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07:13 Uhr - 17.11.2016

Restrukturierung von GAM greift nur langsam

Der Asset-Manager steckt in der Krise. CEO Alexander Friedman gibt zwar Gegensteuer. Der angestrebte Turnaround ist aber nur ansatzweise in Sicht.

GAM ist eine Restrukturierungsgeschichte.» Dieses Bild zeichnet CEO Alexander Friedman vor einem Monat im Interview mit FuW.

Der Amerikaner hat vor gut zwei Jahren das Steuer beim Asset-Manager übernommen und von Beginn weg neue Akzente gesetzt: Beispielsweise hat er die verschiedenen Bereiche und Markenauftritte des Konzerns unter der Dachmarke GAM (GAM 10.2 -2.86%) vereint. In einzelnen Märkten allerdings vertreibt GAM die Produkte historisch bedingt auch weiterhin unter dem Brand «Julius Bär». Denn GAM hatte zuvor eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Der 1983 gegründete Asset-Manager war 1999 von der UBS (UBSG 15.99 -1.11%) akquiriert, 2005 an Julius Bär (BAER 43.93 0.73%) verkauft und mit deren Asset Management verschmolzen worden. Seit 2009 ist GAM als unabhängiges Unternehmen an der Schweizer Börse kotiert.

Nach Sonderfaktoren nach der Abspaltung von Julius Bär und der Konzentration auf das Kerngeschäft sind die Zahlen seit 2011 entsprechend der heutigen Struktur greifbar. Auf diesen historischen Zeitraum konzentriert sich die Analyse. Besonders blickt sie jedoch voraus, auf das, was die Neuerungen Friedmans versprechen.

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Ein Bündel an Massnahmen

Der neue CEO hat GAM nicht nur gegen aussen ein neues Gesicht gegeben. Er hat ebenso rückwärtige Dienste ausgelagert und ein Kostenprogramm installiert, das künftig strukturell jährliche Einsparungen von über 20 Mio. Fr. verspricht –  einem Fünftel der geerbten Kostenbasis.

Gleichzeitig stellt Friedman seit 2015 in Aussicht, den Gewinn je Aktie über 10% jährlich zu steigern, dies im Schnitt und über einen Zeitraum von fünf bis acht Jahren. Doch bislang geht es in die andere Richtung: Der bereinigte Gewinn je Aktie – dieser ist die Bezugsgrösse des Versprechens – büsste im ersten Halbjahr 2015 gegenüber der Vorjahresperiode 10% ein. Auch das zweite Semester blieb hinter dem Vorjahr zurück. Im ersten Halbjahr des laufenden Jahres brach der Gewinn um die Hälfte ein – eine Entwicklung, die gar das Absetzen einer Gewinnwarnung notwendig gemacht hatte. «Die Hürden, die GAM nehmen muss, sind grösser als ich zu Beginn erwartet hatte», erklärte Friedman im Gespräch mit der FuW. «Die Restrukturierung, die wir eingeleitet haben, hat an Dringlichkeit gewonnen.»

Was war geschehen, was liess das Geschäftsmodell von GAM plötzlich brüchig erscheinen und den Aktienkurs in diesem Jahr über 40% einbrechen?

zoomEin Teil der Probleme verursacht das Marktumfeld: Die expansive Geldpolitik der Notenbanken überlagert fundamentale Kurstreiber. Der aktive Ansatz der GAM-Fondsmanager, Einzeltitel zu selektionieren, schaffte unter diesen Voraussetzungen kaum Mehrrendite gegenüber passiven Anlagemöglichkeiten, die billiger zu haben sind. Die Folge war erstens, dass die Anleger weniger handelten. Zweitens zogen sie Gelder ab, und dies besonders im margenstarken Bereich Investment Management, in dem GAM den Grossteil des Gewinns erwirtschaftet.

zoomHausgemacht ist das Problem, dass bei GAM einige wenige grosse Fonds in der Vergangenheit besonders viele Gelder angezogen hatten. Sie entpuppten sich unter der veränderten Landschaft plötzlich als Klumpenrisiko. Ebenfalls als brüchig erwiesen sich die Performance-Gebühren, die nach vier Jahren mit Gewinnbeiträgen von rund 65 bis 100 Mio. Fr. jährlich dieses Jahr bislang fast komplett wegfielen  – und gemäss Erwartung des Managements wohl auch in der laufenden zweiten Jahreshälfte kaum zurückkommen dürften.

Mit verschiedenen Akquisitionen versucht Friedman nun Gegensteuer zu geben: Ziel ist, einerseits neue Strategien anbieten zu können, die das gegenwärtige aus der Balance geratene Portfolio ergänzen. Andererseits sollen diese neuen Strategien – besonders die quantitativen Strategien der neu erworbenen Cantab – auch wieder neue Gelder anziehen, da sie im gegenwärtigen Marktumfeld eine bessere Rendite versprechen als die angestammten Fundamentalstrategien von GAM.

Gegenwärtig schlagen erst mal die Akquisitionskosten zu Buche, die die üppigen Bargeldbestände von zuletzt ausgewiesenen gut 600 Mio. Fr. dezimiert haben. Friedman hat deshalb mit einer weiteren GAM-Tradition gebrochen: Er hat das Aktienrückkaufprogramm gestoppt.

Investieren statt ausschütten

zoomIn der Vergangenheit hatte GAM jeweils den gesamten Gewinn an die Aktionäre ausgeschüttet – je gut hälftig über Dividenden und zur Vernichtung zurückgekauften Aktien. Der Kurstreiber des Aktienrückkaufprogramms fällt künftig weg. Friedman begründet den Paradigmawechsel damit, dass erfolgreiche Akquisitionen für die Investoren gewinnträchtiger seien als Aktienrückkäufe. Für die in den Zukauf von Cantab investierten rund 200 Mio. Fr. stellt er einen jährlichen Zusatzgewinn von 40 Mio. Fr. in Aussicht, und zwar bereits ab dem nächsten Jahr.

An der stabilen Dividendenpolitik will Friedman vorerst festhalten. Für das laufende Jahr darf mit einer Ausschüttung auf dem Vorjahresniveau von 65 Rappen je Titel gerechnet werden – obwohl GAM gemäss Schätzungen dieses Jahr bloss rund 55 Rappen je Aktie verdienen dürfte.

Trotz Einstellung des Aktienrückkaufprogramms wird damit ironischerweise auch in diesem Jahr wohl der gesamte Gewinn ausgeschüttet – einfach auf halbem Niveau vergangener Jahre. Die Rendite von aktuell 7% zeigt, wie skeptisch der Markt ist, dass dieses Dividendenniveau auch künftig gehalten werden kann.

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