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19:41 Uhr - 09.03.2015

Weidmann: Die Risiken des QE-Programms überwiegen

Der Präsident der Deutschen Bundesbank bestätigte an einem Vortrag an der Universität Zürich seine Opposition gegen das Quantitative-Easing-Programm der Europäischen Zentralbank.

Jens Weidmann nutzte seinen Auftritt an der Universität Zürich am Montagabend für klare Worte. Just an dem Tag, als die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Staatsanleihen-Kaufprogramm (Quantitative Easing, QE) startete, bestätigte der Präsident der Deutschen Bundesbank einmal mehr seine Opposition zum Programm.
Es sei zwar in der Tat so, sagte Weidmann, dass die Inflationsrate in der Eurozone gegenwärtig zu niedrig sei. Und die Gefahren, die mit einer zu langen Phase zu niedriger Inflation verbunden sind, müssten ernst genommen werden, bekräftigte Weidmann, der auf Einladung des Schweizerischen Instituts für Auslandforschung in Zürich war.
“Das von manchen Beobachtern an die Wand gemalte Szenario einer negativen deflationären Entwicklung ist meines Erachtens jedoch gering und in den letzten Monaten sogar noch gesunken”, sagte Weidmann. Diese Ansicht werde übrigens von vielen anderen Mitgliedern des EZB-Rates geteilt, fügte er an.
Wichtig sei die Frage, worauf die niedrigen Inflationsraten zurückzuführen seien: “Hauptgrund sind die gesunkenen Energiepreise”, sagte der Bundesbankpräsident, “doch das ist an sich kein Problem, denn die Verbraucher erhalten dadurch mehr Kaufkraft. Fallende Ölpreise wirken für Europa wie ein kleines Konjunkturprogramm.”
Er sehe nirgends in Europa Anzeichen einer negativen Lohn-Preisspirale, sagte Weidmann.
Alles in allem berge das QE-Programm grosse Risiken. Der Anreiz, sich zu verschulden, sei für die einzelnen Länder der Währungsunion umso höher, je eher sie die Kosten daraus den anderen Ländern überwälzen können.
“Das ist eine Art Allmende-Problem”, sagte Weidmann. “Daher das Verbot der monetären Staatsfinanzierung durch die Zentralbank, daher darf die EZB keine Staatsanleihen am Primärmarkt kaufen.” Nun tue sie dies am Sekundärmarkt, um dieses institutionelle Verbot zu umgehen, kritisierte Weidmann.
Das QE-Programm könne Gewöhnungseffekte mit sich bringen und dazu führen, dass einzelne Staaten die Konsolidierung ihrer Finanzen später angehen als sie sollten, mahnte Weidmann.
“Am Ende ist es eine Abwägung der Risiken”, sagte Weidmann. “Welches Risiko wiegt schwerer: Die Verquickung von Geld- und Fiskalpolitik, oder das Risiko einer sich selbst verstärkenden deflationären Spirale?”
Die Antwort gab er selbst: “Da der wesentliche Treiber der niedrigen Inflation vorübergehend ist, schätze ich die Risiken des Quantitative-Easing-Programms der EZB höher ein als die Chancen.”
Zum Ende seines Vortrages wiederholte Weidmann die von seinem Ratskollegen Mario Draghi schon mehrmals geäusserte Mahnung: “Die EZB kauft mit ihrer Geldpolitik Zeit. Regierungen müssen nun diese Zeit nutzen, nötige Strukturreformen anzugehen. Tun sie das nicht, wird das Programm der EZB am Ende wenig nützen.”

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