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09:14 Uhr - 02.06.2015

Indiens Notenbank senkt Leitzins

Die RBI kam der Regierung mit einer leichten geldpolitischen Lockerung entgegen, doch macht sie eine weitere Öffnung des Kredithahns vom Wetter abhängig.

An ihrer geldpolitischen Sitzung vom Dienstag hat die indische Notenbank den Leitzins gesenkt – in diesem Jahr bereits zum dritten Mal in Folge. Wie es in einer Verlautbarung der Reserve Bank of India (RBI) heisst, soll damit privaten Investitionen stärkerer Rückenwind gegeben werden.

Der Referenzsatz wurde 25 Basispunkte auf neu 7,25% herabgesetzt. RBI-Gouverneur Raghuram Rajan kam damit einer Forderung der Regierung von Premierminister Narendra Modi nach, der das Wachstum durch die Mobilisierung von privatem Kapital antreiben will.

Schmaler geldpolitischer Pfad

Die Mindestreserveanforderungen der Banken blieben aber unverändert. Das zeigt, dass die RBI trotz jüngsten Fortschritten in der Bekämpfung der Teuerung auf einem schmalen geldpolitischen Pfad wandelt. Rajan liess verlauten, dass weitere Zinssenkungen von den sommerlichen Niederschlägen abhängen. Indien schaut gespannt auf den normalerweise dieser Tage einsetzenden Monsun.

Das Wetterphänomen hat wesentlichen Einfluss auf den Ernteertrag und damit auch auf die Lebensmittelpreise in dem weiterhin agrarisch geprägten Land. Reiche Regenfälle und der tiefe  Erdölpreis haben in den vergangenen zwölf Monaten wesentlich dazu beigetragen, dass sich die Teuerung bei den Konsumentenpreisen binnen Jahresfrist von über 10 auf weniger als 5% halbiert hat.

Der jüngste Schritt der RBI folgt Zinssenkungen in China und ist Reaktion auf die Erwartungen einer geldpolitischen Straffung in den USA in den kommenden Monaten. Im Sommer 2013 führte eine scheinbar kurz bevorstehende geldpolitische Straffung der amerikanischen Notenbank zu einem beschleunigten Abfluss von Kapital aus den Schwellenländern. Vor 22 Monaten rückte Indien deswegen nahe an den Abgrund einer Zahlungsbilanzkrise.

Zentrale Rolle Rajans

Es war wesentlich auf die Person Rajans, des ehemaligen Chefökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF), zurückzuführen, dass Indien schnell das Vertrauen ausländischer Investoren zurückgewinnen konnte. Die Devisenreserven der RBI konnten in der Zwischenzeit deutlich auf 353 Mrd. $ Mitte Mai aufgestockt werden. Doch Rajan hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die drittgrösste asiatische Volkswirtschaft weiterhin externen Schocks ausgesetzt bleibt.

Börse gibt nach

Die RBI hat ihre Wachstumsprojektion für das bis Ende März 2016 laufende Finanzjahr im Mai von 7,8 auf 7,6% herabgesetzt. Doch die Wirtschaft neigt trotz des billiger gewordenen Geldes weiter zur Schwäche. Die Exporte gingen fünf Monate in Folge zurück, während etwa im April die verkauften Personenwagen ein Wachstum von nur 1,9% aufwiesen. Vor einem Jahr stiegen die Verkäufe noch um 7%.

Sollten die sommerlichen Regefälle unterdurchschnittlich ausfallen, könnte die RBI zu einer geldpolitischen Wende gezwungen sein. Das würde mit Sicherheit zu einer Konfrontation mit der Regierung führen, die das Wachstum klar über die geldpolitische Stabilität stellt. Der Hauptindex der Börse Mumbai, der Sensex, gab am Dienstag trotz der Leitzinssenkung nach.

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