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16:10 Uhr - 20.10.2021

Credit Suisse opfert Gewinn für Millionenbussen

Die Bank wird wegen Beschattungsskandal und Mosambik-Affäre scharf gerügt. Die Finma nimmt die CS an die Leine.

Credit Suisse (CSGN 9.59 -2.02%) bleibt in den Negativschlagzeilen. Nach den kaum abgearbeiteten Debakeln mit den Archegos- und Greensill-Fonds holen der Beschattungsskandal und eine Kreditaffäre mit Mosambik die Grossbank wieder ein. Die Finanzmarktaufsicht (Finma) hatte in beiden Fällen Verfahren angeordnet und diese jetzt abgeschlossen. Die Ergebnisse sind verheerend. Für einen Vergleich in der Mosambik-Affäre muss die CS gesamthaft 475 Mio. $ an die Finanzmarktaufseher in den USA und Grossbritannien zahlen. Darüber hinaus wird sie von der Finma künftig bei der Vergabe neuer Kredite an finanzschwache Länder überwacht.

Im Fall der Beschattungen stellt die Finma gravierende Führungsmängel und eine Verletzung des Aufsichtsrechts fest. Die Bank wird angewiesen, ihre Risikoprozesse und das Reporting zu verbessern. Zudem werden zwei CS-Angestellte gerügt und gegen drei weitere wurden Verfahren eröffnet. Die Bank hatte 2019 den früheren Leiter der Vermögensverwaltung Iqbal Khan und den ehemaligen Personalchef Peter Goerke durch Detektive beobachten lassen. Nachdem die Beschattungen aufflogen, mussten etliche Manager die Bank verlassen, auch CEO Tidjane Thiam.

Die News belasteten die gebeutelten CS-Aktien zusätzlich. Sie verloren am Mittwoch im Verlaufe des Handels beinahe 2%.

Unangemessene Unternehmenskultur

Die Mängelliste ist lang. So stellten die Finma-Inspektoren fest, dass die Observationen der CS-Spitzenkräfte verschleiert wurden. Ebenfalls unzulässig sei der Einsatz externer Messaging-Dienste gewesen. Zudem hätten mehrere Mitglieder der Geschäftsleitung von den Beschattungen gewusst. Geheimniskrämerei und Verschleierung zeugten von einer «unangemessenen Unternehmenskultur», schliesst die Finma.

In scharfen Worten wird weiter festgehalten, dass «entsprechende Risikomanagementprozesse und damit die Einbettung in das interne Kontrollsystem fehlten». Das alles entblösst «erhebliche Mängel in der Corporate Governance». Auch bei der Aufarbeitung der Beschattungsaffäre machte die CS Fehler. Man habe keinen Überblick über das Ausmass der Observationstätigkeit gehabt und gegenüber Öffentlichkeit und Finma Falschaussagen gemacht.

Die CS verfüge im Sicherheitsbereich über keine angemessene Organisation im Sinne des Schweizerischen Bankengesetzes und bot während des betroffenen Zeitraums «keine Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit». Die CS hat also sowohl Punkto Verhalten ihres Managements, bei der Risikoabwägung und ihrer Dokumentation sowie bei der Kommunikation versagt – starker Tobak.

Die Aufseher haben zwar zur Kenntnis genommen, dass die Bank versucht, ihre Kontrollprozesse zu verbessern. Doch die eigenen Initiativen reichen offenbar nicht. Die Finma verlangt die Einführung eines neuen internen Reportings, damit die oberste CS-Führung, also Geschäftsleitung und Verwaltungsrat, informiert sind. Künftige Beschattungen müssten von diesen formell genehmigt werden, so ist klar, wer verantwortlich ist.

Wieder Strafzahlungen

Nicht nur das Fazit des Verfahrens um die Beschattungsaffäre ist vernichtend. Auch die alte, auf das Jahr 2013 zurückgehende Korruptionsaffäre um Kredite an Mosambik lässt die CS schlecht aussehen. Damals hatten britische Tochtergesellschaften der Bank Kredite von total 1 Mrd. $ an zwei mosambikanische Staatsunternehmen verliehen. Die Gelder waren für Küstenwachschiffe und eine Thunfischfangflotte vorgesehen, wurden im Vorfeld einer Finanztransaktion aber veruntreut. Auch hier kommt die Finma zum Schluss, dass die Risikokontrolle der CS versagt hat. Man habe sich nur auf das finanzielle Risiko konzentriert. Zudem wurde eine verdächtige Zahlung von 8 Mio. $ an einen mosambikanischen «Berater» nicht zeitgerecht an die Geldwäschereibehörde gemeldet.

Die Altlasten sind teuer: Mit dem amerikanischen Justizministerium hat die CS einen dreijährigen Aufschub der Strafverfolgung ausgehandelt und mit der SEC, dem Finanzmarktregulator, einer Unterlassungsanordnung zugestimmt. In einem Fall bekennt sich CS schuldig, einen Überweisungsbetrug begangen zu haben – die Strafzahlung beträgt 275 Mio. $. Hinzu kommen 200 Mio. $, die Credit Suisse an den britischen Finanzregulator, die FCA, zahlen muss. Weitere 200 Mio. $ sollen Mosambik als Schulden erlassen werden. Der Vorwurf auch hier: mangelnde Sorgfalt und Risikokontrolle.

Hier hakt die Finma wieder ein. Sie sieht einen «schweren Verstoss» gegen die geldwäschereirechtliche Meldepflicht. Die Bank habe sich nicht zeitgerecht bei der Schweizer Geldwäschereibehörde gemeldet, sondern erst nachdem das US-Justizdepartment gegen drei ehemalige CS-Mitarbeitende Anklage erhoben hatte. Wegen dieser Unterlassung zieht die Finma die Schrauben an: Sie entzieht der CS die Hoheit über die Kreditvergabe. Neue Kredite an finanzschwache Länder müssen von einem unabhängigen Dritten darauf geprüft werden, ob die Bank in Sachen Geldwäscherei korrekt meldet. Zudem muss CS bis zur Behebung der Mängel öffentlich und transparent über Zweck, Höhe und Laufzeit informieren.

Bussen verhageln Quartalsgewinn

Unter dem Strich muss CS für die Mosambik-Affäre total Strafzahlungen von 475 Mio. $ leisten. Weil Rückstellungen gebildet wurden, rechnet die Bank nach eigenen Angaben mit einer Nettobelastung von noch 230 Mio. Fr. Analysten erwarten gemäss Bloomberg-Konsens einen Reingewinn für das dritte Quartal um 281 Mio. Fr. Das bedeutet, die Strafzahlungen dürften einen Grossteil des Periodenüberschusses wegfressen. Zudem gehen die Analysten von Vontobel (VONN 84.55 +1.08%) davon aus, dass zusätzlich 1 Mrd. Fr. an Rückstellungen für Rechtsfälle abgegrenzt werden könnten.

Für die Schweizer Grossbanken gehören Strafzahlungen zum Geschäft. Gemäss Vontobel hat die CS von 2009 bis 2020 rund 12 Mrd. Fr. an Prozessrückstellungen gebildet, oder mehr als 1 Mrd. Fr. pro Jahr.  Die CS-Aktien haben im laufenden Jahr rund 14% verloren. Mit Blick auf das Kursniveau und ihre Bewertung haben die Titel gewisse Reize. Doch angesichts der gravierenden, tiefsitzenden Probleme bei Risikomanagement, Führungskultur und Corporate Governance ist von einem Engagement abzuraten.

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