Zurück zur Übersicht
03:49 Uhr - 19.01.2018

US-Budgetpoker hält Börsen auf Trab

An den Finanzmärkten wächst die Spannung. Kommt es in Washington bis Freitag um Mitternacht nicht zum Kompromiss, droht ein partieller Stillstand der US-Bundesverwaltung.

Es ist eine Art böses Déjà-vu: Einmal mehr wird im amerikanischen Kongress um die Staatsfinanzen gestritten. Können sich Republikaner und Demokraten bis Freitag um Mitternacht nicht auf eine Überbrückungsfinanzierung der Regierung einigen, werden grosse Teile des Staatsapparats stillstehen.

Ausgerechnet ein Jahr, nachdem Präsident Trump sein Amt angetreten hat, droht die Lage in Washington damit zu eskalieren. Im Zentrum des Konflikts geht es um das Schicksal der sogenannten «Dreamer», rund 700’000 junger Immigranten, die illegal von ihren Eltern in die USA gebracht worden sind.

Bislang waren sie durch das DACA-Programm von Ausweisungen geschützt. Präsident Trump hat die Massnahme aus der Amtszeit seines Vorgängers Barack Obama im September jedoch beendet und dem Kongress eine Frist bis März gegeben, um eine Ersatzlösung zu finden. Jetzt wird das Thema mit den Staatsfinanzen politisch verknüpft.

Im Repräsentantenhaus haben die Republikaner am Donnerstagabend eine Vorlage für eine Zwischenfinanzierung bis zum 16. Februar abgesegnet. Die Demokraten, deren Stimmen im Senat für die Überbrückungsfinanzierung benötigt werden, machen ihre Einwilligungen jedoch von den Verhandlungen um ein neues Immigrationsgesetz abhängig, das die «Dreamer» weiterhin schützt.

An den Finanzmärkten wird das Poker in Washington mit wachsendem Unbehagen verfolgt. Der US-Leitindex S&P 500 schloss am Donnerstag leicht schwächer auf 2798. Auch das Blue-Chip-Barometer Dow Jones und der Technologie-Index Nasdaq Composite büssten Terrain ein.

Wettbörsen wie PredictIt signalisieren, dass die Chancen für einen Verwaltungsstillstand derzeit bei rund 45% liegen. Entscheidend ist, ob es im Senat zu einem Kompromiss kommt. Die Republikaner kontrollieren dort 51 der 100 Sitze. Damit brauchen sie mindestens 9 Stimmen der Demokraten, um die Vorlage zur Zwischenfinanzierung zu verabschieden.

Die Staatsfinanzen sind in Washington ein Dauerstreitthema. Zur Stilllegung des Staatsapparats, auch «Government Shutdown» genannt, ist es in der jüngeren Geschichte der Vereinigten Staaten bereits mehrfach gekommen. Im heutigen Sinn allerdings noch nie, wenn eine Partei – wie derzeit die Republikaner – beide Kammern im Kongress und das Weisse Haus kontrollierte.

Der letzte Shutdown ereignete sich im Herbst 2013, als Hardliner aus dem republikanischen Lager die Verwaltung für mehr als zwei Wochen blockierten. Wie die obige Grafik der Bank Barclays zeigt, dauerten solche Phasen aber meist nur wenige Tage; oft über ein Wochenende Sie haben in die amerikanische Wirtschaft in der Regel denn auch kaum wesentlich tangiert.

Staatliche Notfalldienste, die Landesverteidigung und andere wichtige Behörden sind zudem nicht betroffen. Anders als bei Konflikten um die Schuldengrenze (Debt Limit) wie letztmals im Sommer 2011 ist auch die Zahlungsfähigkeit des amerikanischen Staats gegenüber in- und ausländischen Schuldnern nicht unmittelbar gefährdet.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.