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07:13 Uhr - 17.05.2016

Start-ups im Steuerclinch

Zu hohe Vermögenssteuern machen Schweizer Jungunternehmern das Leben schwer.

Gründungsaktionäre von Start-up-Unternehmen klagen über den zu hohen Vermögenssteuerwert ihrer Aktien. Teilweise soll die Vermögenssteuerlast die Hälfte oder sogar mehr ihres gesamten Einkommens ausmachen. Deshalb drohen sie, der Schweiz den Rücken zu kehren.

Zu den AutorenTobias F. Rohner und Marc Buchmann sind Rechtsanwälte der Wirtschaftsanwaltskanzlei Froriep in Zürich.Hintergrund dieser Diskussion ist, dass das kantonale Steueramt Zürich und andere kantonale Steuerverwaltungen bei der Bewertung von nicht kotierten Wertpapieren auf die von den später hinzutretenden Investoren bezahlten Preise abstellen – etwa von Business Angels, Venture Capitalists und Mezzanine-Financiers. Das gilt auch bei Finanzierungsrunden wie Kapitalerhöhungen. Erhält etwa ein Start-up  mit einem Aktienkapital von 100 000 Fr. von einem Venture Capitalist 1 Mio. Fr. und erhöht es sein Aktienkapital von 100 000 auf 120 000 Fr., wird davon ausgegangen, dass die neu an den Venture Capitalist ausgegebenen Aktien mit einem Nominalwert von 20 000 einen Wert von 1 Mio. Fr. hätten. Folglich sei das vorbestehende Aktienkapital der Gründungsaktionäre 5 Mio. Fr. wert.

Wenn der Marktwert fehlt

Nach den Steuergesetzen ist das Vermögen zum Verkehrswert zu bewerten. Dabei kann der Ertragswert angemessen berücksichtigt werden. Da jedoch bei nicht kotierten Wertpapieren normalerweise kein Marktwert bekannt ist, zumal es keinen Markt gibt, hat die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) im Jahr 2006 das Kreisschreiben zur Bewertung von Wertpapieren ohne Kurswert (KS 28) erlassen. Die Finanzdirektion des Kantons Zürich hat es für die Bewertung von nicht kotierten Wertpapieren für verbindlich erklärt.

zoomzoomFraglich ist, ob die von den Investoren bei Finanzierungsrunden (z. B. Kapitalerhöhungen) von Start-ups bezahlten Preise geeignet sind, den Marktwert des gesamten Unternehmens angemessen zu reflektieren. Dass die Bewertungsregeln nach dem KS 28 bei Start-up-Firmen zu prohibitiv wirkenden Vermögenssteuern führen können, hat die Finanzdirektion Zürich erkannt und Anfang März eine Praxisänderung veröffentlicht. Diese ist sofort in Kraft getreten. Damit hat die Finanzdirektion implizit auch zum Ausdruck gebracht, dass das KS 28 betreffend die Bewertung von Start-up-Unternehmen nicht gesetzeskonform ist. Nach der neuen Praxis sind neu gegründete Gesellschaften wie in Tabelle 1 dargestellt zu bewerten. Im Fall von neu gegründeten Gesellschaften in der Bio- und Medtech-Branche gilt aufgrund des längeren regulatorischen Entwicklungsprozesses die Bewertung nach Tabelle 2.

Der neue zürcherische Bewertungsansatz für Start-ups impliziert, dass die in Finanzierungsrunden bezahlten Preise nicht unbedingt geeignet sind, den Wert eines Unternehmens zu bestimmen. Der bei Finanzierungsrunden bezahlte Preis ist sicher ein geeigneter Wertindikator bei etablierten Gesellschaften , nicht aber bei Start-ups.

In die richtige Richtung

Investitionen in Gesellschaften, die sich am Markt noch nicht beweisen konnten, sind mit extrem grossen Unsicherheiten verbunden. Die Bewertungen basieren auf vagen Prognosen, weshalb auch die Spanne zwischen dem höchsten und dem tiefsten Preisangebot regelmässig sehr gross ist. Je länger aber das Start-up-Unternehmen existiert, desto verlässlicher ist das Zahlenmaterial und desto mehr kann der bei Investitionen bezahlte Preis als Wertindikator gebraucht werden.

Der zürcherische Ansatz geht somit in die richtige Richtung. Es bleibt zu hoffen, dass auch andere Kantone vom derzeitigen Wortlaut des KS 28 abweichen werden, wobei auch alternative Ansätze geprüft werden sollten, wie Start-up-Unternehmen steuerrechtlich zu bewerten sind.

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