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09:28 Uhr - 15.12.2014

CEO HSBC Schweiz: «Lösung, so schnell wie möglich»

Franco Morra, Chef des Schweizer Ablegers der britischen Bank HSBC, sieht im Interview mit «Finanz und Wirtschaft» ein baldiges Ende der Steueraffären.

Der Schweizer Private-Banking-Ableger der britischen Grossbank HSBC (HSBA 605.2 0.28%) sieht sich in verschiedenen Ländern mit Klagen konfrontiert. CEO Franco Morra kann trotzdem gut schlafen. Die Bank hat seiner Meinung nach die notwendigen Lektionen gelernt. «Wir haben extrem wirkungsvolle Massnahmen ergriffen.» Im US-Steuerstreit hofft er nach der Bussenzahlung an die Börsenaufsichtsbehörde SEC auf eine baldige Vereinbarung mit dem Justizdepartement  – wie das bei CS der Fall war.

Herr Morra, HSBC Schweiz ist im Visier amerikanischer und argentinischer Behörden. Frankreich hat gegen HSBC eine Untersuchung eingeleitet, unter anderem wegen Geldwäscherei. In Belgien wurde Klage eingereicht wegen Steuerbetrug und Geldwäscherei. Können Sie noch ruhig schlafen?
Ja, ich schlafe sehr gut. All diesen nun erwähnten Fällen ist gemeinsam, dass sie ein überholtes Geschäftsmodell der Vergangenheit betreffen. Die heutige Bank HSBC Private Bank Suisse unterscheidet sich in strategischer und personeller Hinsicht grundlegend vom Institut, das Gegenstand dieser Untersuchungen ist. Wir haben extrem wirkungsvolle Massnahmen ergriffen.

Welche?
Im Auge des SturmsLesen Sie hier mehr über die Steueraffäre in die HSBC mitunter involviert ist.Wir haben unsere Kundenportefeuilles radikal und konsequent bereinigt. Und wir haben die Bereiche Risk und Compliance massiv aufgestockt. Wir sind sogar einen Schritt weitergegangen und implementierten ein Programm namens «Global Standards in Compliance», das in diesem Bereich die global höchsten Erwartungen und Anforderungen erfüllt. Mit einem neuen Managementteam, einer neuen Strategie und einer neuen Positionierung machen wir vorwärts. Was die Vergangenheit betrifft, so arbeiten wir im Rahmen des Möglichen. Wir kooperieren mit den Behörden und suchen nach Lösungen.

Sie scheinen zuversichtlich zu sein, dass sich schnell und vergleichsweise einfach Lösungen finden lassen …
Ja, wir hoffen, diese Angelegenheiten so schnell wie möglich zu lösen. Wir haben gute Gründe dafür, gerade was die Vereinigten Staaten betrifft. In den USA wurde HSBC von der Börsenaufsichtsbehörde SEC vor Kurzem zur Bezahlung einer Busse von 12,5 Mio. $ verpflichtet. Wir werden weiterhin eng mit den US-Behörden zusammenarbeiten in der Hoffnung, diese Angelegenheit in naher Zukunft beizulegen.

Was erwarten Sie davon, dass die Bundesanwaltschaft HSBC-Datendieb Falciani nun angeklagt hat?
Die Anklage gegen Hervé Falciani ist ein logischer Schritt und im Lichte der erwähnten Vergangenheitsbewältigung zu sehen. HSBC hatte die Kunden im Rahmen dieser Affäre im Übrigen sehr rasch informiert, womit der Schaden etwas eingegrenzt werden konnte. Die Steuerverpflichtung lag und liegt aber selbstverständlich auf der Seite der Kunden.

Gemäss Marktgerüchten will HSBC das Geschäft in der Schweiz verkaufen. Was sagen Sie dazu?
Die Marktgerüchte sind falsch. Das Schweizer Geschäft von HSBC steht nicht zum Verkauf. Im Gegenteil: Wir wachsen wieder. Wir haben die Bereinigung unserer Aktivitäten nun mit dem Verkauf eines Portefeuilles an LGT abgeschlossen und sind nun klar fokussiert. Wir konzentrieren uns auf Kunden in insgesamt 29 Märkten, die mit uns mindestens 5 Mio. Fr. investieren.

Liesse sich HSBC mit Blick auf die Vergangenheit überhaupt verkaufen?
Ein Verkauf  von HSBC Schweiz ist überhaupt kein Thema. HSBC Schweiz hat sehr gute Wachstumschancen. Wir setzen auf unsere bestehenden Kunden, was 30 bis 40% unseres künftigen Wachstums ausmachen wird. 60 bis 70% unseres Wachstums wollen wir mit Kunden erzielen, die bereits im HSBC-Netzwerk sind, aber noch nicht zu unseren Kunden gehören. Die HSBC-Gruppe zählt insgesamt 4 Mio. Firmenkunden, davon sind 40 000 Unternehmer mit einem Finanzvermögen von mindestens 5 Mio. $. Lediglich 7,5% dieser Kunden sind bereits Kunden der HSBC Private Bank. Wenn wir diese auf 25% steigern, können wir die Vermögen vervielfachen. Wer will ein Geschäft mit so guten Aussichten verkaufen?

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Der Finanzplatz Schweiz steht vor grossen Herausforderungen. Nach der Krise und vor dem Hintergrund der Regulierungsflut suchen die Akteure nach Wachstumsfeldern. Auch im neuen Umfeld sind alte Tugenden des Swiss Banking Trumpf: Kompetenz und Servicequalität.

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Wie beurteilen Sie den Verkauf von Coutts? Schauen Sie das Dossier an?

Wir kommentieren Gerüchte grundsätzlich nicht. Unsere Wachstumsstrategie fokussiert aber auf bestehende HSBC-Kunden im Firmenkundengeschäft. Beachtenswert ist, dass nicht einzig Coutts-Besitzerin Royal Bank of Scotland, sondern auch Morgan Stanley (MS 36.25 -3.07%) und Merrill Lynch sich auf das Private Banking im Heimmarkt konzentrieren und lediglich die Aktivitäten ausserhalb der eigenen Landesgrenzen verkaufen. Das zeigt, dass die Aussichten im Private Banking per se positiv beurteilt werden. Das ist eine Einschätzung, die wir teilen – auch mit Bezug auf den Finanzplatz Schweiz: Die Schweiz ist im Vermögensverwaltungsgeschäft global gesehen nach wie vor die Nummer eins. Der Finanzplatz Schweiz ist fünfmal grösser als der von Hongkong, viermal grösser als der von Luxemburg und 2,5-mal grösser als jener von Singapur.

Sind Sie daran interessiert, das Geschäft in der Schweiz via Akquisitionen zu vergrössern? Wie viel könnten Sie stemmen?
Das ist nicht eine Frage der Grösse, sondern, ob es passt. Wir sind sehr optimistisch sowohl für HSBC Schweiz wie auch für den gesamten Finanzplatz Schweiz. Man sollte die Fakten nicht aus den Augen verlieren. Die Anzahl der Banken auf dem Finanzplatz ist seit 2008 zwar von 327 auf 283 geschrumpft. Das Nettoeinkommen konnte in der gleichen Phase jedoch um 24% gesteigert werden. Das sind schöne Zahlen. Wir sehen eine Konsolidierung, aber nicht eine Schwächung des Finanzplatzes Schweiz. Die Bewältigung der Vergangenheit mag schwierig sein. Seit ein bis zwei Jahren zeichnet sich jedoch ab, wie wir die Zukunft im Zeitalter des automatischen Informationsaustausches gestalten werden. Bezüglich AIA erhalten wir nun sogar von der OECD Komplimente, wir seien auf dem richtigen Weg. Das ist doch ein gutes Zeichen.

Welche Vision haben Sie für HSBC Schweiz? Wie sieht HSBC in fünf oder zehn Jahren aus?
Ziel ist es, HSBC Schweiz zu einer kleinen Grossbank mit Private Banking, Firmenkundengeschäft, Investment Banking und Asset Management zu machen. Mit Blick darauf sind wir nun daran, das Geschäft mit Schweizer Blue Chips auszubauen. Hinzu kommt, dass wir unsere IT-Plattformen erneuern. Wir werden das globale Zentrum für IT-Dienstleistungen im Private Banking werden. Mit Avaloq verfügen wir dafür über den richtigen Partner. In den nächsten drei Jahren werden wir den entsprechenden Roll-out lancieren.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Margen im Private Banking von HSBC und in der gesamten Branche?
Dass die Margen unter Druck geraten, ist offensichtlich und kein Geheimnis. Allerdings ist diese Entwicklung sehr gut erklär- und überschaubar, und sie sollte auch nicht überschätzt werden. Vor allem in der Compliance fallen zusätzliche Kosten an. Diese machen jedoch einen Anteil von vielleicht 10 bis 15% aus und sollten auch als Investitionen in eine nachhaltige Geschäftsentwicklung gesehen werden. Was die Personalkosten betrifft, so wirkt der Trend zu mehr Assets pro Kundenberater kostendämpfend. Und im Back Office ist unübersehbar, dass modernere IT-Plattformen und das Outsourcing Kostenersparnisse erlauben.

Aber Konkurrenten auf dem Finanzplatz Zürich sprechen vor dem Hintergrund des intensiveren Wettbewerbs von Margen von 40 Basispunkten. Kann das Geschäft auf diesem Niveau überhaupt noch rentabel betrieben werden?
Solche Zahlen halte ich für weit übertrieben. Von einem so intensiven Wettbewerbsdruck sind wohl vor allem kleinere Banken und Vermögensverwalter ohne klare Strategie tangiert. Je tiefer die Assets pro Kunde, umso mehr geht pro Kunde und Jahr durch Kosten und Verbrauch verloren. In unserer Gewichtsklasse registrieren wir allerdings keine solchen Tendenzen. Es ist ja auch so, dass für ein rentables Vermögensverwaltungsgeschäft eine Marge von 70 bis 80 Basispunkten notwendig ist.

Im Auge des SturmsDer Schweizer Ableger der britischen Grossbank HSBC stand im Zusammenhang mit Bankdaten-Diebstählen lange im Mittelpunkt des globalen Interesses: Dem französischen HSBC-Angestellten Hervé Falciani war es gelungen, in der Schweiz Daten von Bankkunden aus aller Welt zu entwenden. Diese fanden in der Folge den Weg zu den Steuerämtern verschiedener Länder. Als Resultat zeigten sich viele steuerunehrliche Kunden, nicht einzig von HSBC, selbst an.

In dieser Affäre wird in diesen Tagen ein neues Kapital geschrieben: Die Bundesanwaltschaft hat Falciani beim Bundesstrafgericht wegen qualifiziertem wirtschaftlichem Nachrichtendienst, unbefugter Datenbeschaffung, Verletzung des Geschäftsgeheimnisses und Bankgeheimnisverletzung angeklagt. Franco Morra, Chef des Schweizer Ablegers der britischen Bank, bezeichnet diesen Schritt im Interview mit der «Finanz und Wirtschaft» als «logisch». Franco Morra leitet gemäss eigenen Angaben ein Institut, das nichts mehr mit der damaligen Bank zu tun hat. Er steht seit 2010 in den Diensten von HSBC, zuerst (bis 2012) als Head of Private Banking und Mitglied des Swiss Executive Committee. Seit 2012 ist er CEO der HSBC Private Bank (Suisse), Mitglied des Global Private Banking Executive Committee und Mitglied des HSBC Bank Executive Committee.

Franco Morra studierte und doktorierte an der Universität St. Gallen. Den Grossteil seiner Karriere (1992 bis 2005) verbrachte Franco Morra mit dem Beratungsunternehmen The Boston Consulting Group. 2005 wechselte er zu UBS, wo er Führungsfunktionen im Vermögensverwaltungsgeschäft einnahm und von 2009 bis 2010 CEO Switzerland und Mitglied des Group Executive Board war. Seit Mai dieses Jahres ist er Präsident der Ausland­bankenvereinigung. Franco Morra wurde am 31. August 1967 geboren, ist verheiratet und Vater von vier Kindern.

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