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16:04 Uhr - 16.10.2018

Ernesto Occhiello: Für anspruchsvolle Aufgaben gerüstet

Der neue CEO muss Clariant in einen Spitzenvertreter der Spezialchemie transformieren. Sein Hintergrund und seine Berufserfahrung helfen ihm dabei. 

Wenn Ernesto Occhiello vor einem steht, kann man sich den 58-jährigen neuen CEO von Clariant (CLN 22.35 -2.66%) statt im Anzug gut auch im weissen Laborkittel ausmalen. Seine Sachlichkeit und eine gewisse Trockenheit stützen den Eindruck noch. Zudem verrät die iWatch an seinem Handgelenk ein gewisses Tech-Flair.

Die Vorstellung ist mehr als das. Der gebürtige Turiner und Juventus-Fan – seine Frau sei für den Stadtrivalen Torino, Probleme hätten sie deswegen aber keine – ist wie Hariolf Kottmann, sein Vorgänger und neu Verwaltungsratspräsident von Clariant, promovierter Chemiker. In dieser Eigenschaft wirkt er in frühen Jahren als Wissenschaftler und später als Professor an der Universität Turin.

Mit gut dreissig wendet sich Occhiello ausserdem der chemischen Industrie zu. Es folgen zehn Jahre bei Montedison und EniChem, weitere zehn bei Dow Chemical (DWDP 59.57 -1.15%) und ab 2011, von der Europazentrale in den Niederlanden aus, sieben Jahre bei Sabic, dem neuen saudischen Ankeraktionär und Partner von Clariant.

Den grössten Teil der fast dreissig Jahre in der Praxis arbeitet der Verfasser von über hundert wissenschaftlichen Aufsätzen in Führungspositionen der Forschung und Entwicklung. Für Dow Chemical verantwortet er unter anderem die entsprechenden Aktivitäten von Europa, Nahost, Afrika und Indien, und zwar vom regionalen Hauptsitz in Horgen am Zürichsee aus (2009 bis 2011). Über seine F&E-Funktionen ist er im US-Chemiekonzern auch an der Ausarbeitung der mittel- bis langfristigen Strategie beteiligt.

Zu seinen Produkt- und Marktkenntnissen kommt nach Angaben von Sabic und Clariant Erfahrung in Transformationsfragen im technischen Support, in der Produktion sowie in der Integration von Akquisitionen. Herausgestrichen wird darüber hinaus sein Geschick, aus Innovationen kommerziell erfolgreiche Produkte zu machen.

Mit dem Wechsel zu Sabic zieht der mit leiser Stimme redende Manager auch in die Konzernleitung des Petrochemiekonzerns ein. Er ist zuständig für Technologie und Innovation und verantwortet auch Umweltthemen. Unter seiner Führung werden Technologie und Innovation zu wichtigen Impulsgebern. Dazu bei trägt auch der Aufbau eines Netzwerks aus Hochschulen und Forschungsinstituten. Die ETH Zürich ist seit bald sechs Jahren auf den Gebieten Funktionswerkstoffe und Nanotechnologie ein Teil davon.

Mit der Annahme neuer Aufgaben im Konzern vermehrt Occhiello sein Rüstzeug weiter. 2015 übernimmt er die Führung der Geschäftseinheit Innovative Plastics. Um dem Anspruch im Namen gerecht zu werden, baut er sie tiefgreifend um. Commodity-nahes Geschäft wird ausgegliedert. Was bleibt, ist ein reines, hochprofitables Spezialitätengeschäft, seit 2017 Specialties genannt.

Die Vereinbarung zwischen Clariant und Sabic vom 17. September sieht vor, Teile von Specialties mit Clariants Aktivitäten in den Bereichen Additive und hochwertige Masterbatches zu verbinden. Gemeinsam werden sie die neue Clariant-Sparte High Performance Materials (HPM) bilden. Von ihr verspricht sich der Spezialchemiekonzern hohes Wachstum und hohe Margen. Bis 2021 soll der Umsatz im jährlichen Schnitt 6 bis 9% steigen und soll eine Ebitda-Marge nach Einmaleffekten von 24 bis 25% (pro forma 2017: 19,4) erzielt werden.

Auch für Clariant insgesamt liegt die Latte hoch. 5 bis 6% Umsatzwachstum auf rund 9 Mrd. Fr. und eine Ebitda-Marge nach Einmaleffekten von etwa 20% (6,75 Mrd. Fr. und 15,1%) sind als Ziel für 2021 ausgegeben, dazu mehr als 1,2 Mrd. Fr. operativen Cashflow.

Aus Compliance-Gründen sei er nicht in die Zielsetzung eingebunden gewesen, sagt der erst seit Dienstag im Amt stehende Clariant-CEO. Bis Montag stand er noch im Dienst von Sabic. Auf Ernesto Occhiello wartet viel Arbeit. Die Herausforderung, aus Clariant einen Spitzenvertreter der Spezialchemie zu machen, nimmt er «geehrt und freudvoll» an – und stellt entgegen seiner sanft wirkenden Art gleich klar: «I don’t like to underperform.» Da ist er dann ganz der Manager.

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