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10:28 Uhr - 08.10.2014

CKW zieht den freien Aktionären den Stecker

Es gibt nachvollziehbare Gründe, sich von der Börse zu verabschieden. Der Stromversorger CKW geht nun diesen Weg, verhält sich dabei aber nicht vorbildlich.

Der Verwaltungsrat der CKW (CKWN 272 0.65%) hat bei der Schweizer Börse ein Gesuch zur Dekotierung der Namenaktien eingereicht. Die Aktien des Stromversorgers sollen im Anschluss an die ordentliche Generalversammlung vom 30. Januar 2015 umgehend dekotiert werden. Die angeführten Gründe wiederholen sich: tiefer Streubesitz, geringe Handelsaktivität, hoher administrativer Aufwand, hohe Regeldichte, neue gesetzliche Auflagen, Kosten. Etliche dieser Argumente der Centralschweizerischen Kraftwerke  kann zRating nachvollziehen. Die gesetzlichen Auflagen im Zeitalter post Minder sind zugegebenermassen gestiegen.

Dekotierungen (wie auch Kotierungen) werden durch ein «Kotierungsrecht» geregelt. Dieses ist nicht hoheitlich, sondern durch die Schweizer Börse SIX selbstreguliert. Zur Anwendung gelangt die kürzlich revidierte Richtlinie Dekotierung (RLD). Die SIX prüft lediglich die Rechtmässigkeit des Gesuchs und darf den letzten Handelstag bestimmen. Der Zeitraum zwischen Ankündigung und letztem Handelstag beträgt grundsätzlich mindestens drei und längstens zwölf Monate. Die SIX berücksichtigt in ihrem Entscheid über die Dekotierung den Free Float sowie das Handelsvolumen der Titel. Ein ausserbörslicher Handel muss nicht mehr sichergestellt werden.

Kein gutes Vorbild

Im geltenden Aktienrecht fällt eine Dekotierung nicht in den Zuständigkeitsbereich der Aktionäre. In die Kompetenz der Generalversammlung fallen nur Beschlüsse über gesetzliche oder statutarisch vorgesehene Gegenstände. Auch das Börsenrecht äussert sich nicht zur Kompetenzfrage. Die Unternehmen haben es grossmehrheitlich verpasst, dem Aktionär in den Statuten ein Mitbestimmungsrecht einzuräumen. Somit gilt: Über die Dekotierung entscheiden das Unternehmen und der Verwaltungsrat in eigener Regie. Die Schädigung der Aktionäre ist offensichtlich, weil der Börsenhandel entfällt.

Die CKW hat sich im eigenen Verhaltenskodex «vorbehaltslose Verpflichtung zu Gesetzestreue» vorgegeben. Der Verwaltungsrat der CKW verhält sich gesetzeskonform. Doch wer zum Tanz auf das Börsenparkett bittet, sollte sich vom Tanzpartner mit Anstand verabschieden.

Es ist geplant, dass die Aktie der CKW noch bis Ende Januar 2015 börsengehandelt wird. Anschliessend soll das Papier an einem OTC-Marktplatz weiter gehandelt werden können.

Grossaktionäre in der Pflicht

Die Publikumsanleger halten immerhin ca. 150 Mio. Fr. am Unternehmen. Dieser Anteil ist höher als bei vielen kotierten Nebenwerten. Etliche Anlagefonds dürfen ausschliesslich in kotierte Gesellschaften investieren. Sie werden quasi zur Liquidation gezwungen. Somit bestraft der ehemalige Börsenüberflieger langfristig denkende Anleger. Der Publikumsaktionär wird nicht geschützt. Die Hintertür für einen Abgang des Unternehmens ist weit offen. Die Wirkung ist dem börsenrechtlichen Opting-out (Ausbedingen der Angebotspflicht) ähnlich. Selbst grosskapitalisierte Unternehmen wie die CKW können damit quasi nach Lust und Laune über die Kotierung befinden. Das darf nicht Schule machen.

zoomEine zwingende Regelung im Aktienrecht ist nötig. Allenfalls können die Unternehmen dies in den Statuten verankern. Die SIX könnte mit einer Verbesserung des Kotierungsreglements Zeichen setzen, indem eine Kotierung von Beteiligungsrechten zur Voraussetzung hat, dass bei einer Dekotierung zwingend die Aktionäre mitbestimmen dürfen.

Zudem ist zu bemängeln, dass die Übernahmekommission nicht mitreden kann. Die Motivation des jeweiligen Grossaktionärs wird weder offengelegt noch geprüft. Ein Gang vor ein Kapitalmarktgericht erübrigt sich – es gibt kein solches in der Schweiz.

zRating fordert den Verwaltungsrat der CKW auf, den eigenen Verhaltenskodex nochmals durchzulesen. Bereits im Vorwort steht: «Falsches oder widerrechtliches Verhalten eines Einzelnen kann die gesamte CKW-Gruppe schwerwiegend schädigen.» Widerrechtliches Verhalten kann dem Verwaltungsrat (VR) zweifellos nicht vorgeworfen werden. Falsches Verhalten aber sehr wohl. Der Schaden ist angerichtet – die Reputation angekratzt. Der VR wäre gut beraten, dem Publikumsaktionär einen Ausstieg mit Anstand zu unterbreiten. Die Axpo (81% der Stimmen) und der Kanton Luzern (9,9%) sind gefordert. Solange die CKW den Status quo beibehält, gilt, dass dem Publikumsaktionär der Stecker gezogen wird. Ohne Vorwarnung wird ihm sogar der Strom abgestellt. Es besteht regulatorischer Handlungsbedarf. Die Politik und die Schweizer Börse sind aufgerufen, den Publikumsaktionär bei Dekotierungen besser zu schützen.

Zur PersonGregor Greber ist exekutiver Verwaltungsratspräsident des Aktionärsdienstleisters zRating und VR-Mitglied von Inrate.

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