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10:51 Uhr - 30.03.2021

Exzellenz hat ihren Preis

Die Nachteile der Schweizer Universitäten im Talentwettbewerb gefährden die Stärke des Finanzplatzes. 

Seit Jahrzehnten geniesst die Schweiz weltweit eine hervorragende Reputation als Forschungs- und Innovationsstandort. In Kombination mit einer liberal geprägten Wirtschaftspolitik hat uns die hohe Produkte- und Dienstleistungsqualität sowie die ausgeprägte Effizienz von Schweizer Unternehmen nicht nur ein hohes Mass an Wohlstand beschert, sie ist letztlich auch unsere einzige Ressource.

Die Finanzindustrie trägt dabei als einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in der Schweiz mit rund 10% im internationalen Vergleich weit überdurchschnittlich zum BIP bei. Es überrascht daher, dass ausgerechnet die Schweizer Universitäten im Kampf um akademische Talente im Bereich Banking und Finance international nur bedingt mithalten können. Gerade im Zuge der zunehmenden Digitalisierung ist unser Bankensektor auf kontinuierlichen Zufluss hochqualifizierter Arbeitskräfte angewiesen – speziell vor dem Hintergrund eines zunehmend härteren, internationalen Wettbewerbs.

Es braucht Forschung

Natürlich können hochqualifizierte Arbeitnehmende aus dem Ausland rekrutiert werden, um die hohen Ausbildungskosten im eigenen Land zu umgehen. Gleiches gilt für die Innovationskraft eines Landes, die ebenfalls durch Know-how-Zukäufe in Nachbarländern kompensiert werden könnte. Mit Blick auf die Finanzindustrie kann allerdings empirisch belegt werden, dass eine deutlich positive Korrelation zwischen der akademischen Forschungsqualität sowie -intensität heimischer Universitäten – welche sich letztlich auch in einer hohen Bildungsqualität manifestiert – und der Prosperität eines Finanzplatzes bestehen.

Der Wissenstransfer erfolgt dabei zuweilen subtil, aber sehr effizient über verschiedene Kanäle. Zum einen begünstigt die akademische Forschung per se die Innovationskraft eines Wirtschaftsstandortes. Zum anderen ist die universitäre Ausbildung von hochqualifizierten Arbeitskräften durch verschiedene Professuren und die Nachwuchsförderung künftiger Forschender zentraler Aspekt für die erfolgreiche Umsetzung in der Praxis. Damit kommt den Universitäten eine wichtige Rolle als Talentschmiede zu.

Empirische Daten aus der Schweiz zeigen zudem, dass ausländisch-stämmige Studenten der Finanzwissenschaften im Anschluss an ihr Studium in der Schweiz grösstenteils auch für Schweizer Finanzinstitute tätig sind. Im Rückschluss lässt sich demnach ein unmittelbarer, positiver Effekt universitärer Aktivitäten auf die Prosperität des Schweizer Finanzplatzes ableiten. Daraus wiederum folgert ein zwingendes, volkswirtschaftliches Interesse an Schweizer Hochschulen, die in ihren Disziplinen zur Weltspitze gehören.

Nachteilige Lohnbänder

Wenn wir nun einen Blick auf die internationale Finanzforschungslandschaft werfen, fällt auf, dass diese von US-amerikanischen Universitäten dominiert wird. Unter den Top-10 der universitären Forschungsinstitutionen finden sich neben dem Swiss Finance Institute (SFI) aktuell ausschliesslich US-amerikanische Universitäten. Die überaus internationale Zusammensetzung der verschiedenen Finanzfakultäten zeigt auf, dass zwischen den Universitäten weltweit ein aktiver Wettbewerb um die talentiertesten Forscher herrscht. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass die Attraktivität einer Professur auch von deren monetären Incentivierung abhängt. Dank der weitreichenden Transparenzrichtlinien von US-Universitäten offenbart sich hinsichtlich der akademischen Lohnstrukturen dabei jedoch ein ernüchterndes Ungleichgewicht zulasten europäischer und Schweizer Forschungseinrichtungen.

«Die internationale Finanzforschungslandschaft wird von US-amerikanischen Universitäten dominiert.»

Während Schweizer Universitäten, unabhängig von der Fachrichtung und losgelöst vom internationalen Wettbewerb, auf die regulären, staatlichen Lohnbänder setzen, geniessen staatliche US-Universitäten mehr Flexibilität bei Professorenentschädigungen. Gerade im hart umkämpften Markt der topqualifizierten Banken- und Finanzprofessuren zeigt sich, dass die Salärbandbreite im US-Raum im Vergleich zu der Schweiz im Durchschnitt etwa um den Faktor zwei höher liegt. Professuren werden demnach deutlich attraktiver incentiviert.

Damit wird klar, dass die Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Universitäten im Kampf um akademische Talente nur bedingt gegeben ist. Private Unterstützung, wie sie beispielsweise von der Schweizer Bankenindustrie über das SFI erfolgt, tut not.

Gezielte Unterstützung

Natürlich könnte man argumentieren, die Finanzierung der akademischen Grundlagenforschung sei grundsätzlich eine staatliche Aufgabe. Damit müsste aber auch akzeptiert werden, dass auf gesellschaftlicher und politischer Ebene, zumindest kurz- und mittelfristig, kein Konsens für wettbewerbsfähige monetäre Anreize an Schweizer Universitäten zu erwarten ist.

Umso wichtiger ist die gezielte Unterstützung durch Institutionen wie das SFI bzw. die Subventionierung von Lehrstühlen durch die Wirtschaft, um die Wettbewerbsfähigkeit der speziell im Bereich Banking und Finance tätigen Schweizer Hochschulen langfristig zu sichern. Nichtsdestotrotz werden wir nicht umhinkommen, den politischen Diskurs über die Bedeutung wettbewerbsfähiger Forschungsstandorte im Finanzbereich und die nötigen Massnahmen zur Erreichung sowie zum Erhalt derselben zu führen. Und das lieber früher als später.

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