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11:28 Uhr - 16.10.2018

Margareth Henriquez: «Champagner nur zu geschäftlichen Anlässen»

Die Systemingenieurin führt seit zehn Jahren das prestigereiche Champagner-Haus Krug. Sie hat dem Traditionsunternehmen neues Leben eingehaucht.

Mit zehn Jahren trank Margareth Henriquez zum ersten Mal Champagner. Damals, so erinnert sich die heute 62-Jährige, überredete sie ihren Vater an Weihnachten, ihr einen Schluck zum Probieren zu geben. Der Chef eines Unternehmens, das Wein und Spirituosen herstellte und vertrieb, richtete jeweils bei dieser feierlichen Gelegenheit ein paar Worte des Dankes an seine Familie und öffnete danach eine Flasche Moët & Chandon.

Seither liebt Maggie, wie sie von Verwandten und Freunden genannt wird, Champagner. Dass sie dereinst Karriere in der Champagner-Industrie machen würde, dachte sie damals nicht. Heute ist sie CEO des prestigereichen französischen Champagner-Hauses Krug und seit 2018 auch Präsidentin der Estates & Wine Division von Moët Hennessy.

Champagner trinkt Henriquez heute nur noch zu geschäftlichen Anlässen. Sonst verzichtet sie auf das edle Getränk, um nicht zu viel Alkohol zu sich zu nehmen. Wenn sie Champagner trinkt, dann aus einem Weinglas und nicht zu kalt. «So kommt sein Charakter am besten zur Geltung», sagt sie im Gespräch mit «Finanz und Wirtschaft». Der Genuss aus der weit verbreiteten Flöte sei dagegen, wie wenn man bei einem Orchester nur ein Drittel der Musik hören würde.

Als Henriquez bei der Maison Krug anfing, litt das Unternehmen unter dramatischen Umsatzverlusten. Sie versuchte, den Trend mit einer neuen Marketingstrategie zu kehren. Doch zunächst scheiterte sie. Ihre Rezepte für die Vermarktung von Konsumgütern für den Massenmarkt, die sie bei ihren früheren Jobs angewendet hatte, zogen nicht. «Ich erzielte keine guten Resultate, entsprechend schlecht waren meine Qualifikationen im Jahresgespräch mit meinem Vorgesetzten», weiss sie noch.

Nach dem Gespräch mit dem Manager einer Luxuskosmetikmarke kam Henriquez die rettende Idee. Sie begann sich mit der Geschichte der Maison Krug auseinanderzusetzen. Sie fand die Notizbücher von Johann Joseph Krug, der das Unternehmen 1843 gegründet hatte, mit der Vision eines qualitativ besonders hochstehenden Champagners.

Sie merkte, dass an der Herstellung des Champagners, den Kenner zu den besten der Welt zählen, nichts geändert werden musste. Neu musste dagegen die Kommunikation über diesen Champagner werden. «Wir begannen den Traum zu kommunizieren, den ein Mann hatte, der etwas anderes, etwas Besseres machen wollte», sagt sie.

Zudem überführte sie die Kommunikation ins digitale Zeitalter. Heute ist jede Flasche mit einer Identifikationsnummer und einem QR-Code versehen, die es erlauben via Krug-Website oder Krug-App die Geschichte und Zusammensetzung des darin enthaltenen Champagners nachzuverfolgen. Jeder Champagnerjahrgang ist zudem mit einem Musikstück verbunden, das zu dessen Charakter passt. Kommuniziert wird auch über soziale Netzwerke.

Der Erfolg blieb nicht aus. «Nun läuft das Geschäft fantastisch», sagt Henriquez. «Unser Problem ist jetzt, dass wir zu wenig Champagner haben.» Die Maison Krug, die heute zum französischen Luxusgüterkonzern LVMH (MC 302.25 0.48%) gehört, produziert pro Jahr gerade mal 500 000 Flaschen. Bei Moët & Chandon sind es 62 Mio.

In Venezuela geboren und aufgewachsen, liess sich Henriquez zur Systemingenieurin ausbilden und absolvierte an der US-Eliteuniversität Harvard ein Nachdiplomstudium in Management. Danach übernahm sie Führungspositionen bei Konsumgüterkonzernen wie Seagram in Venezuela und Nabisco in Mexiko, wo sie den Turnaround bewerkstelligte, ohne eine Person zu entlassen. 2001 wurde sie Chefin der Weingüter von Moët Hennessy in Argentinien. 2008 folgte der Ruf nach Frankreich auf den CEO-Posten der Maison Krug.

Henriquez, die fliessend Spanisch, Französisch und Englisch spricht, pendelt heute zwischen Paris, wo sie wohnt, und Reims, wo die Maison Krug ihren Sitz hat. Sie ist verheiratet und Mutter zweier erwachsener, in Mexiko lebender Kinder, die selbst auch schon wieder Nachwuchs haben. Henriquez ist eine begeisterte Sportlerin, sie fährt Ski, spielt Tennis, ist mit dem Velo unterwegs und reitet. Sie liebt Wein, Essen, Reisen, Kunst, Lesen, Musik und Theater.

Für ihre Hobbys hat die viel beschäftigte Topmanagerin allerdings «viel zu wenig Zeit», wie sie sagt. «Meine Work Life Balance ist ein Desaster», bekennt sie freimütig. Kein Wunder: Henriquez schreibt zurzeit auch noch eine Doktorarbeit, in der sie ein Modell für die erfolgreiche Entwicklung von Marken entwirft.

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