Die Nervosität an den Märkten bleibt hoch. Trotz Kursrückschlägen wird kräftig in das Metaverse investiert.
Die Volatilität an den Finanzmärkten bleibt hoch. In den letzten zwei Wochen hat der Trend weiter leicht nach unten gezeigt. Der Vix-Index, der die implizite Volatilität amerikanischer Aktien spiegelt, verweilt nach wie vor auf hohem Niveau und ist jüngst etwas gestiegen. Anleger beschäftigen zurzeit die düsteren Aussichten auf geringeres Wachstum, steigende Rohstoffpreise, restriktive Geldpolitik, Inflation und anhaltende Probleme in der Lieferkette.
Die Inflation steht dabei nach wie vor im Mittelpunkt. Die am Freitag veröffentlichten US-Zahlen für den Mai sind mit 8,6% höher als erwartet. Die Inflation ist damit im Vergleich zum Vormonat leicht gestiegen. Mit diesem Vierzigjahreshoch könnte der Höhepunkt in den USA allerdings überschritten sein.
In der Eurozone hat der Preisanstieg im Mai ein absolutes Rekordhoch von 8,1% erreicht. Die Europäische Zentralbank hat in ihrem jüngsten Treffen letzte Woche angekündigt, ihr massives Anleihenkaufprogramm Anfang Juli einzustellen und den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte zu erhöhen. Weitere Zinserhöhungen wurden in Aussicht gestellt. Der Markt reagierte derweil negativ auf die Ankündigungen.
Der Risikoaufschlag von italienischen Staatsanleihen gegenüber deutschen hat den höchsten Stand seit April 2020 erreicht. Das von den Zentralbanken oft prognostizierte Szenario eines sogenannten Soft Landing – ein Straffungszyklus, der die hohe Inflation eindämmt und gleichzeitig das Wachstum intakt hält – wird von den meisten Marktteilnehmer derzeit als unwahrscheinlich eingeschätzt.
Nach dem Debakel um die Kryptowährung Terra Luna Anfang Mai konsolidierten die Kryptomärkte in den letzten zwei Wochen. Die Veröffentlichung der US-Inflationsdaten letzten Freitag führte allerdings zu weiteren Kursrückschlägen über das Wochenende. Die gesamte Marktkapitalisierung beträgt damit aktuell knapp 1 Bio. $. Relativ betrachtet hält sich der Bitcoin derzeit noch am besten. Sein Anteil an der gesamten Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen ist seit Ende Mai von 46 auf 48% gestiegen.
Vereinfacht ausgedrückt kann das Metaverse als Brücke zwischen physischen, realen und virtuellen digitalen Plattformen definiert werden. Das Konzept des Metaverse ist keineswegs neu, und der Begriff stammt interessanterweise aus einem dystopischen Roman aus dem Jahr 1992. Im Grunde kann das Metaverse als lineare Entwicklung angesehen werden, die mit dem Aufkommen von hoher Rechenleistung einhergeht.
Sogenannte MMORPG – Massively Multiplayer Online Role Playing Games – wie Second Life, Minecraft oder World of Warcraft gibt es bereits seit bald zwanzig Jahren. Neuere Iterationen wie Sandbox oder Decentraland haben das Konzept weiterentwickelt. Während bei älteren Generationen Entscheidungen meistens von den Spieleentwicklern zentral gefällt wurden, bietet Web 3.0 die Möglichkeit, die Gemeinschaft selbst über sogenannte DAO (Decentralized Autonomous Organizations) demokratisch mitentscheiden zu lassen.
NFT und Kryptowährungen haben ausserdem die Möglichkeit geschaffen, Aktivitäten und Eigentum innerhalb des Metaverse zu monetarisieren. Obwohl die aktuellen Versionen des Metaverse bei ihren Zielgruppen sehr beliebt sind, bleibt festzuhalten, dass das Metaverse noch nicht im Mainstream angekommen ist. Für die meisten unter uns mag es absurd erscheinen, im Metaverse ein virtuelles Konzert zu besuchen, Immobilien zu erwerben oder ein Meeting abzuhalten. Und dennoch wird dies von einer steigenden Anzahl Nutzern aktiv betrieben. Beispielsweise haben 2020 rund 12,3 Mio. Fans das Konzert des Künstlers Travis Scott virtuell miterlebt, und bereits letztes Jahr wurden auf den Top vier Metaverse-Plattformen über 500 Mio. $ für virtuelle Immobilien ausgegeben.
Während für Kritiker das Metaverse die Gefahr sozialer Verarmung birgt, argumentieren Befürworter, dass diese neue immersive Welt es ihren Nutzern ermöglicht, Gemeinschaften auf Basis gemeinsamer Werte aufzubauen. Kulturelle und geografische Barrieren werden in den Hintergrund gerückt. Unabhängig davon, ob man diese Entwicklung für richtig oder falsch erachtet, lässt sich kaum leugnen, wie gross das kommerzielle Potenzial in diesem Bereich ist. Nicht nur Microsoft und Meta haben dies erkannt. Etliche Marken wie Nike (NKE 114.73 -3.26%), Coca-Cola (KO 61.41 -0.63%), Gucci, Hyundai (Hyundai Motor Rg - -), Burberry haben bereits eine Präsenz aufgebaut. Andere Firmen wie Disney (DIS 99.40 -3.78%) haben angekündigt, ihr eigenes Metaverse aufzubauen.
Eine Studie der AnalysisGroup vergleicht den Wachstumspfad des Metaverse mit dem Wachstum der Mobiltelefonindustrie und kommt zum Schluss, dass im Jahr 2031 der direkte und indirekte Beitrag des Metaverse zum globalen BIP rund 2,8% betragen könnte. Solche Studien sind selbstverständlich immer mit Skepsis zu betrachten. Das Metaverse steckt noch in den Kinderschuhen. Die Qualität der Grafik der aktuellen Marktführer ist ausbaufähig, die Virtual-Reality-Interaktion spärlich und der konkrete Nutzen der meisten Anwendungen und NFT zumindest fragwürdig.
Was allerdings zuversichtlich stimmt, ist, dass – ungeachtet der täglichen Schwankungen am Kryptomarkt – die Investitionen von Risikokapitalgebern und grossen Tech-Firmen im Metaverse beachtlich sind. Das kann als Indiz gesehen werden, wie gross das langfristige Engagement in diesem Bereich ist. Meta allein hat bereits rund 10 Mrd. $ in die Akquise und die Entwicklung von Hardware und Software im Zusammenhang mit dem Metaverse investiert.
Ob das Metaverse letzten Endes halten wird, was es verspricht, oder ob es sich dabei nur um ein flüchtiges Phänomen handelt, lässt sich aus heutiger Sicht nicht sagen. Wenn man den Gartner-Hype-Zyklus als Massstab nimmt, wird der Einfluss neuer Technologie kurzfristig oft überschätzt, mittel- und längerfristig allerdings eher unterschätzt.
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