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16:23 Uhr - 30.08.2019

Calida-CEO: «Wir werden Unternehmensteile verkaufen»

Reiner Pichler, CEO der Calida-Gruppe, setzt nach einer Phase der Restrukturierung auf Fokussierung. Dadurch soll das Unternehmen profitabler werden.

Reiner Pichler steht seit rund dreieinhalb Jahren an der Spitze von Calida (CALN 27.5 1.48%) und hat die einzelnen Marken der Gruppe in dieser Zeit stark restrukturiert. Gegenüber «Finanz und Wirtschaft» stellt er erstmals die nächsten strategischen Schritte vor.

Herr Pichler, welches ist Ihre persönliche Lieblingsmarke der Calida Group?
Ich mag die Unterwäsche von Calida, aber auch die Outdoorbekleidung von Millet habe ich schon vor meiner Zeit bei Calida benutzt.

Und welche Marke gefällt Ihrem Finanzchef am besten?
Alle unsere Marken wachsen und sind profitabel. Die höchste Profitabilität, in Prozent ausgedrückt, haben unsere Gartenmöbel von Lafuma.

Die Calida-Aktien kommen seit Längerem nicht vom Fleck. Woran liegt das?
Unsere Aktien sind fundamental unterbewertet. Wir sind heute viel stärker als 2017, als die Valoren besser performten als der breite Markt. Aus meiner Sicht liegt ein fairer Kurs bei 40 Fr.

Wie ist Calida ins zweite Halbjahr gestartet?
Genauso gut, wie bereits das erste Halbjahr war. Das Wachstum lag sogar leicht über unseren Erwartungen. Wir verkaufen jetzt schon die Produkte für den Frühling 2020, und die Vorverkäufe sehen gut aus.

Sie peilen mittelfristig eine Ebit-Marge von 8% im Gesamtjahr an, 2018 waren es 5,6%. Wann erreichen Sie dieses Ziel?
Es gibt klare Pläne, wie wir diese 8% kurz- bis mittelfristig erreichen möchten. Um das zu schaffen, müssen unsere Divisionen genauso gut laufen wie bisher, mit Wachstum deutlich über dem Markt. Andererseits müssen wir unser Sortiment konzentrieren.

Das heisst, Sie planen den Verkauf von bestimmten Marken?
Wir haben in der Vergangenheit erfolgreich Marken und Unternehmen akquiriert. Meine Aufgabe mit dem Managementteam war es, diese Marken zu Ende zu restrukturieren und in die Wachstumsphase zu führen. Alle unsere Marken wachsen und sind nun profitabel. Jetzt möchten wir unser Portfolio konzentrieren. Und zwar im Bereich Outdoor-Surfing. In unserem Stammgeschäft prüfen wir Zukäufe.

Dabei fehlt der Bereich Gartenmöbel von Lafuma, an der Calida 2013 die Mehrheit übernommen hat.
Wir überprüfen unser Portfolio regelmässig, aber wir werden es verringern und Teile des Unternehmens verkaufen, um uns zu konzentrieren. Das ist Teil unseres Plans, um die Ebit-Marge von 8% zu erreichen.

Wie beurteilen Sie den Markt für Verkäufe und Zukäufe in Ihrem Bereich?
Ich denke, es ist eine gute Zeit. Denn die Zinsen sind niedrig, und es ist sehr viel Liquidität im Markt. Zudem betreiben wir wachsende, profitable Marken. Das ist ein wesentlicher Unterschied zur Vergangenheit.

Möchten Sie auch nach dieser Fokussierung an der Börse bleiben?
Auf jeden Fall. Wir möchten mit unserem Plan zusätzlichen Wert für die Aktionäre schaffen.

In einer Übergangsphase würden Sie an Umsatz einbüssen.
Der Umsatz würde zurückgehen, wenn wir nicht gleichzeitig zukaufen. Aber die Profitabilität würde auf jeden Fall steigen.

Zwischen den übrig bleibenden Segmenten wäre das Synergiepotenzial aber immer noch begrenzt. Müssten Sie nicht noch konsequenter fokussieren?
Wir werden das Unternehmen so aufstellen, dass wir maximale Marktchancen nutzen können.

Umfassen Ihre Pläne auch eine höhere Transparenz bei den Finanzzahlen? Derzeit geben Sie beispielsweise keine Margenziele für die einzelnen Marken ab.
Wir arbeiten an dieser Transparenz und glauben, dass das gerade für die Zukunft sehr wichtig ist. Denn für jede Marke gibt es einen genauen Plan, was zu tun ist, um die wirtschaftlichen Ziele zu erreichen.

Welchen Zeitrahmen haben Sie für die Transformation im Kopf?
Im Moment haben wir ein Portfolio, das wir konzentrieren wollen und wovon wir Teile verkaufen werden. Zudem sind wir offen für Akquisitionen im Wäschebereich. All das braucht eine gewisse Zeit.

Diese Pläne sind bestimmt im Sinn Ihres Grossaktionärs Veraison. Was ist die Meinung der Familie Kellenberger, die ein Drittel an Calida besitzt?
Das sind strategische Entscheidungen, die das Management zusammen mit dem Verwaltungsrat getroffen hat. Beide Grossaktionäre haben Vertreter im Verwaltungsrat.

Gibt es auch in der Schweiz Unternehmen, die für Sie interessant wären?
Wir prüfen auf jeden Fall Unternehmen, die zu uns passen. Das kann in der Schweiz oder international sein. Sicher ist, wenn wir zukaufen, dann im Wäschebereich.

In welchen Absatzmärkten hat Calida die besten Perspektiven?
Neben unseren Heim- und Stammmärkten gibt es zum Beispiel in Japan viel Potenzial. Japan ist bereits der viertgrösste Markt für uns, wo wir eine Tochtergesellschaft haben. Letztes Jahr sind wir dort um 33% gewachsen.

In Ihren wichtigsten Märkten, Frankreich und Deutschland, trüben sich die konjunkturellen Aussichten ein. Spüren Sie das?
Bei den Textileinkäufern ist die Stimmung jüngst wieder etwas besser geworden. Aber unser Markt ist ohnehin nie ganz einfach. Unsere Aufgabe ist es, unter allen Bedingungen Marktanteile zu gewinnen.

Sie erreichen mit dem Online-Handel einen Umsatzanteil von 12%, inklusive Verkäufe über Plattformen Dritter sind es mehr als 20%. Was liegt hier noch drin?
Über unseren eigenen Kanal können wir 20% erzielen. Plattformen wie Amazon (AMZN 1785.4 -0.06%), Zalando (ZAL 45.02 1.88%) oder Globus miteinbezogen, sind 30% in Reichweite.

Was würde ein Verschwinden von Globus für Calida bedeuten?
Das wäre sehr schade. Globus gehört zur Schweiz und wird derzeit sehr gut geführt. Für uns ist das ein wichtiger und zentraler Kunde. Ich bin sicher, dass ein Käufer gefunden wird, der Globus im Sinne der Kunden und der Angestellten weiterführt.

Sind die Margen im stationären und im digitalen Handel ähnlich hoch?
Die Profitabilität ist online genauso hoch wie im Detailhandel, 2018 war sie sogar etwas höher. Die Margen in unseren eigenen Geschäften sind tiefer.

Mit welchen Investitionen möchten Sie E-Commerce noch mehr vorantreiben?
Durch den Kauf von Reich Online haben wir bereits viel investiert. Dadurch sind wir in der Lage, fast alles im Bereich Digitalisierung selbst zu machen. Es geht also nur noch darum, vorhandene Ressourcen richtig einzusetzen. Die Projekte reichen vom Einsatz von künstlicher Intelligenz bis zur Frage, ob wir noch eine physische Musterkollektion haben oder ob das ein digitaler Avatar macht. Das bewegt sich aber im Rahmen der üblichen Investitionen, die den Profit nicht beeinträchtigen.

Werden Sie wieder einmal in der Schweiz produzieren?
Ich bin nicht sicher, ob wir so viele Näherinnen finden würden, wie wir bräuchten. Aber 100% unserer Stoffe kommen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Weil wir die hohe Qualität beibehalten wollen, müssen wir weiterhin in Europa produzieren.

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