Die Grossbank schreibt Verlust und trennt sich von altgedienten Managern. Aktien sind auf dem Tiefpunkt, aber nicht kaufenswert.
Seit letzter Woche ist bekannt, dass die kriselnde Grossbank auch für das erste Quartal rote Zahlen schreiben muss. Nicht nur die angekündigten Rückstellungen für Rechtsfälle bringen Verlust, auch die Vermögensverwaltung und das Investmentbanking – die Kerngeschäfte der CS – haben sich stark verlangsamt. Langjährige Spitzenkräfte wie Chefjurist Romeo Cerutti, Finanzchef David Mathers und der Leiter der Asien-Pazifik-Region, Helman Sitohang, werden wie gemutmasst ersetzt.
Den Markt vermochten diese Personalwechsel aber nicht zu besänftigen, im Gegenteil. Im Morgenhandel verloren die CS-Aktien weiter und notierten zeitweise tiefer als beim Coronaeinbruch im März 2020. Besserung ist bislang keine in Sicht. CEO Thomas Gottstein, der seinen Job behält und offenbar das Vertrauen von VR-Präsident Axel Lehmann geniesst, spricht weiterhin nur von einem «Übergangsjahr».
Dabei hat die Bank operativ an vielen Fronten Probleme. Ukrainekrieg und geldpolitische Straffung haben gemäss CS zu «erhöhter Volatilität» und einer «ausgeprägten Risikoaversion im Kundengeschäft» geführt. «Auch das Zurückfahren der Risiken haben die Erträge negativ beeinflusst», sagte Gottstein vor Analysten.
Ertragseinbruch
Doch während Konkurrentin UBS (UBSG 16.44 +1.14%) auch im aktuell schwierigen Marktumfeld solide Ergebnisse liefern konnte, hat CS in all ihren Geschäftsbereichen Mühe und musste teils stark rückläufige Erträge verzeichnen. Im Vergleich zur starken Vorjahresperiode gingen diese für die gesamte Bankengruppe um 42% auf 4,4 Mrd. Fr. zurück. In der strategisch wichtigen Vermögensverwaltung waren sie 44%, in der Investmentbank gar 51% kleiner.
In der Vermögensverwaltung belasteten insbesondere geringere Einnahmen aus Courtagen und Kredite, die Beteiligung an der Anlageplattform Allfunds, Rechtsrückstellungen sowie der Ukrainekrieg. Die allgemeine Reduktion von Risiken wirkte sich ebenfalls negativ auf die Ertragsentwicklung aus – konkret der Rückzug aus dem Geschäft mit Jacht-Finanzierungen und aus einigen afrikanischen Märkten.
Der Krieg hatte auch einen negativen Effekt auf das Investmentbanking. Kunden handelten und Firmen emittierten aufgrund der hohen Marktvolatilität weniger. Wegen der Risikoreduktion kam auch weniger Kapital zum Einsatz, etwa im Bereich Leveraged Finance. Die risikogewichteten Aktiven gingen um rund ein Fünftel zurück. Das ist strategisch gewollt und macht die Investmentbank sicherer, macht sie aber auch weniger einträglich.
Rote Zahlen
Auch in den kleineren Einheiten Schweizer Bank und Asset Management wurden Ertragsrückgänge von 8% respektive 10% verzeichnet. Sie konnten die massiven Rückgänge in den beiden grossen Bereichen aber nur wenig abfedern. Und während die Schweizer Bank neue Gelder anziehen konnte und traditionell der Stabilitätsanker der CS ist, musste das Asset Management Abflüsse verzeichnen. Auch unter dem neuen Spartenchef Ulrich Körner läuft es hier also nicht wirklich rund.
Die lahmenden Erträge führten auf Konzernebene zu einem Vorsteuerverlust von 428 Mio. Fr. – bedeutend mehr als erwartet. Unter dem Strich resultierte ein Nettoverlust von 273 Mio. Fr., wobei nebst den Rückstellungen auch das Russlandgeschäft das Ergebnis belastete.
Auch hat CS mit 7,9 Mrd. Fr. insgesamt bedeutend weniger Neugeld anziehen können als im ersten Quartal 2021 (28,4 Mrd. Fr.). Immerhin fliessen in der Vermögensverwaltung keine Gelder mehr ab. Die gesamthaft verwalteten Vermögen stagnieren und stehen mit 1,55 Bio. Fr. rund 3% niedriger als im Vorjahr.
Kostenexplosion
Während die Erträge auf breiter Front einbrachen, sind die Kosten um über ein Viertel auf 5 Mrd. Fr. stark angestiegen. Das geht einerseits auf die angekündigten zusätzlichen Rückstellungen für Rechtsfälle zurück (703 Mio. Fr.). Andererseits braucht CS aber auch wieder mehr Geld für aufgeschobene Vergütungen (214 Mio. Fr.).
Zusätzlich steckt die Bank 152 Mio. Fr. in die Verbesserung ihrer Risiko- und Compliance-Strukturen – was bitter nötig ist. CEO Gottstein erkennt zwar Sparpotenziale: «Wir sehen erste Kosteneinsparungen, etwa dank Outsourcing.» Finanzchef Mathers schränkt aber ein und sieht «wenig Flexibilität» den Kostenblock dieses Jahr wesentlich reduzieren zu können.
Die erodierenden Erträge und anhaltenden Verluste wirken sich negativ auf die Kapitalausstattung der Bank aus. Im Vergleich zur Vorperiode hat sich die harte Kernkapitalquote um 60 Basispunkte auf 13,8% zurückgebildet. Das ist noch über der gesetzlichen Vorgabe, aber unter dem von der Bank selbst gesetzten Zielwert von 14%.
Bemerkenswert ist zudem, dass die CS stärker als die UBS vom Ukrainekrieg betroffen ist. Der UBS-Gewinn wurde dadurch um rund 100 Mio. Fr. belastet, CS um mehr als das Doppelte. Wie UBS hat auch CS ihr Kredit-Exposure zu Russland deutlich reduziert, sodass die direkten Konsequenzen fortan beschränkt bleiben dürften. Die Auswirkungen der Sanktionen seien indes «signifikant», betont Noch-Finanzchef Mathers.
Kein Licht
Der Quartalsbericht der CS ist ernüchternd und lässt kein Licht am Ende des Tunnels erkennen. Positive Effekte der strategischen Anpassung und Risikoreduktion sind noch keine auszumachen. Die Betriebskosten dürften unvermindert hoch bleiben und die Rückkehr zu nachhaltiger Profitabilität ist dieses Jahr im aktuellen Marktumfeld nicht garantiert. Auch die Auswechslung langjähriger Führungskräfte und ein sich abzeichnender Strategiewechsel im Umgang mit Rechtsrisiken vermag keine positiven Impulse zu setzen.
Der Wert der CS-Aktien entspricht derzeit mit nicht einmal mehr der Hälfte der Vermögenswerte der Bank (Kurs-Buch-Verhältnis: 0,4). Das spiegelt das mangelnde Vertrauen der Anleger in Substanz und Aussichten des Unternehmens. Aktuell gibt es auch kaum Argumente, die für eine Höherbewertung und somit ein Engagement in den Aktien sprechen.
Die komplette Historie zu Credit Suisse finden Sie hier. »
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