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11:32 Uhr - 20.03.2017

Smartwatches werden plötzlich interessant

Die Uhrenhersteller lancieren vor der Baselworld das Geschäft mit intelligenten Uhren. Swatch Group geht einen anderen Weg.

Allmählich kommt auch bei den Schweizer Branchenriesen das Thema der intelligenten Uhren auf den Tisch. Am Donnerstag hat Richemont (CFR 77.65 -0.19%) angekündigt, dass ihre Marke Montblanc eine Smartwatch auf den Markt bringen werde. Bisher hatte der Uhrenkonzern, der weitgehend im mittleren bis hohen Preissegment unterwegs ist, kaum Ambitionen gezeigt, im Markt der vernetzten Uhren mitzumischen.

Ebenfalls diese Woche hat die Schweizer Uhrenmarke Tag Heuer, die zum französischen LVMH-Konzern gehört, die zweite Generation ihres Smartwatch-Modells Connected vorgestellt. LVMH-Uhrenchef Jean-Claude Biver nutzte die Gelegenheit, um in Brunnen SZ, begleitet von Intel- und Google-Managern, die weiterentwickelte Uhr mit viel Brimborium der Weltöffentlichkeit vorzustellen.

Weitere Modelle erwartet

Diese zwei jüngsten Vorstösse zeigen: Smartwatches sind längst in der traditionellen Uhrenwelt angekommen. Betroffen sind hauptsächlich Marken, deren Preise im Bereich der Smartwatch von Apple (AAPL 139.99 -0.5%), dem Pionier bei vernetzten Uhren, liegen. Je nach Ausführung kosten sie bis gegen 1000 Fr. Tag Heuer geht mit ihrer Connected-Uhr sogar noch etwas über diese Grenze. Montblanc wiederum steigt mit einem Modell in den Smartwatch-Markt ein, das für knapp unter 900 Fr. zu haben ist.

Es ist davon auszugehen, dass in den kommenden Tagen die Lancierung von weiteren Smartwatches ansteht. Ab nächstem Donnerstag findet in Basel die Uhren- und Schmuckmesse Baselworld statt. An der acht Tage dauernden Messe werden erneut über 1000 Aussteller und gegen 150 000 Besucher erwartet. Für viele Marken bietet sie deshalb eine gute Bühne, um ihre neuen Produkte vorzustellen.

Kampf um die Millennials

Vernetzte Uhren dienen den Uhrmachern, um eine neue Generation – die Millennials – an sich zu binden. Mit der Aufnahme von vernetzten Uhren in ihr Produktprogramm wollen sich die Hersteller von Zeitmessern bei den künftigen Käufern teurer Luxusuhren in Erinnerung rufen. «Es ist eine Möglichkeit, an potenzielle Kunden heranzukommen und sie dazu zu bewegen, in ihre Uhrenshops zu kommen», sagte Mirabaud-Analyst Alessandro Migliorini gegenüber Bloomberg.

zoomObwohl der Hype um die Apple Watch abgeflaut ist, sind Smartwatches noch immer eine Wachstumsgeschichte. Die Prognosen für die kommenden Jahre gehen je nach Institut weit auseinander. Immerhin in einem Punkt sind sich die Umfragen einig: Der Markt für intelligente Uhren wird sich in den kommenden fünf Jahren wohl nochmals verdoppeln. BI Intelligence erwartet über 70 Mio. verkaufte Smartwatches pro Jahr bis 2021.

In der Schweiz halten sich nur noch wenige Uhrenhersteller komplett aus diesem Segment heraus – allen voran die Luxusuhrenmarken Rolex, Patek Philippe, Cartier und Omega sowie Longines.

Hayek setzt auf Innenleben

Bei Omega und Longines, die zur Swatch Group (UHR 346.8 -0.26%) gehören, wird sich kaum etwas ändern. Konzernchef Nick Hayek schliesst aus, dass seine Marken Uhren im Stile einer Apple Watch herstellen. «Es ist unser Credo, dass wir kein Telefon in die Uhr bringen wollen», beteuerte Hayek am Donnerstag an der Bilanzmedienkonferenz zum wiederholten Mal. So haben die Tissot T-Touch mit Temperatur- und Luftdruckmessung oder die Swatch Bellamy mit Bezahlfunktion durchaus smarte Funktionen, sind aber ohne Handyvernetzung.

Vor allem will Swatch Group das Innenleben intelligenter Uhren mitbestimmen. Erst kürzlich hat der weltgrösste Uhrenhersteller informiert, dass er zusammen mit den Neuenburger Forschern vom Schweizer Zentrum für Elektronik und Mikrotechnologie (CSEM) ein eigenes Betriebssystem entwickeln will, das bei möglichst tiefem Stromverbrauch der Vernetzung von Funktionen dient.

«Wir haben die Situation bei den Wearables analysiert», sagte Hayek am Donnerstag. Sie seien zum Schluss gekommen, dass sie vor allem durch geschicktes Marketing und nicht durch die Nachfrage getrieben sei.

Eine Aussage, die sein Branchenkollege Biver von LVMH (MC 210 1.2%) bei seiner Präsentation am Dienstag nicht teilte: «Ich glaube nicht, dass man sich ein Abseitsstehen erlauben kann. Ich bin überzeugt, dass sich auch die anderen Hersteller intensiv mit Smartwatches auseinandersetzen.»

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