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23:46 Uhr - 08.04.2015

Das Tauziehen im Fed beginnt

Der Vorsitz der US-Notenbank ringt um den Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung. Schwache Konjunkturdaten und der feste Dollar erschweren den Entscheid.

Sommer, Herbst oder Winter? Das ist die Kernfrage, über die im Federal Reserve mit Blick auf eine Zinserhöhung intensiv debattiert wird. Wie die am Mittwoch veröffentlichten Unterlagen zur letzten Sitzung der amerikanischen Notenbank zeigen, gehen die Meinungen unter den Währungshütern weit auseinander.

«Mehrere Teilnehmer befanden, dass die Daten und der Ausblick zur Wirtschaft den Beginn der Normalisierung an der Sitzung vom Juni voraussichtlich erforderlich machen», heisst es im Protokoll des vergangenen Fed-Treffens von Mitte März. Die US-Notenbank hatte damals das Versprechen aufgelöst, dass sie mit einer Zinserhöhung «geduldig» sein werde.

So eilig haben es jedoch längst nicht alle Mitglieder im Fed-Vorsitz. «Andere hingegen erwarteten, dass die Effekte der sinkenden Energiepreise und die Aufwertung des Dollars auf kurze Sicht die Inflation hemmen werden», steht dazu in den Sitzungsunterlagen. Das lege nahe, dass eine Zinserhöhung erst «später im Jahr» angebracht sei. Einige Teilnehmer waren sogar der Auffassung, dass die Konjunkturaussichten einen solchen Schritt «nicht vor 2016» rechtfertigen würden.

Konjunktur kühlt sich ab

Das Expansionstempo der amerikanischen Wirtschaft hat sich seit Anfang Jahr deutlich verringert. Gemäss dem Echtzeit-Konjunkturbarometer der Fed-Distriktnotenbank von Atlanta droht für das erste Quartal sogar Stagnation. Enttäuschend ist vergangene Woche zudem der monatliche Bericht zum Arbeitsmarkt ausgefallen. Auch hat die US-Notenbank ihren Ausblick für Inflation und Wirtschaftswachstum an der letzten Sitzung gedämpft.

Eine wichtige Rolle für den Zinsentscheid werden die Bewegungen am Devisenmarkt spielen. So hielten einige Mitglieder im Fed-Vorsitz fest, dass die aggressive Geldpolitik in anderen Ländern «zu einer weiteren Aufwertung des Dollars führen könnte». Das ist primär eine Anspielung auf das massive Stimulusprogamm der EZB, seit dessen Ankündigung sich der Euro zum Dollar erheblich abgeschwächt hat.

Andere Sitzungsteilnehmer sahen in der geldpolitischen Offensive der Europäischen Zentralbank aber sogar Vorteile. Der harte Dollar belaste zwar den Exportsektor, räumten sie ein. Durch die Massnahmen anderer Zentralbanken würden sich aber auch die Wachstumsaussichten im Ausland aufhellen, was wiederum die Ausfuhren aus den USA begünstige. In diese Richtung hatte sich bereits Fed-Chefin Janet Yellen an der letzten Pressekonferenz geäussert.

Wallstreet rechnet nicht mit Juni

An Wallstreet lösten die Nachrichten keine grösseren Emotionen aus. Der US-Leitindex S&P 500 zuckte zwar unmittelbar nach der Publikation des Fed-Protokolls zusammen, fing sich dann aber rasch und schloss 0,3% höher auf 2081,9. Am Bondmarkt verharrte die Rendite auf zehnjährige Treasuries um 1,9%. Der Dollar tendierte gemessen an einem Korb der wichtigsten Währungen leicht fester.

Neue Anhaltspunkte zum Tauziehen unter den US-Währungshütern gibt es nach der kommenden Fed-Sitzung von Ende April. Seit dem schwachen Jobbericht von letzter Woche haben sich die Erwartungen an den Finanzmärkten für die erste Zinserhöhung weiter nach hinten verlagert. Gemäss dem Countdown des Researchdiensts Bespoke Investment gehen Investoren inzwischen erst für Januar von einer Straffung der Geldpolitik aus. Vor drei Wochen galt Oktober noch als wahrscheinlichster Zeitpunkt.

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