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08:29 Uhr - 28.08.2014

Patrick Odier: «IPO von IT-Plattform ist interessanter Gedanke»

Patrick Odier, geschäftsführender Teilhaber von Lombard Odier, hält die Bank, die zum ersten Mal Zahlen präsentiert, für gut aufgestellt – auch dank der eigenen Technologieplattform. «Sie ist für uns ein Wachstumsgebiet», sagt er im Gespräch.

Herr Odier, Lombard Odier präsentiert erstmals in der Unternehmensgeschichte Zahlen. Was auffällt, ist, wie viel Geld die Firma mit ihrer IT-Plattform verdient, die sie auch Externen anbietet. Ist Lombard Odier ein IT-Unternehmen?
Nein, wir sind kein IT-Unternehmen, aber in uns steckt in der Tat viel Hightech. Wir waren neuen technologischen Entwicklungen gegenüber schon immer offen. Die IT-Plattform, die wir auch ausgewählten Dritten anbieten, ist für uns in der Tat ein Wachstumsgebiet. Wir haben schon früh gesehen, wie wichtig dieser Bereich für eine Privatbank und einen Asset-Manager, wie wir es sind, ist. Lombard Odier verwaltet 156 Mrd. Fr. Die Genfer Privatbank präsentiert erstmals in der Unternehmensgeschichte Zahlen – sie lassen Raum für Verbesserungen. Lesen Sie hier mehr.Wir haben früh entschieden, dass wir eine eigene Lösung entwickeln und betreiben wollen, die sich beliebig erweitern lässt.

Welche Pläne haben Sie für diesen Geschäftsbereich? Ist denkbar, dass Sie dieses Geschäft ausgliedern, ja gar via IPO an die Börse bringen?
Wir wollen die Kontrolle über diesen Geschäftsbereich jederzeit behalten. Er ist zu zentral für die Entwicklung unseres Unternehmens, als dass wir von anderen abhängig sein wollen. Wir bieten die Plattform jedoch nicht irgendwelchen Unternehmen an, sondern nur Gesellschaften, die mit uns partnerschaftlich verbunden sein wollen. Die Kontrolle werden wir jedoch wie erwähnt nie aus den Händen geben.

Und ein separater Börsengang? Ist das eine Option?
Das ist ein interessanter Gedanke, aber Publikumsöffnungen können nicht Bestandteil der Strategie einer Privatbank wie Lombard Odier sein. Ich glaube deshalb aus heutiger Sicht nicht, dass wir ein IPO für unsere Technologieplattform je in Betracht ziehen würden.

Wie sieht es aus mit Übernahmen? Wollen Sie von der laufenden Restrukturierung im Private Banking profitieren?
Wir haben in unserer langjährigen Geschichte noch nie ein Unternehmen übernommen, sondern sind immer dem organischen Wachstum treu geblieben. Das wollen wir auch in Zukunft so halten. Unsere Geschichte und unsere Struktur sprechen gegen anorganisches Wachstum.

Das heisst, Sie schauen die vielen Dossiers von Privatbanken, die derzeit im Umlauf sind, gar nicht erst an?
Es werden uns viele vorgestellt. Wir weigern uns natürlich nicht, diese Dossiers anzusehen. Unsere Strategie sind jedoch wie erwähnt das organische Wachstum sowie die Integration und die Förderung der besten Leute. Das war in der Vergangenheit unser Erfolgsrezept und wird es auch in Zukunft sein.

Auffällig ist auch das hohe Kosten-Ertrags-Verhältnis von 80%. Haben Sie die Kosten aus dem Ruder laufen lassen?
Nein, überhaupt nicht, wir sind bei Lombard Odier sehr kostenbewusst. Unsere Investitionen in unsere erfolgreiche IT-Plattform, ins Private Banking und ins Asset Management in den vergangenen Jahren haben jedoch zur Folge, dass die Kosten im Verhältnis zum Ertrag derzeit etwas höher sind. Das muss sich und wird sich jedoch ändern. Der Investitionsschub wird zu einem höheren Ertrag führen, während die Kosten nicht mehr im gleichen Ausmass wachsen werden. Für uns ist ein Kosten-Ertrags-Verhältnis auf dem Schweizer Branchenniveau das Ziel.

Etwas schwächer als der Branchendurchschnitt ist Lombard Odier auch bezüglich Entwicklung der verwalteten und verwahrten Vermögen. Was ist hier Ihre Erklärung?
Das erste Halbjahr ist lediglich eine Momentaufnahme. Zwischen 2011 und dem laufenden Jahr haben die Vermögen um insgesamt 29% zugenommen. Das ist ein respektables Wachstum, das sich auch im Branchen- und Quervergleich sehen lassen kann. Wir könnten unsere sehr konservativ bewirtschaftete Bilanz auch problemlos nutzen, um zusätzliches Wachstum zu generieren. Das wollen wir jedoch ganz bewusst nicht. Im Gegenteil. Unsere gute Entwicklung in der Krise hat gezeigt, dass unsere Kunden sehr schätzen, dass wir sehr gut kapitalisiert und schuldenfrei sind.

Trotzdem: Welches Nettoneugeldwachstum streben Sie an?
Auch diese Grösse richtet sich nach dem Branchendurchschnitt. Ein jährliches Wachstum von 3 bis 5% ist für Lombard Odier längerfristig möglich. Wir erreichten es in der Vergangenheit, und wir wollen es auch in Zukunft wieder ausweisen können. Im ersten Halbjahr wurde im Übrigen das Wachstum im Private Banking durch eine negative Entwicklung bei den Money Market Funds im Asset Management beeinträchtigt.

Als Genfer Privatbank sind Sie wohl sehr anfällig für die politischen Vorkommnisse in Frankreich. Wie beurteilen Sie den jüngsten Wechsel im Wirtschaftsministerium? Ist es für Lombard Odier und den Finanzplatz ein Vorteil oder ein Nachteil, wenn nun ein ehemaliger Rothschild-Banker Wirtschaftsminister ist?
Frankreich ist für Westschweizer Banken aufgrund der geografischen  Nähe von besonderer Bedeutung. Unser Privatkundengeschäft ist geografisch ziemlich ausgewogen aufgestellt. Einer der Märkte ist für uns die Schweiz mit Schweizer und in der Schweiz domizilierten ausländischen Kunden. Ein weiterer Markt sind die europäischen Länder, und hier ist Frankreich eines von vielen. Und ein dritter Markt sind die neuen Märkte mit dem Nahen Osten, Asien und Lateinamerika. Wenn Leute mit wirtschaftlicher Erfahrung ein politisches Amt ausfüllen, so ist das immer zu begrüssen. Wichtiger als der Wirtschaftsminister ist für die Schweiz jedoch der Budgetminister, der auch in der jüngsten Regierungsumbildung nicht gewechselt hat. Mit Michel Sapin pflegen wir einen guten Kontakt.

Welche Erwartungen haben Sie für die Zukunft? Wie soll und wird sich Lombard Odier entwickeln?
Wir sind für unser Institut sehr optimistisch. Das Umfeld wird aus den bekannten Gründen nicht einfach sein und die Geschäfte weiter beeinflussen. Lombard Odier ist unserer Meinung nach mit den erwähnten drei Standbeinen Private Banking, Asset Management und Technologie sehr gut aufgestellt. Wir sind überzeugt, dass wir aufgrund unseres Set-up Skaleneffekte erreichen können. Wir planen trotz der Änderung unseres Statuts, die nun mehr Offenheit erfordert, langfristig. Wir haben uns über Jahrzehnte ruhig und nachhaltig entwickelt und so auch stürmische Zeiten gut überstanden. Dieser Philosophie wollen wir auch in Zukunft treu bleiben.

Lombard Odier verwaltet 156 Mrd. Fr. Die Genfer Privatbank präsentiert erstmals in der Unternehmensgeschichte Zahlen – sie lassen Raum für Verbesserungen. Lesen Sie hier mehr.

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