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17:10 Uhr - 21.01.2015

Goldman-CEO: «Fragen zum Vorgehen der SNB»

Lloyd Blankfein, CEO von Goldman Sachs, kritisierte an einem Anlass in Zürich die Kommunikation der Schweizerischen Nationalbank.

Lloyd Blankfein, CEO der US-Investmentbank Goldman Sachs, trat am Mittwoch an einem Mittagessen der Swiss-American Chamber of Commerce (AmCham) in Zürich vor rund 250 geladenen Gästen auf.

In einem Gespräch mit Mike Mack, CEO von Syngenta und vormals Präsident der AmCham, äusserte sich Blankfein zur letztwöchigen Ankündigung der Schweizerischen Nationalbank, die einseitige Anbindung des Frankens an den Euro aufzugeben.

«Niemand im Markt hat das erwartet», sagte Blankfein. «Die SNB hat sehr viel Geld aufgewendet, die Eurountergrenze zu verteidigen. Das Beispiel zeigt, wie schwierig und teuer es auch für eine Zentralbank ist, einen Preis zu verteidigen, der so weit von Angebot und Nachfrage entfernt ist.» Es sei eine Tatsache, fügte der Amerikaner an, dass der Franken als Safe-Haven-Währung angesehen werde und die Nachfrage daher enorm hoch sei.

«Ich kann nachvollziehen, dass die SNB eingesehen hat, dass womöglich bald noch grössere Mengen an Kapital in den Franken strömen und sie daher beschlossen hat, ihre Verteidigungslinie aufzugeben», sagte Blankfein.

Dieser Schritt an sich sei nicht zu kritisieren, präzisierte der Amerikaner. «Staatliche Institutionen, dazu zählt auch die Notenbank, sind einzig ihrem Souverän verpflichtet. Es darf sie nicht kümmern, was einzelne Marktteilnehmer, Händler oder Spekulanten denken», sagte Blankfein.

Wenn die SNB also zum Schluss gekommen sei, die Aufgabe des Mindestkurses liege im Interesse des Schweizer Souveräns, dann sei der Schritt legitim gewesen – genauso legitim wie die Aufrechterhaltung des Mindeskurses während fast dreieinhalb Jahren: «Die SNB hat nie versucht, die eigene Währung künstlich tief zu halten und der Schweizer Wirtschaft damit einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Es ging ihr nur darum, eine extreme Überbewertung des Frankens zu vermeiden. Das war ein löbliches Ziel aus Sicht der Schweiz.»

Ein Problem sieht Blankfein allerdings in der Ausführung des Strategiewechsels respektive in der Kommunikation des Ausstiegs: «Die Ausführung hat zu enorm heftigen Reaktionen an den Weltfinanzmärkten geführt. Hätte es nicht Wege gegeben, die Märkte weniger brutal zu überraschen?», fragte der Goldman-CEO.

Angesprochen auf den schlechten Ruf, den Banker in der Öffentlichkeit gegenwärtig besitzen, blieb Blankfein gelassen: «Popularitätswettbewerbe gewinnen wir auch heute, sechs Jahre nach der Finanzkrise, noch nicht. Sogar die Erdölbranche ist beliebter als wir. Vieles davon haben wir selbst verschuldet, doch einiges ist auch breiten gesellschaftlichen Trends geschuldet: Wir haben in den USA jahrelang einen Schuldenaufbau der privaten Haushalte erlebt. Überall haben Menschen und Unternehmen Schulden aufgenommen und Leverage aufgebaut, was dann zur grossen Finanzkrise geführt hat. Wir Banken haben den Schuldenaufbau ermöglicht, aber es brauchte auch die entsprechende Nachfrage dazu.»

In den kommenden Tagen ist Blankfein am World Economic Forum in Davos. Die FuW zeigt die öffentlich zugänglichen Podiumsdiskussionen im Live-Videostream.

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