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17:15 Uhr - 11.08.2015

China wertet den Renminbi überraschend ab

Die chinesische Zentralbank will sich künftig stärker an den Marktsignalen orientieren. Die konjunkturelle Schwäche dürfte ein Grund dafür sein.

Am Dienstag sorgte die People’s Bank of China (PBoC) für einen Paukenschlag: Sie wertete ihre Währung ab und erwischte die Finanzmärkte damit auf dem falschen Fuss. Mit 1,9% verzeichnete der Renminbi den grössten Tagesverlust seit 1994 und fiel auf den niedrigsten Stand zum Dollar seit drei Jahren. Die Abwertung strahlte umgehend auf andere Währungen der Region aus: Der australische Dollar, der Singapur-Dollar und der koreanische Won gaben deutlich nach.

Mehr Markt für den Renminbi

Die PBoC liess verlauten, bei der Abwertung handle es sich um eine einmalige Anpassung, wobei in der Zukunft der Markt eine wichtigere Rolle für den Wechselkurs spielen soll. Bislang wird der Renminbi nicht frei gehandelt, sondern ist an den Dollarkurs gebunden. Die chinesische Notenbank legt täglich den Referenzkurs fest, um den die Währung maximal 2% schwanken darf. Dem Referenzkurs kommt deshalb grosse Bedeutung zu. Im neuen Mechanismus wird für das Handelsband auch der Schlusskurs des Vortags berücksichtigt, um den Marktsignalen ein stärkeres Gewicht zu geben.

Vor dem Hintergrund der informellen Diskussionen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) um eine mögliche Aufnahme des Renminbi in den Währungskorb der Sonderziehungsrechte (SZR) – in dem bislang Dollar, Euro, Pfund und Yen enthalten sind – macht ein grösserer Einfluss der Marktkräfte durchaus Sinn. Der IWF hat wiederholt gefordert, der Renminbi müsse flexibler werden. Die Liberalisierung des Wechselkurses könnten demnach die Chancen einer Aufnahme in den Währungskorb erhöhen.

Schleppende Konjunkturdynamik

zoomNicht minder wichtig für den Entscheid, die Währung zu schwächen, dürften jedoch die zuletzt enttäuschenden Wirtschaftsdaten gewesen sein. So wuchs die chinesische Wirtschaft im zweiten Quartal 2015 verglichen mit dem Vorjahresquartal nur noch real 7%, was dem geringsten Zuwachs seit März 2009 entspricht. Über das Wochenende wurden Anleger durch die Meldung aufgeschreckt, wonach Chinas Exporte im Juli im Jahresvergleich 8,3% eingebrochen waren. Zudem sind die Preise der chinesischen Exporte gegenüber dem Vorjahr wieder gesunken, was auf anhaltende deflationäre Kräfte hindeutet.

Besserung ist nicht in Sicht, wie ein wichtiger Frühindikator signalisiert. Laut der jüngsten Umfrage unter chinesischen Einkaufsmanagern trübt sich die Stimmung weiter ein. Seit nunmehr fünf Monaten verharrt der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten und fiel zuletzt auf 47,8 Punkte. Dies deutet auf weiteren Gegenwind im Industriesektor hin. Eine schwächere Währung kommt für die Exporteure deshalb wie gerufen.

Wie stark Peking die Marktkräfte in den kommenden Wochen und Monaten tatsächlich spielen lassen wird, muss sich jedoch erst noch weisen. Denn der lokale Aktienmarkt wird nach unerwünscht heftigen Verlusten nun vom Staat dominiert.

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