Der Bitcoin hat sich trotz grosser Unsicherheit an den Märkten in der Berichtsperiode gut gehalten und notiert erstmals seit dem 12. März über 7000 $.
Das Coronavirus muss auch in einem Marktbericht über den Bitcoin (Bitcoin 7124.4 5.72%) dominierendes Thema sein. Anfang 2020 war Covid-19 ein Nebenereignis in China, nun ist es zu einer globalen Pandemie geworden. Diese hat die globalen Finanzmärkte, ja die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit, in die Knie gezwungen. Es gibt dafür keinen Präzedenzfall in der Geschichte. Oder welches Finanzmodell hat aufgrund eines staatlichen Verbots je mit null Einnahmen gerechnet?
Die Extremsituation spiegelt sich unter anderem im CBOE Volatility Index (Vix), der am 16. März über 82 schloss und damit höher notierte als während der Finanzkrise von 2008.
Korrelation wegen Deleveraging
Das globale Risk-off-Sentiment hat auch den Bitcoin mit Verlusten von fast 50% getroffen. Das wirft die Frage auf, ob der Bitcoin wirklich das «Digital Gold» ist, das von anderen Vermögenswerten dekorreliert ist. Die hohe Korrelation ist durch das Deleveraging, den Verkauf aller Assets zur Deckung von Margin Calls, zu erklären.
Immerhin ist offensichtlich, dass sich ein Decoupling von Bitcoin und den Finanzmärkten abzeichnet. Dem Tiefstkurs von rund 3800 $ folgte eine Kurssteigerung von 85%. Die Risk-on-Risk-off-Beziehung zwischen Bitcoin und den Finanzmärkten ist neu interpretiert. Bitcoins Preismuster ähnelt nun mehr dem von Gold (Gold 1640.62 1.46%), was durch die schnelle Erholung illustriert wird.
Energiekonzerne spielen mit
Der Halving Event von Mai wird weiterhin als preissteigernd gesehen. Die Tatsache, dass die Belohnung für das Schürfen von Bitcoin halbiert wird, könnte kleinere Miners aus dem Markt drängen. Gleichzeitig könnten, auch mit Blick auf den düsteren Wirtschaftsausblick, neue Mitspieler in den Markt kommen – Energiekonzerne zum Beispiel könnten ihre überflüssige Energie für das Schürfen von Bitcoin verwenden. Ein Kraftwerk in der New Yorker Region Finger Lakes hat einen eigenen Bitcoin-Bergbaubetrieb eingerichtet, in dem der erzeugte Strom täglich zur Erzeugung der virtuellen Währung im Wert von etwa 50’000 $ verwendet wird.
Das Private-Equity-Unternehmen Atlas Holding hat in den letzten Monaten rund 7000 Crypto-Mining-Maschinen im Werk Greenidge Generation installiert, mit denen täglich etwa 5,5 Bitcoin abgebaut werden können. Die 65’000 Quadratmeter grosse Anlage in Dresden, New York, wurde 1937 als Kohlekraftwerk gebaut und später auf Erdgas (Erdgas 1.637 -1.33%) umgerüstet. Das wäre vielleicht auch für den einen oder anderen Schweizer Energiekonzern eine Option – zumal der Stromverbrauch in schlechten Zeiten wohl zurückgehen wird.
Im Finma-Jahresbericht, der am Donnerstag veröffentlicht wurde, ist ebenfalls die Rede von Bitcoin, und zwar im Zusammenhang mit Stablecoins. Den sehr erläuternden Ausführungen ist nichts beizufügen, ausser vielleicht der Hinweis, dass solche Abbildungen von Fiat-Währungen (auch des Frankens) keine Eins-zu-eins-Abbildungen sein können: Aufgrund der Technologie und des Herausgebers entsteht ein neues Gegenparteirisiko, was beispielsweise beim normalen Franken der SNB (SNBN 4610 0.66%) (Schweizer Eidgenossenschaft) nicht der Fall ist.
Die generelle Lage an den Finanzmärkten wird die Bitcoinpreisgestaltung auch in den nächsten Wochen prägen. Kurzfristige Rückschläge sind nicht auszuschliessen, wobei eine Tagesvolatilität von 4,5% für Bitcoin im historischen Vergleich nichts ist.
Auf der anderen Seite ist nicht zu übersehen, wie der Bitcoin auch in der breiteren Öffentlichkeit mehr und mehr als Wertsicherungsinstrument gesehen wird. Der amerikanische Bestsellerautor Richard Kiyoskai («Rich Dad/Poor Dad») beispielsweise rät seiner 1,3-Mio.-Community auf Twitter (TWTR 23.09 0.3%) fast jeden Tag, in der derzeitigen Krise neben Gold («God’s Money») auch Bitcoin («People’s Money») zu kaufen.
Die Meinung des Autors muss nicht mit derjenigen der Redaktion übereinstimmen.
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