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14:52 Uhr - 16.12.2016

AMS beendet das US-Abenteuer

Das Management des Chipherstellers will weitere Verzögerungen beim Bau der Fabrik in New York nicht hinnehmen.

AMS (AMS 28.9 -0.17%) rückt von Plänen ab, eine Chipfabrik im US-Bundesstaat New York errichten zu lassen. Das geht aus einer internen Mitteilung hervor, in die «Finanz und Wirtschaft» Einblick genommen hat.

In den «Management News» des Vorstands an Mitarbeiter des österreichischen Chipherstellers heisst es, nach Verzögerungen vonseiten des US-Bundesstaates bei Subventionen und beim Bau «werden wir unsere Verhandlungspartner informieren, dass wir das Fab-C-Projekt nicht weiter verfolgen».

Fab C, so lautet der interne Name der geplanten Anlage in New York; gestärkt werden soll dagegen Fab B am Hauptstandort von AMS in der Nähe von Graz.

Weder AMS noch Verantwortliche der staatlichen Entwicklungsbehörden in New York wollten gegenüber FuW einen Kommentar abgeben.

Grosse Pläne

Dabei hatte alles so hoffnungsfroh begonnen. Im Juli 2015 – noch unter dem damaligen CEO Kirk Laney – verkündete AMS die Vereinbarung mit dem Staat New York. Demnach lasse der US-Bundesstaat eine Chipfabrik «gemäss Spezifikationen von AMS» bauen, so hiess es im Communiqué. Die Produktionskapazität werde bei zunächst 150 000 Chipscheiben – Wafer genannt – liegen und könne später auf das Dreifache erhöht werden.

Vor Ort sollten Hunderte Arbeitsplätze entstehen. Ende 2017 sollte die Produktion starten.

Im April 2016 fand der Spatenstich der geplanten Chipfabrik in der Nähe des Polytechnikums der State University of New York (SUNY) statt.

Neben Ex-CEO Laney nahmen von AMS der seit März amtierende CEO Alexander Everke und Finanzchef Michael Wachsler-Markowitsch die goldfarbenen Schaufeln in die Hand, dazu US-Offizielle, unter anderen auch: Alain Kaloyeros, zu dieser Zeit noch Präsident des SUNY-Polytechnikums.

Sturm im Herbst

Dunkle Wolken zogen im Sommer auf. Der Rechnungsprüfer des Staates New York stellte Mitte August infrage, ob die Subvention von 685 Mio. $ der Standortfördergesellschaft Empire State Development (ESD) für das Hightechcenter, in das auch General Electric (GE 31.75 1.57%) einziehen will, wirtschaftlich sei.

Der Sturm brach im September los: SUNY-Polytechnikum-Chef Kaloyeros wurden verbotene Absprachen bei öffentlichen Projekten vorgeworfen. Er plädierte auf nicht schuldig, wurde aber umgehend des Amtes enthoben. Die Projektleitung für den Bau der AMS-Fabrik übernahm die Standortgesellschaft ESD.

Seither scheinen die Arbeiten am Fabrikprojekt – obwohl sich die Bestechungsvorwürfe an Kaloyeros nicht explizit um das Hightechcenter drehen – zum Stillstand gekommen zu sein. Jolene Cleaver, Reporterin von der Lokalzeitung «Utica Observer-Dispatch», berichtete Ende Oktober erstmals von den stillgelegten Arbeiten. Am 6. Dezember publizierte sie einen weiteren Artikel, in dem sie schreibt, die Parzelle der geplanten AMS-Fabrik sei «flach und leer, abgesehen von einigen Lager-Anhängern».

«Daran hat sich nichts geändert», erklärt Cleaver auf Anfrage per Mail. Ihr Kollege Larry Rulison von der «Albany Times Union» sagt: «Ich habe nicht mal die Bestätigung bekommen, ob bislang ein Unternehmer für die Arbeiten verpflichtet werden konnte.»

Verantwortliche der Entwicklungsbehörde ESD gaben trotz wiederholter Anfragen keinen Kommentar.

Die Verzögerungen werden in den «Management News» von AMS als Hauptursache dafür genannt, den Stecker zu ziehen. Zeitvorgaben wurden nicht eingehalten, und alle Bemühungen von Verantwortlichen des Staates New York und AMS, eine Lösung zu finden, «waren nicht befriedigend».

Das Management habe daher diskutiert, welche Rolle die Fabrik in New York in der Strategie von AMS spiele  – und haben entschieden, «dass diese Fabrik nicht zu unserem starken Wachstum in den nächsten Jahren beitragen wird». Das Augenmerk werde künftig auf den vorhandenen Produktionsstätten nahe Graz liegen sowie bei Auftragsfertigern, so genannten Foundries.

Offen ist, ob und – wenn ja – wem nun eine Konventionalstrafe droht. Gemäss Vereinbarung von AMS mit den Projektentwicklungsgesellschaften vom Juli 2015 müssen sich die Parteien gegenseitig über Vertragsverletzungen informieren. Bussen sind vorgesehen – unklar ist, wer in dem Fall nun die vertragsverletzende Partei ist.

Gemäss Angaben eines AMS-Sprechers fällt keine Konventionalstrafe an. Rückstellungen werden nicht gebildet, bestätigt er.

Folgen für die Marge

Fraglich bleibt auch der Einfluss des Entscheids auf die Gewinnentwicklung von AMS. Zum einen gab es unter Analysten stets Zweifel, wie es dem Chiphersteller gelingen würde, die neuen Kapazitäten zu füllen. Zum anderen sollte die US-Fabrik die Gewinnmargen von AMS ab 2018 und 2019 erheblich verbessern, weil die Baukosten der Fabrik vom Staat New York finanziert wurden.

«Die Hauptursache für die höheren Margen hätte in den niedrigeren Produktionskosten gelegen, die davon profitiert hätten, dass für AMS keine Abschreibungen der Baukosten angefallen wären», erklärt ein Hedge-Fund-Manager, der nicht genannt werden will.

Ein AMS-Sprecher erklärt, dass «jegliche Neuausrichtung oder Veränderung einschliesslich eines vollständigen Verzichts auf das Projekt keinerlei Einfluss auf unsere kommunizierten Wachstums- und Ergebnismargenziele oder den absehbaren Geschäftsverlauf von AMS» habe.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis von AMS beläuft sich für das nächste Jahr auf 20. Zum Vergleich: Dialog Semiconductor kommt auf 16. Ein Engagement in die Titel der Österreicher drängt sich im Moment nicht auf. Wertorientierte Anleger warten, bis sich die Lage beruhigt.

Nachtrag vom 17.12.2016: In der Nacht auf den Samstag, 17. Dezember publizierte AMS folgende Mitteilung:

«ams, ein weltweit führender Anbieter von hochwertigen Sensor- und Analoglösungen, zieht sich als Folge weiterer Verzögerungen außerhalb des Einflussbereichs von ams aus dem geplanten Waferfertigungsprojekt zurück, in dem ams Projektpartner des Staates New York (USA) war.

Diese Entscheidung hat keinen Einfluss auf die veröffentlichten Finanzziele von ams, die eine durchschnittliche jährliche Unternehmenswachstumsrate (CAGR) von 30% für die kommenden drei Jahre sowie ein Profitabilität von 30% operativer (EBIT) Marge ab 2019 vorsehen. ams hat Zugang zu ausreichenden, kostenseitig attraktiven externen Fertigungskapazitäten bei seinen Technologiepartnern im Fertigungsbereich, um dieses erwartete Wachstum vollständig zu unterstützen.

Alexander Everke, CEO von ams, betont: «Der Staat New York, die Gemeinde Utica, Oneida County sowie Mohawk Valley EDGE haben uns ab dem ersten Tag sehr herzlich empfangen. Unsere Beziehung zu Mohawk Valley EDGE und Empire State Development war ausgesprochen positiv und wir sind offen für künftige Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Wir haben diese Entscheidung jedoch nach einer umfassenden Evaluierung des Waferfertigungsprojekts und seines derzeitigen Status getroffen. Wir sehen keinen Auswirkungen hieraus auf unsere finanziellen Ziele einschließlich unserer veröffentlichten Profitabilitätserwartungen, denn wir haben einen starken Mix von internen und externen Fertigungskapazitäten, die für die Umsetzung unserer Strategie zur Verfügung stehen.»

Die komplette Historie zu AMS finden Sie hier. »

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