Verwandtschaftsverhältnisse von Kapitalschutzprodukten, Wandlern und Syntheten.
Lieber Anleger
Kapitalschutzzertifikate sind sinnvolle Anlageinstrumente – Leserinnen und Leser dieser Spalten wissen, dass ich immer wieder gerne auf sie hinweise. Ihre Cousins sind traditionelle Wandelobligationen, die auch als Convertibles bezeichnet werden. Noch näher verwandt und damit Geschwister der Kapitalschutzprodukte sind strukturierte Wandelobligationen, sie heissen auch Umtauschanleihen oder Exchangeables oder synthetische Wandler.
Aber der Reihe nach. Unternehmen emittieren traditionelle Wandelanleihen, um Kapital aufzunehmen. Die Investoren begnügen sich mit einem geringeren Coupon als bei normalen Obligationen, weil sie das Recht erhalten, die Wandler in Aktien des Unternehmens zu tauschen und damit vom Gläubiger zum Miteigentümer zu mutieren. Damit hat der Anleger den Fünfer und das Weggli: Steigt der Aktienkurs, übt er sein Wandelrecht aus und erhält Aktien. Fällt der Kurs jedoch, behält er die Wandelanleihen und bekommt den Coupon sowie den Nominalwert zurück.
Umtauschanleihen hingegen werden – wie Kapitalschutzzertifikate – von Banken emittiert. Der Anleger ist Gläubiger der Bank und muss ihre Bonität beachten. Diese synthetischen Wandler beziehen sich aber nicht auf Aktien der Bank, sondern auf solche eines anderen Unternehmens. Die «fremden» Aktien werden später von der Bank geliefert, falls Anleger wandeln wollen. Kreiert werden Exchangeables oft auf Nachfrage, etwa wenn keine entsprechenden traditionellen Wandelanleihen vorhanden sind oder wenn sie am Markt zu teuer sind.
Der Dritte im Bunde, das Kapitalschutzzertifikat, bezieht sich in der Regel auf einen Aktienindex oder allenfalls auf einen Aktienkorb. Gewandelt wird nicht und geliefert auch nicht. Aber wie bei traditionellen und synthetischen Wandlern ist das Kursrisiko nach unten begrenzt und die Gewinnchance offen.
Im Kapitalschutzprodukt ist ebenfalls eine Obligation verpackt, und zwar eine Nullcouponanleihe (Zero Bond). Dieser Baustein gewährleistet den Kapitalschutz. Wegen des tiefen Zinsniveaus ist der Zero Bond teuer, deshalb bleibt vom Kapitaleinsatz nur wenig übrig für den zweiten Baustein, die Call-Optionen auf den Aktienindex. Dadurch ist die Partizipation an den Aktien gering. Abhilfe schafft ein Kapitalschutz von lediglich 95 oder 90% des Kapitaleinsatzes, wodurch mehr Geld bleibt für Calls.
Wandler sind ebenfalls aus einer Anleihe und einer Call-Option zusammengesetzt und verhalten sich asymmetrisch respektive konvex. Mit tiefen Aktienkursen hat der Wandler Anleihencharakter, mit hohen Kursen Aktiencharakter. Das gilt gleichermassen für Kapitalschutzzertifikate. Steigt der Aktienindex markant und liegt damit das Kapitalschutzniveau weit unten, hat das Zertifikat Aktiencharakter, zumindest in einem gewissen Bereich. Die eingebaute Call-Option reagiert, wenn sich die erwartete (implizite) Volatilität ändert. Das gilt für alle drei Instrumente.
Wer also Aktien kaufen will und auf Sicherheit bedacht ist, hat die Wahl. Wie im realen Leben ist es essenziell, die Verwandtschaftsverhältnisse der verschiedenen Protagonisten genau zu kennen.
Ihr Derivatus
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