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11:03 Uhr - 24.07.2015

«Der beste Zins heisst Dividende»

Dividendenaktien zahlen sich aus. Aber nicht blind nach höchster Rendite investieren, sondern in Aktien mit stetig und kräftig wachsender Ausschüttung. An Kandidaten fehlt es nicht, sagt Fondsmanager Phil Cliff vom M&G Pan European Dividend Fund im Interview.

Herr Cliff, die Dividende ist der neue Zins, heisst es unter Investoren. Gilt das auch noch, wenn die Zinsen wieder steigen?
Die Differenz zwischen einer soliden Bondrendite und der Rendite einer guten Dividendenaktie ist so gross, dass die  Zinsen schon erheblich steigen müssen, bis sie den Aktien gefährlich werden. Danach sieht es nicht aus, besonders nicht in Europa, wo die EZB mit ihren Anleihenkäufen das Zinsniveau noch bis mindestens September 2016 sehr niedrig hält.

Phil CliffAktien bedeuten aber auch Risiko.
Selbstverständlich sind Aktien nicht immun gegen einen Kursrückschlag. Aber das sind Bonds auch nicht. Wiegt man das Risiko gegen die Chancen ab, fällt die Wahl rasch und fast konkurrenzlos auf Aktien. Titel mit attraktiver Dividende sind nicht nur einträglicher als Anleihen, sie bieten auch einen gewissen Schutz nach unten. Ich würde also sagen: Die Dividende ist nicht nur der neue oder der bessere, sondern sogar der beste Zins.

Was macht eine gute Dividendenaktie aus?
Unser Ansatz ist, nicht einfach auf Valoren mit hoher Dividendenrendite zu fokussieren, die quasi Bondersatz sind wie beispielsweise der Telecomsektor. Eine hohe Ausschüttung kann auch ein Zeichen ungenügender Wachstumsperspektiven sein. Der Aktienkurs ist deshalb niedrig und die Rendite hoch. Uns geht es um eine kontinuierlich steigende Ausschüttung. Der Mehrertrag ist so über die Zeit bedeutend höher.

Die absolute Rendite interessiert Sie nicht?
Doch, doch. Die Dividendenrendite muss mindestens einen Prozentpunkt über dem Marktdurchschnitt liegen. Aber ob wir einen Titel dann kaufen oder nicht, hängt von den Wachstumsaussichten ab: Ist ein Unternehmen finanziell und am Markt bestens positioniert und in der Lage, langfristig Gewinn und Ausschüttung zu steigern? Das Modell sieht so aus: Zahlt eine Gesellschaft heute beispielsweise 4 € und wächst jährlich 10%, nimmt die Dividende kontinuierlich zu und beträgt zwanzig Jahre später rund das Siebenfache.

Wie funktioniert das in der Praxis? Telecom schliessen Sie aus.
Auch Versorgeraktien. Sie haben zwar eine ansehnliche Rendite, aber der Sektor ist wachstumsarm. Selbst bei klassischen Dividendenwerten aus dem Nahrungsmittel- und Getränkesektor sind wir zurückhaltend – nicht weil es an konstanter Entwicklung fehlt. Die grossen Konsumgütertitel wie Nestlé (NESN 72.5 -0.14%), Unilever (UNA 41.46 0.88%) und Procter & Gamble (PG 80.7 -0.16%) sind die naheliegende Wahl jedes Investors, der einen Bondersatz sucht, und daher tendenziell teuer respektive träge. Uns interessieren unterbewertete Aktien mit guter Rendite und soliden Wachstumsaussichten.

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Zum Beispiel?
Finanzen und Energie bilden den Value-Teil des Fonds, langfristige Investments mit reichem Potenzial, wobei aktuell Finanzen über- und Energie leicht untergewichtet sind. Zyklischer Konsum und ausgewählte  IT-Werte gefallen uns. Viele IT-Unternehmen ersticken fast in Liquidität und werden, auch weil zurzeit verschiedentlich der Wachstumsschub etwas nachlässt, aktionärsfreundlicher. Erfolgreich waren wir zum Beispiel im spanischen Reisesoftwareanbieter Amadeus (AMS 39.345 0.63%) investiert und würden zu einem niedrigeren Kurs gerne wieder einsteigen. Letzthin haben wir Infineon (IFX 10.77 0.33%) besucht, auch sehr interessant. Der deutsche Halbleiterkonzern profitiert stark vom technologischen Fortschritt in der Autoindustrie, weist mit gegenwärtig 1,7% aber eine noch zu bescheidene Dividendenrendite auf.

Was spricht für Finanztitel, die Sie übergewichten?
Das Gesamtbild für den Finanzsektor in Europa ist noch verhangen, Stichworte Regulierungsdruck, Margenverengung, Branchenkonsolidierung und so weiter. Erinnern wir uns an die Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts in Skandinavien. Da gingen fast alle Banken unter. Die Regulierung wurde anschliessend massiv verschärft. Und was geschah dann? In der Finanzkrise 2007/2008 blieben sie weitgehend unbeschadet. Sie hatten vorgekehrt: viel Kapital, hohe Risikopuffer und umsichtiges Management.

Die Lehre daraus?
Nach einer epidemischen Krise durchläuft der Bankensektor einen fundamentalen Wandel. Das ist noch immer der Fall, doch erste positive Resultate des Umbaus zeigen sich immer mehr. Zwei Banken picke ich heraus, Institute mit starkem Kapital, neuer Führung und revidiertem Geschäftsmodell, ausgerichtet auf vermögende Kunden und Märkte: Nordea Bank aus Schweden und Intesa Sanpaolo (ISP 3.54 0.65%) aus Italien.

Keine Schweizer Banken, auch nicht Versicherer?
Mit Novartis (NOVN 99.6 0.71%) und Roche (ROG 279.4 -0.04%) (RO 274.5 0%) ist die Schweiz, wenn auch in einem anderen Sektor, gut vertreten. Versicherer haben wir allgemein auf ein noch kleines Übergewicht abgebaut, mit Prudential (PRU 22.11 -0.02%), unserem Mutterhaus, das in Asien kräftig expandiert, und Sampo aus Finnland als Schlüsselpositionen. In Sampo bin ich seit zwölf Jahren investiert, seit ich Fondsmanager bin, also schon vor meiner Zeit bei M&G.

Weshalb Versicherungsaktien reduziert?
Die hohen Bondportfolios der Branche stimmen, und wahrscheinlich nicht nur uns, zurückhaltend. Sie rentieren kaum noch und werden längerfristig, wenn die Zinsen steigen, an Wert verlieren.

Was spricht für Nordea und Intesa?
Nordea Bank glänzen mit einer Dividendenrendite von knapp 6% und einer realistischen Steigerung der Ausschüttung  um mindestens 10% in den nächsten zwei Jahren. Intesa rentieren etwas mehr als 2%, dafür hat das Institut dank den hohen und weiter wachsenden Spareinlagen in Italien grossen Entwicklungsspielraum.

Gibt es ausser Sampo andere Werte, die Sie seit Jahren halten?
Oh ja, Novartis beispielsweise halten wir schon recht lange, auch Roche – beide sind ausgezeichnete Unternehmen, die ihre Dividende regelmässig steigern.

Wie lange bleibt ein Titel im Fonds?
Solange der Investmentcase stimmt, gibt es grundsätzlich keinen Grund, einen Titel zu verkaufen. Ausser, er hat einen Wert erreicht, bei dem wir denken, dass sich anderswo langfristig eine bessere Möglichkeit bietet. Durchschnittlich schauen wir eine neue Idee pro Monat an. Bei etwas mehr als vierzig Positionen im Fonds bedeutet das einen relativ geringen Umschlag.

Die Prioritäten eines Unternehmens könnten sich ändern, mehr Gewicht auf Forschung und Entwicklung, eine grosse Investition, eine Übernahme. Wie zuverlässig ist die Dividendenstrategie?
Erstklassige Unternehmen verändern ihre  Strategie nicht über Nacht. Roche und Novartis, um beim Beispiel zu bleiben, investieren kräftig und sind, gerade deswegen, zuverlässige Dividendenzahler. Es gilt, das ganze Set-up eines Unternehmens zu beurteilen – Geschichte, Marktposition, Innovation, Bilanz – und, sehr wichtig, das Management zu kennen.

Welche Performance bietet ein Dividendenfonds dem Anleger?
Ein  Dividendenfonds macht vielleicht relativ zum Index nicht das Maximum in der Hausse, aber wenn die Märkte korrigieren, hält er sich deutlich besser als der Gesamtmarkt. Das gibt über einen ganzen Börsenzyklus einen erheblichen Mehrwert. Und wenn der Fonds zu den Besten des Sektors zählen will, muss er durchschnittlich 3 bis 4 Prozentpunkte jährlich über dem Index liegen, was uns bisher im Dreijahresvergleich gelungen ist.

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