es ein Milliarden-Schutzschild für Unternehmen geben. «Das Volumen dieser Massnahmen wird nicht begrenzt sein», erklären die Minister. 

Über ihre Hausbanken können Un­ternehmen Kredite und Bürgschaften bei der staatlichen KfW-Bank bekommen. Bestehende Liquiditätshilfen werden ausgeweitet und zusätzliche Sonderprogramme aufgelegt. Bislang hat die KfW einen Garantierahmen von 460 Mrd. €, der bei ­Bedarf um 93 Mrd. € erweitert wird. Dies entspricht 16% des BIP. Umgerechnet auf die Schweiz wären dies 112 Mrd. Fr. Sollte noch mehr nötig sein, bräuchte es einen Beschluss des Bundestags.

Die Chefin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, hatte am Donnerstag von den Euroregierungen verstärkte Ausgaben gegen die Coronaviruskrise gefordert. Es müsse finanzpolitisch eine «ambitionierte und abgestimmte» Antwort geben, sagte sie auf der Pressekonferenz nach der EZB-Sitzung.

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