Aus dem riesigen Angebot an Anlagefonds das Richtige herauszupicken, ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. «Finanz und Wirtschaft» zeigt, worauf Anleger achten sollten.
Herr Züttel, wie soll der Investor bei der Fondsauswahl vorgehen, was empfehlen Sie als ersten Schritt?
Der Privatanleger ohne die notwendige Kompetenz oder den Zugang zu Informationen braucht entweder einen Berater oder ein geeignetes Tool. Sonst empfiehlt es sich, auf passive Anlagen zu setzen, dabei besonders auf grosse, liquide Produkte auf Standard-Benchmarks. Im institutionellen Geschäft oder auch im diskretionären Portfoliomanagement sind die wichtigsten Fragen vor allem, welchen rechtlichen beziehungsweise regulatorischen Anforderungen ein Produkt genügen muss und welche Anforderungen an die Anlagestrategie zu erfüllen sind. Also (ALSN 100.6 2.03%) was für ein Produkt man genau suchen will.
Zur PersonThomas Züttel (34) begann seine Karriere 2007 als Analyst bei Ifund. Heute leitet er das internationale Fondsresearch des auf Fondsanalyse spezialisierten Unternehmens. Züttel schloss sein Wirtschaftsstudium in Banking & Finance an der Universität St. Gallen ab und ist Chartered Alternative Investment Analyst (CAIA). Welchen Stellenwert hat die historische Performance bei der Beurteilung eines Fonds?
Empirisch gesehen eigentlich keinen. Fast alle Studien zeigen in diese Richtung: Die Besten von gestern sind oft nicht die Gewinner von morgen. Verlierer bleiben jedoch häufig auch Verlierer. Selbstverständlich ist die quantitative Analyse trotzdem sehr wichtig. Sie dient vor allem dazu, zu überprüfen, was der Fondsmanager für Entscheide gefällt hat und ob er allenfalls gewisse Marktrisiken oder Stilfaktoren ein- oder ausgeschlossen hat. Wichtig ist auch die Beständigkeit. Eine geringe, aber konstante Outperformance ist höher einzuschätzen als in einem Jahr zuoberst auf der Liste zu stehen, gefolgt von zwei schlechten Jahren.
Was wird bei der Fondsselektion gerne unterschätzt?
Gerade bei rein quantitativen Analysen wird oft nicht darauf geachtet, ob es Wechsel im Fondsmanagement oder bei der Fondsgesellschaft gegeben hat. Die Performance kann dann völlig bedeutungslos sein. Ausserdem darf man nur den realen Track Record betrachten, keine Backtestings oder Simulationen. Beim Übertragen einer Strategie in ein anderes Domizil, etwa von den USA nach Europa, ist ebenfalls Vorsicht geboten. Die rechtlichen Anforderungen unterscheiden sich deutlich. Dann sollte man das Verhalten des Fondsmanagers kennen. Variiert er das Risikoprofil stark über die Zeit? Ist er immer defensiv oder aggressiv orientiert? Gibt es Unternehmen oder Bereiche, in die er prinzipiell nicht investiert? Solches erfährt man meistens nur im Gespräch und nicht aus den Marketingunterlagen.
Gibt es weitere Punkte? Der Privatanleger ist jetzt schon überfordert.
Deshalb rate ich zum Berater und/oder zu einer elektronischen Plattform. Denn man muss auch die Fondsgesellschaft an sich anschauen. Ist der Fondsmanager an der Gesellschaft beteiligt? Wie stabil ist das Team? Muss bei einer kurzen Phase der Underperformance bereits damit gerechnet werden, dass der Manager ausgewechselt wird?
Was ist aus Ihrer Erfahrung ein guter Fonds?
Er braucht ein klares Konzept, das dann auch durchgezogen wird. Als Investor will man verstehen, was der Manager für ein Ziel hat. Nur dann kann man abschätzen, ob das Produkt zu den eigenen Bedürfnissen und zur Marktsicht passt. Der Fonds soll eine Strategie verfolgen, die nicht nur in ganz wenigen oder kurzen Marktphasen erfolgreich ist. Produkteigenschaften wie die Fondsgrösse sind ebenfalls entscheidend. Gerade bei zu kleinen Fonds sind die fixen Kosten schnell zu hoch, um das Produkt effizient verwalten zu können.
Wann sind Preis und Qualität im Einklang?
Grundsätzlich steht der Gesamterfolg nach Kosten im Vordergrund und nicht die Kosten per se. Trotzdem sind sie ein wichtiger Faktor eben dieses Erfolgs. Effizientes und erfolgreiches Management ist nicht gratis.
Worauf ist beim Vergleich zu achten?
Erstens darf man Äpfel nicht mit Birnen vergleichen, beispielsweise nichtinstitutionelle Anlageklassen und solche für Privatanleger, respektive Klassen mit und ohne Retrozessionen nicht vermischen. Dann muss das Vergütungsmodell fair ausgestaltet sein. Eine absolute Performancegebühr bei einem Aktienfonds macht keinen Sinn. Warum soll ich einen Fondsmanager entlohnen, nur weil der Markt 10% gestiegen ist? Grössere institutionelle Kunden können die Gebühren möglicherweise deutlich nach unten verhandeln und sollten es zumindest versuchen.
Und der Private?
In Anlagekategorien, in denen die Fondsmanager ihren Index längere Zeit verfehlen, würde ich passive Strategien in Betracht ziehen. Allerdings können auch da die Gebühren deutlich variieren. Letztlich sind immer die totalen Kosten über die Haltedauer entscheidend. Gerade bei einer kurzen Halteperiode sind die Handelskosten und weniger die fortlaufende Verwaltungsgebühr ausschlaggebend.
Stimmt der Vorwurf, Banken würden Kunden aus Renditegründen primär hauseigene Produkte ins Depot legen?
Der Vorwurf mag eine gewisse Berechtigung haben. Inzwischen stehen Privatkunden aber immer mehr Informationsmöglichkeiten für relativ einfache Performancevergleiche zur Verfügung. Schneidet ein Produkt Jahr für Jahr schlecht ab, ist das schwierig zu kaschieren. Und es gibt durchaus auch Banken, die gute Lösungen haben und besonders für Kleinanleger sehr gute und im Verhältnis günstige Gesamtlösungen anbieten. Es empfiehlt sich grundsätzlich für jeden Investor, seine Produkte regelmässig zu überprüfen.
Wo ist trotz höheren Kosten aktiv besser?
Es gibt Märkte, an denen über längere Zeit, beispielsweise drei Jahre, viele Fondsmanager Mehrwert generieren können. Und es gibt Märkte mit eingeschränkter Liquidität, in denen es schwierig ist, sinnvolle Benchmarks passiv abzubilden, etwa im High-Yield-Segment oder bei einigen Schwellenländern. Auch im alternativen Bereich gibt es fast keine passiven Produkte, mit Ausnahme einiger Replikations- und Faktorstrategien. Das Angebot an aktiven Strategien ist nach wie vor massiv grösser, und somit bestehen auch mehr Auswahlmöglichkeiten.
Was bringen Digitalisierung und elektronische Beratung dem Fondsanleger?
Dem Trend kann und soll sich in der Branche niemand entziehen, denn er eröffnet die Chance, sich wieder aufs Wesentliche zu konzentrieren. Anlageberater verbringen heute viel Zeit mit administrativen Aufgaben und Compliance. Digitale Lösungen können helfen, die Kundenbedürfnisse besser zu erfassen. Es können viel mehr Produkte angeboten und gefiltert werden. Allein in der Schweiz gibt es fast 400 Fonds für Aktien Europa. Da bieten digitale Screenings und Analyseprozesse rasche und wertvolle Unterstützung.
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.